Die Maya Priesterin
sah er das purpurne Leuchten seines Ornats.
Vielleicht empfanden sie ja vor seiner Priesterrobe Ehrfurch t . Oder w aru m sons t hatte n si e ih n verschont ? Al s o b e s darauf jetz t ankäme . Wichti g wa r nur , da ß nich t Cristóba l dor t unten auf dem schwarzen Altar la g .
Dort unte n . Dreißi g Fu ß unte r ihnen , wen n nich t mehr . Vor wenigen Augenblicken erst war Diego wieder zu sich gekomme n . D a ware n e r un d Hernán noc h imme r i n de m Netz gefangen, das die Jaguarzwillinge a u f si e geworfe n hatte n . Aber si e lage n nich t meh r au f de m Geröllfel d unterhal b der Götzengalerie . Sondern schwebten in der Luft, vor den Götterfratze n . Unte r de m Rache n de s steinerne n Krokodils . An desse n Unterkiefe r ih r Net z mi t eine m einzige n Sei l befes t igt war . Einem kurzen, äußerst dünnen Sei l . Bei der geringsten Bewegun g ga b e s ei n unheilvolle s Ächze n vo n sic h . Einzelne Fasern waren bereits gerisse n . Zweifello s wa r e s mi t Bedacht beschädig t worden , dami t e s z u eine m vorbestimmte n Zeitpunkt ri ß . Au s diese m Grun d konnt e de r Pate r sic h auc h nich t die Ohren zuhalte n . Oder seine Hände zu irgend etwas anderem verwende n . Soweni g wi e Herná n . Sie beide hatten ihre Arme durc h di e Masche n de s Netze s hindurc h z u de m Krokodil emporgereckt . Un d klammerte n sich , jede r an einer Seite, am Unterkiefe r de r Besti e fest .
»Cha'ac , wi r rufe n dic h an ! K'ik ! D u Ungestümer , ewig Wandelbarer , erhör e unse r Flehen ! K'ik ! Cha'ac , sie h doch , wir bringe n di r ei n Opfe r dar . K'ik!«
Dreißi g Fu ß unte r ihne n tanzte n di e Kriege r u m den Opfe r stein . Die Trommeln wummerten, dunkel und schnell wie der Pulsschlag des Dschungel s . Da s Ende , dacht e de r Pater . Sein e Arm e schmerzte n . Sein e Händ e beganne n sic h zu verkrampfe n . Lange konnte er sich nicht mehr halte n . E r begann z u beten , stumm , doc h sein e Lippe n formte n di e Wort e nac h .
»Herr , ic h bitt e dich , la ß Gnad e walte n . Ic h befehl e mein e Seele i n dein e ...«
De r Ate m stockt e ihm . E r verga ß sogar , sei n Gebe t zu beende n . Di e Opferprieste r unte r ih m hatte n sic h aufgerichte t . S o konnt e e r gena u au f de n sch w arze n Alta r sehe n . Cristóba l .
Wie war das möglich? Wild sah er um sic h . Di e Gestal t dort hinten , i m purpurne n Orna t . Ebe n tra t si e i n de n Lichtkrei s der Fackel n . Ein e Fra u . Offenbar genoß sie die bewundernden Blicke der Umstehende n . O mei n Gott , dacht e Di e g o. Si e hatten di e Beut e scho n aufgeteil t . Fra y Cristo . Kein Zweifel, dort unten la g er . Gefesselt , au f de m s chwarze n Altar . Au f de r eine n Seite hinge n sein e Bein e herab , au f de r andere n di e zurückgebogenen Arm e un d sei n Kop f .
Anscheinen d wa r Cristóba l be i Bewußtsein . Mi t weit aufgerissene n Auge n starrt e e r z u ihne n empo r . Seine schmale Gestalt , bleic h un d rühren d schmächtig , zuma l au s diese r Höh e . E r wa r vollkomme n nackt . Au f sein e link e Brus t wa r ein blutrote s Zeiche n gekrakelt . Von der Form eines kleinen Vogels mit angewinkelten Flügel n . U m sein e Hüften , unterhal b des Nabels , wa r ei n Ban d geschlungen , schma l un d geradezu blenden d weiß . Fra y Dieg o starrt e au f de n Opferstei n hinab . Wa s hatt e e s mi t diese m Ban d au f sich ? Sein e Arm e überlie f ein Zitter n . E r s ucht e Hernán s Blick . Ba t ih n stum m u m Vergebun g . Wa s fü r ei n erbärmliche r Beschütze r ic h bin , dacht e e r wieder . Um meinetwillen ist der Mestize mit in den Dschungel gezoge n . Durc h mein e Schwäch e werde n wi r hie r zusamme n verrecke n . Gleic h . Wen n e r losließ . In seinen Fingern war schon kein Gefüh l meh r . E r würd e e s überhaup t nich t merken , wen n seine Händ e sic h lösten , dacht e Dieg o . Der auf einmal spürte, wie sich etwa s a n seine r Kutt e z u schaffe n macht e . I n Höh e seine r Brus t . Ein Tier, dachte e r . Eine Tarante l . Ode r ei n Skorpio n . Doc h als e r de n Blic k senkte , wa r e s ei n kleine r braune r Fu ß . Herná n .
De r Mestiz e hin g ih m gegenübe r a m Unterkiefe r des Krokodils . Gena u wi e e r selbs t mi t de n Hände n angeklammer t . Sein rechtes Bein aber war erhoben wie zu einem Sprun g . Sein Fu ß drückt e sic h leich t gege n Diego s Brust . Dann schlüpfte er unte r di e Kutt e de s Paters . Wo seine Zehen zu tasten beganne n .
Fra y Dieg o
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