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Die Mayfair-Hexen

Die Mayfair-Hexen

Titel: Die Mayfair-Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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die Zukunft sich wiederum in den Farben des Todes und der Fastenzeit kleidete – oder war es etwas, das sie annehmen und aufnehmen konnten, das sie irgendwie akzeptieren konnten, ohne daß ihnen der Verstand zerbarst?
    »Was sollen wir tun?« flüsterte sie.
    »Das fragst du mich, du? Was sollen wir tun?« Er drehte sich auf die Seite. Der Schmerz ließ ein bißchen nach. Er schwitzte am ganzen Körper, und es war ihm zuwider, dieses Gefühl und der unvermeidliche Geruch. »Ich weiß nicht, was wir tun sollen.«
    Sie saß regungslos auf der Bettkante, die Schultern ein wenig hochgezogen; das Haar fiel ihr über die Wange, und ihr Blick ging ins Leere.
    »Wird er wissen, was er zu tun hat?« fragte Michael.
    Ihr Kopf fuhr herum, als habe jemand heftig an einem Draht gezogen.
    »Er? Du kannst es ihm nicht erzählen. Du kannst nicht erwarten, daß er so etwas erfährt und nicht… genauso verrückt wird wie sie. Willst du, daß das passiert? Willst du, daß er herkommt? Nichts und niemand wird zwischen ihnen stehen können.«
    »Und was passiert dann?« Er versuchte seiner Stimme einen starken und entschlossenen Klang zu verleihen, wobei das einzig Entschlossene, was ihm einfiel, seine Fragen waren.
    »Was passiert! Ich weiß es nicht. Ich weiß es ebenso wenig wie du! Lieber Gott, es sind zwei, und sie leben, und sie sind kein… sie sind kein…«
    »Was?«
    »Sie sind kein böser Geist, der sich hereingestohlen hat, kein verlogenes, betrügerisches Wesen, das Geisteskrankheit und Wahnsinn fördert. Das sind sie nicht!«
    »Sprich nur weiter«, sagte er. »Sag es immer wieder. Nicht böse.«
    »Nein, nicht böse. Etwas Natürliches in anderer Gestalt.« Sie starrte ins Leere; ihre Stimme wurde leiser, und ihre Hand ruhte warm auf seinem Arm.
    Wenn er nur nicht so müde wäre. Und Mona – Mona, wie lange war sie mit diesem Wesen allein gewesen, mit diesem erstgeborenen Ding, diesem langhalsigen Reiher, in dessen Gesicht Monas Züge geprägt waren? Und Mary Jane. Die beiden Hexen.
    Und die ganze Zeit hatten sie sich so hingebungsvoll ihren Aufgaben gewidmet: Yuri retten, die Verräter ausmerzen, Ash trösten, dieses hochgewachsene Wesen, das niemandes Feind war, das es nie gewesen war und nie sein würde.
    »Was können wir tun?« flüsterte sie. »Welches Recht haben wir, überhaupt etwas zu tun?«
    Er wandte den Kopf und versuchte, sie deutlich zu sehen. Langsam setzte er sich auf und fühlte das Stechen unter den Rippen, winzig jetzt, unwichtig. Unbestimmt fragte er sich, wie lange man wohl durchhalten konnte mit einem Herzen, das so schnell, so leicht zu erschrecken war. Zum Teufel, so leicht nun auch wieder nicht. Dazu war immerhin Morrigan nötig gewesen, nicht wahr? Seine Tochter Morrigan. Seine Tochter, die irgendwo im Haus weinte, zusammen mit ihrer Kindmutter Mona.
    »Rowan«, sagte er. »Rowan, was ist, wenn dies Lashers Triumph ist? Was ist, wenn er das die ganze Zeit geplant hatte?«
    »Woher können wir das wissen?« flüsterte sie. Sie hatte die Finger an die Lippen gehoben, ein sicheres Zeichen dafür, daß sie seelische Schmerzen litt und in Gedanken einen Ausweg suchte. »Ich kann nicht noch einmal töten«, sagte sie, und es war so leise, daß es klang wie ein Seufzer.
    »Nein, nein… nicht das, nein, das meine ich nicht. Das kann ich nicht tun! Ich…«
    »Das weiß ich. Nicht du hast Emaleth getötet, sondern ich.«
    »Darüber haben wir jetzt nicht nachzudenken. Wir müssen uns überlegen: Werden wir allein damit fertig? Versuchen wir es? Oder ziehen wir andere mit hinein?«
    »Als wäre sie ein eingedrungener Organismus«, murmelte Rowan mit weit offenen Augen, »und andere Zellen wären dazugekommen, um sie zu umzingeln und einzuschließen.«
    Er war so müde, und gleich würde ihm schlecht werden. Er würde sich übergeben. Aber er durfte sie jetzt nicht damit allein lassen; er weigerte sich, vor der schmählichen Übelkeit zu kapitulieren. »Rowan, die Familie geht vor, die ganze Familie.«
    »Verängstigte Leute. Nein. Nicht Pierce und Ryan und Bea und Lauren…«
    »Rowan, wir können die richtige Entscheidung nicht allein treffen, und die Mädchen, die Mädchen haben völlig abgehoben, die Mädchen wandern auf den finsteren Pfaden der Magie und der Verwandlung. Sie gehört den Mädchen.«
    »Ich weiß.« Rowan seufzte. »So, wie er einmal mir gehört hat, der Geist, der zu mir kam, voller Lügen. Oh, auf eine schreckliche, feige Art wünschte ich…«
    »Was?«
    Sie schüttelte den

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