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Die Mayfair-Hexen

Die Mayfair-Hexen

Titel: Die Mayfair-Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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im Christentum gesehen hatte: die absolute Erlösung von allem! All mein Leiden ergab plötzlich einen Sinn im Angesicht des Jammers in der Welt und Christi Auftrag, uns von der Sünde zu befreien. All die Katastrophen, die ich miterlebt hatte, hatten nur eines bewirkt: Sie hatten meine Seele gereinigt und sie auf diesen Augenblick vorbereitet. Meine Monstrosität, ja, die Monstrosität aller Taltos, würde in dieser Kirche sicher Aufnahme finden, denn ihr waren alle willkommen, ungeachtet ihrer Volkszugehörigkeit; es war ein Glaube, der allen Offen stand, und wir konnten uns wie jeder Mensch der Taufe mit Wasser und dem Heiligen Geist unterziehen, den Gelübden der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams.
    Die strikten Regeln, die sogar Laien zu Keuschheit und Enthaltsamkeit verpflichteten, würden uns helfen, unseren furchtbaren Fortpflanzungsdrang im Zaum zu halten, unsere schreckliche Schwäche für Musik und Tanz. Dabei würden wir die Musik nicht einmal verlieren; innerhalb der Einschränkungen des mönchischen Lebens – das für mich zu jener Zeit gleichbedeutend mit christlichem Leben war – würden wir unsere großartigsten und freudigsten Lieder aller Zeiten singen.
    Kurz gesagt: Wenn diese Kirche uns aufnahm, wenn sie uns in ihre Arme schloß, dann würde all unser vergangenes und zukünftiges Leiden einen Sinn haben. Unsere wahre, liebende Natur würde erblühen dürfen. Wir würden uns nicht länger verstellen müssen. Und diejenigen unter uns, die das Gebären inzwischen fürchteten, wie ich es tat – aus der Erfahrung des Alters, und weil ich so viele Junge hatte sterben sehen -, konnten sich Gott in Keuschheit weihen.
    Es war vollkommen!
    Sogleich kehrte ich mit einer kleinen Eskorte von Mönchen ins Glen von Donnelaith zurück und versammelte mein Volk. Wir mußten Christus Gefolgschaft geloben, sagte ich, und ich erklärte ihnen auch, warum; ich hielt lange, sprudelnde Reden, nicht so schnell, daß meine menschlichen Gefährten nichts verstehen konnten, und ich sprach voller Leidenschaft von dem Frieden und der Harmonie, die uns wiedergegeben werden würden.
    Ich erzählte auch vom christlichen Glauben an das Ende der Welt. Sehr bald würde all dieses Grauen vorüber sein! Und dann sprach ich vom Himmel, den ich mir vorstellte wie das verlorene Land – nur, daß niemand mehr der Fortpflanzung würde frönen wollen: Alle würden mit den Chören der Engel singen.
    Wir mußten nun alle unsere Sünden bekennen und uns auf die Taufe vorbereiten. Tausend Jahre lang war ich der Führer gewesen, und alle mußten mir folgen. Wie hätte ich mein Volk jetzt besser führen können?
    Als ich zu Ende gesprochen hatte, tat ich einen Schritt zurück. Die Mönche waren von ihren Gefühlen überwältigt, und ebenso die Hunderte von Taltos, die sich im Glen um mich versammelt hatten.
    Sogleich begannen die hitzigen Diskussionen, für die wir bekannt waren, die endlosen Debatten, die kleinen Geschichten; dies wurde mit jenem in Beziehung gesetzt, Erinnerungen wurden ins Spiel gebracht, wo sie etwas auszusagen schienen, und allem lag das große Thema zugrunde: Wir konnten Christus umarmen. Er war der gute Gott! Er war unser Gott. Die Seelen der anderen waren ebenso offen für Christus wie meine eigene.
    Viele erklärten sogleich, daß sie glaubten. Andere verbrachten den Nachmittag, den Abend und die Nacht damit, die Bücher zu studieren, die ich mitgebracht hatte; sie diskutierten eine Weile über das, was sie gehört hatten, und so mancher raunte beklommen, es sei aber absolut wider unsere Natur, keusch zu sein, und niemals könnten wir in der Ehe leben.
    Ich begab mich unterdessen zu den Menschen von Donnelaith und predigte auch ihnen die große Bekehrung, und die Mönche begleiteten mich. Wir riefen alle Clans unseres Tals zusammen.
    Und auf unserem großen Versammlungsplatz zwischen den Steinen erklärten Hunderte ihren Wunsch, zu Christus zu kommen; einige Menschen gestanden sogar, daß sie bereits bekehrt seien, und daß sie es nur zu ihrem eigenen Schutz bisher geheimgehalten hätten.
    Ich war sehr verblüfft darüber, zumal als ich erfuhr, daß ein paar menschliche Familien schon seit drei Generationen Christen waren. »Wie ähnlich ihr uns doch seid«, dachte ich. »Ihr wißt es nur nicht.«
    Es schien, als stünden alle im Begriff, sich bekehren zu lassen. Gemeinsam baten wir die Priester, mit Taufen und Segnungen zu beginnen.
    Aber eine der großen Frauen unseres Stammes, Janet – wie wir sie nannten,

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