Die Maya Priesterin
wen n - nicht s käm e ih m dan n wenige r gelege n al s ei n vatikanischer Agent oder eine kastilische Armee. Sie würden ihm alles zerstöre n . Sein e Liebe , sein e ganz e Welt .
Ixkukul . Au f einma l sa h e r si e vo r sich , s o deut l ich , al s wäre si e wahrhafti g be i ihm . Un d e r be i ihr , abe r nich t hier , in Tayasal , sonder n dort , i n unerhörte r Vergangenhei t . De r Wald, Mondlicht , i n Zweige n flirren d . Silbern gefiederte Ceibas, himmelhoc h . Da s weit e Run d de r Lichtun g . Der Kreis der Pries t erinnen , wi e si e sangen , di e Händ e emporgehoben , die Gesichte r zu m Himme l gewand t . Z u ihr . Ixqui c . Göttin des Monde s . E s ware n Hundert e Priesterinnen , dacht e er , und Tausende am Rand der Lichtung sahen ihnen z u . Voller Ehrfurcht, doch ohne Furcht. Ergriff e n, aber voll Vertraue n . Wie mächti g Ixqui c un d ihr e Priesterinne n ware n . Damals . Dor t . Doc h ihr e Mach t entspran g de r Liebe , nich t de r Angst .
E r lauscht e i n di e Nach t . Tie f unte r ih m tost e da s Wasser . Der Win d heult e . Die Tote starrte und schwie g . Woher die s e Bilder, dachte er, auf einmal? Diese Gewißheiten, Gesänge, aus welche n Quelle n strömte n sie ? Erinnerung ? We r erinner t sich da ? Ich ? We r is t das ? W o wa r diese s zweit e Ic h verborgen , i n all de n Jahren ? I n eine r Falt e meine r Seele ? Wi e viel e Falten, Lebe n gib t e s noc h i n mir?
Erschöpfun g übermannt e ih n . Schlafen, endlich schlafe n . Er schloß die Auge n . Abermal s sa h e r de n Himme l vol l Gestirn e . Nein, dachte er, nicht noch einmal das Entsetzliche, tausendfac h . Aber er konnte seine Augen nicht öffne n . Die Gest i rn e sahe n ih n a n . Millionen und Milliarden von Gesichtern, funkeln d un d silberhell . Un d si e all e lächelte n . E r mocht e es kaum glaube n . Sei n Blic k irrt e übe r de n Himme l . Lächelnde Sterne , wohi n e r auc h sa h . Un d i n ihre r Mitte , groß , heller , am strahlendste n , schwebte der runde Mon d . Die Göttin der Nacht. Mi t de n Züge n Ixkukuls . Ihre n große n Augen , den geschwungenen Lippe n . Unverwandt lächelte sie ihn a n . »Halte durch , Dieg o .« Ihr e Stimm e hallt e vo m Himme l herab . »Noch zwe i Tage , dan n sin d wi r vereint .«
E r s c hlie f ein , lächelnd . Un d lächelt e noch , al s e r wiede r zu sic h ka m . Wi e lang e mocht e e r geschlafe n haben ? Nich t zu entscheide n . Dunkelhei t umschlo ß ihn , dic k wi e Stein . Abe r er fühlt e sic h wundersa m gekräftigt .
»Herná n .«
»Ja , Herr . Ic h bi n bereit .« Sofort w a r de r Mestiz e au f den Beine n . Scharrend e Geräusch e . Ei n Schwefelspa n flammt e au f . Schon krochen wieder fahle Schimmer aus der Amphore, umwirbelt von grauem Rauc h .
Diego erkannte die Umrisse des Mestize n . Hernán kauert e auf de m Bode n . Vo r ih m stan d de r Bü c herkru g . Mi t de r Han d schob e r etwa s hinein .
Ein e furchtbar e Ahnun g stie g i n Dieg o au f . »Wa s machs t du da?«
»Nun, Her r .« De r Mestiz e hüstelte . »Ic h sa h voraus , da ß die Flammen das erste Buch rasch verzehren würde n .«
»Un d d a has t d u weiter e Büche r mitgenomm en? Von oben, au s de m Büchertempel? « E r erho b sic h . Ah, der vermaledeite Fu ß . De r Schmer z bracht e ih n noc h meh r au f . I m Halbdunkel stolperte er auf den Mestizen z u . »Nun sag schon, wie viele Büche r has t d u geraubt?«
»Z u wenig , Herr , fü r ei n Höllenfeuer . Ge rade genug für ein weni g Licht .«
Herná n hatte nicht einmal aufgesehe n . Sein gleichmütiger Ton brachte den Pater zur Besinnung. Einen Moment lang starrte er auf den rauchenden Krug hinab. Dann zuckte er mit de n Schulter n . »Du hast recht. E s geh t nich t ander s .«
E r hinkt e zurüc k z u seine r Trag e . Danebe n lage n di e Krücken a m Bode n . E r ho b si e au f un d stützt e sic h darau f . »Als o höre, wa s geschehe n soll . Wi r müsse n dor t hinab .« E r deutet e z u der Öffnun g i m Bode n .
Herná n trat an den Rand des Schachte s . E r hiel t d e n Krug darüber, ein wenig schrä g . Dan n fuh r e r zurück . »Die Frau aus K'ak'as - 'ic h .« Schar f zo g e r Luf t durc h di e Zähn e ei n . »Wi e ist si e dor t hingelangt ? We r ha t si e umgebracht , Herr?«
Dieg o übergin g di e erst e Frag e . Es war besser so. Zuma l er selbs t noc h keine Gewißheit hatte. » B'ok - d'aantoj , nehm e ic h a n . Ode r eine r seine r Priester .«
De r Blic k de s Mestize
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