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Die Mayfair-Hexen

Die Mayfair-Hexen

Titel: Die Mayfair-Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Überfällen und Massakern, aber wir konnten sie nicht glauben. Denn warum sollte jemand so etwas tun?
    Und dann entdeckten wir zu unserem Erstaunen, daß die Menschen, die da nach Britannien kamen, glatte Haut wie wir hatten und daß sie ihren magischen Stein zu Schilden und Helmen und Schwertern gehämmert hatten. Sie brachten eigene dressierte Pferde zu Hunderten mit, und zu Pferde ritten sie uns nieder, setzten unsere Siedlungen in Brand, durchbohrten unsere Leiber mit ihren Speeren oder schlugen uns die Köpfe ab.
    Sie raubten unsere Frauen und vergewaltigten sie, bis sie an ihren Blutungen starben. Sie raubten unsere Männer und versuchten sie zu versklaven; sie lachten sie aus, machten sie lächerlich und trieben sie in einigen Fällen in den Wahnsinn.
    Anfangs waren ihre Überfälle selten. Ihre Krieger kamen übers Meer und fielen bei Nacht aus den Wäldern heraus über uns her. Bei jedem Überfall dachten wir, es sei der letzte.
    Oft konnten wir sie auch abwehren. Wir waren von Natur aus nicht annähernd so wild wie sie, aber verteidigen konnten wir uns schon. Außerdem traten große Kreise zusammen und diskutierten über ihre Metallwaffen, und wie wir uns auch welche anfertigen könnten. Wir nahmen sogar einige Menschen gefangen, Eindringlinge allesamt, und versuchten ihnen ihr Wissen abzupressen. Wir stellten fest, daß ihre Frauen starben, wenn wir – mit ihrer Erlaubnis oder ohne sie – mit ihnen schliefen. Und die Männer hegten einen tiefen, eingefleischten Haß auf unsere Sanftheit. Sie nannten uns »die Narren der Kreise« oder einfach »das einfältige Volk der Steine«.
    Die Illusion, wir könnten diesen Leuten standhalten, zerbrach innerhalb eines Sommers. Erst später erfuhren wir, daß nur eine einzige schlichte Tatsache uns davor bewahrt hatte, schon früher vernichtet zu werden: Wir hatten kaum etwas, das diese Leute haben wollten. Vor allem wollten sie unsere Frauen für ihr Vergnügen, und außerdem ein paar der kostbareren Geschenke, die Pilger zu unserem Heiligtum gebracht hatten.
    Andere Taltos-Stämme strömten in die Ebene. Sie waren von den menschlichen Eindringlingen, die ihnen eine Todesangst einjagten, aus ihren Siedlungen an der Küste vertrieben worden. Die Pferde verliehen diesen Menschen ein fanatisches Machtgefühl. Die Invasionen machten ihnen Spaß. Das Massaker war für sie ein Sport.
    Wir befestigten unsere Lager für den Winter. Die, die zu uns gestoßen waren, ersetzten viele der verlorenen Kämpfer.
    Dann kam der Schnee. Wir hatten reichlich zu essen, und wir hatten Frieden. Vielleicht gefiel den Eindringlingen der Schnee nicht. Wir wußten es nicht. Wir waren so viele, und wir hatten den Toten so viele Speere und Schwerter abgenommen, daß wir uns ganz sicher fühlten.
    Es wurde Zeit, den winterlichen Geburtskreis zusammenzurufen, und diesmal war es überaus wichtig, weil im Jahr davor so viele gefallen waren. Nicht nur für unsere eigenen Dörfer mußten wir neue Taltos machen, sondern auch, um sie in andere Dörfer zu schicken, in denen die Bewohner ausgerottet worden waren.
    Von nah und fern waren sie zahlreich zusammengeströmt, um den Winterkreis zu bilden, und wir bekamen immer neue Geschichten von Blutbädern und Leiden zu hören.
    Aber wir waren viele. Und es war unsere heilige Zeit.
    Wir bildeten die Kreise, wir zündeten die heiligen Feuer an; es war an der Zeit, dem guten Gott zu erklären, daß wir an die Ankunft des nächsten Sommers glaubten, und zum Zeichen dieses Glaubens die Geburten geschehen zu lassen, zum Zeichen auch dafür, daß der gute Gott uns überleben lassen wollte.
    Wir hatten vielleicht zwei Tage gesungen und getanzt und geboren, geschmaust und getrunken, als Scharen von Menschen über die Ebene hereinbrachen.
    Wir hörten das gewaltige Donnern der Hufe, bevor wir sie sahen; es dröhnte wie das Bersten beim Untergang unseres verlorenen Landes. Reiter fielen von allen Seiten über uns her, und die großen Steinblöcke der Kreise wurden mit unserem Blut bespritzt.
    Viele der Taltos, trunken von Musik und erotischen Spielen, leisteten überhaupt keinen Widerstand. Diejenigen, die zu den Lagern liefen, kämpften heldenhaft.
    Aber als der Rauch sich verzogen hatte, als die Reiter abgezogen waren und unsere Frauen zu Hunderten in unseren eigenen Fuhrwerken davon geschleppt hatten, als sämtliche Lager in Schutt und Asche lagen, da waren wir nur noch eine Handvoll, und wir hatten genug vom Krieg.
    Das Grauen, das wir gesehen hatten, wollten wir

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