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Die Mayfair-Hexen

Die Mayfair-Hexen

Titel: Die Mayfair-Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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ein Name, der damals sehr gebräuchlich war -, erhob die Stimme und sprach gegen mich.
    Auch Janet war im verlorenen Land geboren, was sie jetzt vor den Ohren der Menschen ganz offen erklärte. Diese wußten natürlich nicht, was sie meinte, aber wir. Und sie erinnerte mich daran, daß sie keine weißen Strähnen im Haar habe. Mit anderen Worten: Wir seien beide weise und jung, die perfekte Kombination.
    Ich hatte einen Sohn von Janet bekommen und liebte sie wirklich. Viele, viele Nächte hatte ich beim Spiel in ihrem Bett verbracht, ohne natürlich den Koitus zu wagen; ich hatte aus ihren runden kleinen Brüsten getrunken und allerlei raffinierte Umarmungen mit ihr geübt, die uns köstliche Lust verschafften.
    Ich liebte Janet. Aber nie hatte ich einen Zweifel daran gehabt, daß Janet eigene, hitzige Überzeugungen hegte.
    Und jetzt trat sie also vor und verdammte die neue Religion als einen Haufen Lügen. Sie wies auf alle ihre logischen Schwächen und Unstimmigkeiten hin. Sie lachte darüber, und sie erzählte zahlreiche Geschichten, in denen die Christen aussahen wie Prahlhänse und Trottel. Und die Geschichte, die das Evangelium erzählte, erklärte sie für unverständlich.
    Sofort war der Stamm gespalten. So laut wurden die Diskussionen, daß ich nicht einmal mehr sagen konnte, wie viele für und wie viele gegen Janets Ansichten waren. Heftige Wortgefechte brachen aus. Und wieder begann eine unserer Marathondebatten.
    Die Mönche zogen sich in unseren heiligen Kreis zurück. Dort weihten sie den Boden Christus und beteten für uns. Noch hatten sie nicht ganz begriffen, wie sehr wir uns von ihnen unterschieden, aber sie wußten schon jetzt, daß wir nicht waren wie andere Völker.
    Und schließlich kam es zur großen Spaltung. Ein Drittel der Taltos lehnte es kategorisch ab, sich bekehren zu lassen, und sie drohten, die übrigen zu bekämpfen, wenn wir das Glen zu einem Hafen des Christentums machten. Einige brachten große Angst vor dem Christentum und vor dem Streit, den es verursachen würde, zum Ausdruck. Anderen gefiel es einfach nicht; sie wollten unsere Eigenarten beibehalten und nicht fortan in Askese und Bußfertigkeit leben.
    Die Mehrheit aber wollte sich bekehren lassen, ohne zugleich ihre Heimat aufzugeben – das heißt, wir wollten nicht das Glen verlassen und anderswo wohnen. Für mich war diese Möglichkeit undenkbar. Ich war hier der Herrscher.
    Und wie so mancher Heidenkönig erwartete ich, daß mein Volk mir in meiner Bekehrung nachfolgen werde.
    Die Wortgefechte gingen in handfeste Drohungen und Rempeleien über, und kaum eine Stunde später sah ich, daß die ganze Zukunft des Tales bedroht war.
    Aber das Ende der Welt stand bevor. Christus hatte es gewußt und war gekommen, um uns darauf vorzubereiten. Die Feinde der Kirche waren die Feinde Christi!
    Blutige Scharmützel wurden im Grasland des Glen ausgefochten. Brände brachen aus.
    Beschuldigungen flogen hin und her. Menschen, die uns immer loyal erschienen waren, wandten sich plötzlich gegen die Taltos und warfen ihnen vor, elende Perversionen zu betreiben, keine rechtmäßigen Ehen zu führen, keine sichtbaren Kinder zu haben und böse Zauberer zu sein.
    Andere erklärten, sie hätten die Taltos längst im Verdacht, frevelhafte Dinge zu tun, und jetzt sei die Zeit gekommen, dies zur Sprache zu bringen. Wieso sah man niemals Kinder bei uns?
    Ein paar Rasende brüllten aus Gründen, die nur sie selbst kannten, die Wahrheit heraus. Eine Menschenfrau, die zwei Taltos geboren hatte, deutete mit dem Finger auf ihren Taltos-Ehemann und erzählte aller Welt, was er sei und daß wir die Menschen bald ausgerottet haben würden, wenn wir mit Menschenfrauen schliefen.
    Die fanatischen Eiferer, von denen ich der eifrigste war, erklärten, daß es auf diese Dinge nicht mehr ankomme. Wir, die Taltos, waren von Christus und von Vater Columba in der Kirche willkommen geheißen worden. Wir würden unsere alten, freizügigen Gewohnheiten aufgeben, und wir würden leben, wie Christus es wollte.
    Neuerliche Verwirrung brach aus. Es kam zu Handgreiflichkeiten. Leute schrien.
    Jetzt sah ich, wie es kommen konnte, daß dreitausend Mann im Streit um das Recht auf Abschrift eines Buches starben! Jetzt begriff ich alles.
    Aber zu spät. Die Schlacht war bereits im Gange. Alle stürmten in ihre Brochs, um ihre Waffen zu holen und ihre Position zu verteidigen. Bewaffnete stürmten aus den Türen heraus und fielen über ihre Nachbarn her.
    Das Grauen des Krieges,

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