Die Mayfair-Hexen
leicht hervorzurufenden Begeisterungsausbrüche.
Columba überzeugte mich bald davon, daß das rauhe Mönchsleben und die Kasteiung des Fleisches die Schlüssel zu der Liebe seien, die das Christentum vom Menschen verlange. Diese Liebe aber sei keine sinnliche Sache. Diese Liebe werde durch den Körper in unsagbare spirituelle Höhen gehoben.
Er sehnte sich danach, meinen ganzen Stamm oder meinen Clan zu bekehren. Er sehnte sich danach, mich als geweihten Priester in meinem Volke zu sehen.
»Aber du weißt ja nicht, was du da sagst«, erwiderte ich. Und unter dem Siegel des Beichtgeheimnisses – das heißt, ihn zu ewiger Geheimhaltung verpflichtend – erzählte ich ihm die Geschichte meines langen Lebens; ich erzählte ihm von unserer geheimen und wundersamen Art, zu gebären, und wie es den Anschein habe, daß viele von uns zu einem scheinbar endlosen Leben in ewiger Jugend fähig seien, wenn wir nicht durch Unfälle, Katastrophen oder eine besondere Seuche ums Leben kämen.
Manches erzählte ich ihm nicht. Ich erzählte ihm nicht, daß ich einmal der Anführer bei den großen Kreistänzen in Stonehenge gewesen war.
Aber den Rest offenbarte ich ihm, sogar vom verlorenen Land, und wie wir viele Jahrhunderte im Glen gelebt hatten, erst heimlich, dann als Menschen maskiert.
All das hörte er sich äußerst fasziniert an. Dann sagte er etwas Erstaunliches. »Kannst du mir das alles beweisen?«
Ich begriff, daß ich es nicht konnte. Daß der Taltos ein Taltos ist, kann er nur beweisen, indem er sich mit einem anderen paart und so den Nachwuchs erzeugt.
»Nein«, sagte ich. »Aber sieh uns genau an. Sieh, wie groß wir sind.«
Das wischte er beiseite; es gab große Menschen auf der Welt. »Die Leute kennen deinen Clan seit Jahren; du bist König Ashlar von Donnelaith, und man weiß, daß du ein guter Herrscher bist. Wenn du diese Dinge von dir selbst glaubst, dann nur, weil ein Teufel sie dir ins Ohr geblasen hat. Vergiß sie. Tu, was Gott von dir will.«
»Frag Ninian. Der ganze Stamm ist so groß wie ich.«
Aber das hatte er schon gehört; es gab sehr große Pikten im Hochland. Anscheinend funktionierte meine eigene List nur allzu gut!
»Ashlar«, sagte er, »ich zweifle nicht daran, daß du gut bist. Noch einmal rate ich dir, mißachte diesen Wahn, denn er kommt vorn Teufel.«
Schließlich willigte ich ein, aus einem bestimmten Grund. Ich spürte, daß es gleichgültig war, ob er mir die Geschichten über meine Vergangenheit glaubte oder nicht. Wichtig war, daß er eine Seele in mir erkannt hatte.
Michael, Sie wissen, daß dies ein entscheidender Punkt in Lashers Geschichte war – daß er, als er zur Zeit Heinrichs des Achten lebte, gerne glauben wollte, er habe eine Seele; er wollte nicht akzeptieren, daß er kein Priester Gottes sein könne wie ein Mensch.
Ich kenne dieses furchtbare Dilemma. Alle, die auf irgendeine Weise Außenseiter sind, kennen es. Ob wir von rechtmäßiger Nachkommenschaft reden, von Seele, von Bürgerrecht, von Bruder- oder Schwesternschaft, immer meinen wir das gleiche: Wir wollen als echtes Individuum gesehen werden, innerlich genauso wertvoll wie jeder andere.
Ich sehnte mich danach, und ich beging den schrecklichen Fehler, Columbas Rat anzunehmen. Ich vergaß die Wahrheit, die ich kannte.
Dort auf Iona wurde ich in den christlichen Glauben aufgenommen. Ich wurde getauft, und meine Söhne ebenfalls. Eine weitere Taufe sollte folgen, aber für mich und meine Söhne war sie nur Zeremonie. Auf jener Insel, fern vom Nebel der Highlands, wurden wir zu christlichen Taltos.
Ich verbrachte viele Tage im Kloster. Ich las alle Bücher, die dort waren. Ich war bezaubert von den Bildern und fing bald an, sie abzuschreiben – natürlich mit offizieller Erlaubnis. Ich kopierte einen Psalter, dann ein Evangelium, und ich setzte die Mönche mit meiner für den Taltos typischen Besessenheit in Erstaunen. Stündlich malte ich seltsame Tiere in leuchtenden Farben. Manchmal brachte ich die Priester mit Versen, die ich abschrieb, zum Lachen, und ich erfreute sie mit meinen guten Kenntnissen in Latein und Griechisch.
Welche Gemeinschaft hätte dem Taltos je besser entsprochen? Kindsmönche schienen sie zu sein; die Vorstellung vom Dasein als kultivierte Erwachsene gaben sie auf, um dem Abt als ihrem Herrn und damit dem Herren Jesus selbst zu dienen, dem gekreuzigten Christus, der für sie gestorben war.
Es waren überaus glückliche Tage.
Nach und nach sah ich, was so mancher Heidenfürst
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