Die McDermotts 01 - Niemals
Joyce am Donnerstagmorgen in der Küche stand und das Frühstück zubereitete, hörte sie draußen Callans Pick-up vorfahren. Wenig später öffnete sich die Küchentür und er kam herein. Schweigend goss er sich Kaffee in einen Becher und setzte sich dann mit finsterer Miene an den Küchentisch.
Joyce warf ihm einen unauffälligen Seitenblick zu und stellte fest, dass er zum Erbarmen aussah. Sein Hemd war zerknittert, das T-Shirt darunter voller Flecken. Die Augen waren gerötet, die Haare zerzaust und der Bart struppiger als sonst. Sie schwankte zwischen den drei Optionen, ihn tröstend in den Arm zu nehmen, ihm einen schadenfrohen Spruch an den Kopf zu werfen oder einfach so zu tun, als ob nichts wäre.
Die Entscheidung war schnell getroffen: Sie verbot sich jegliches Mitleid, dachte im Stillen ‚Selbst schuld, wenn man sich nachts herumtreibt‘, und fragte ihn freundlich, wann der geplante Ausflug beginnen würde.
»Ich brauche ein Aspirin« war seine Antwort.
»Im Bad«, nickte sie, machte aber keine Anstalten, hinüberzugehen und es zu holen.
Verärgert stand er auf, ging hinaus und kehrte kurz darauf mit der Tablettenpackung zurück. Er nahm ein Glas aus dem Schrank, füllte es mit Wasser, warf zwei der Brausetabletten hinein und ließ sich dann wieder auf den Stuhl fallen.
Betont fröhlich vor sich hin pfeifend holte Joyce die Brötchen aus dem Ofen, brachte sie ins Esszimmer und lehnte sich anschließend mit herausfordernd verschränkten Armen gegen den Küchenschrank. »Also, was ist jetzt? Wann geht es los?«
Callan sprang auf und stürmte zur Tür. »Für dich überhaupt nicht«, bellte er dabei, »du bist schließlich nicht zu deinem Vergnügen hier.«
Sekunden später knallte die Haustür zu und Joyce grinste. »Du aber offenbar auch nicht.«
Eine knappe Stunde danach stand Joyce mit den Gästen vor dem Stall und wartete auf Callan. Reece hatte bereits mit dem Aufzäumen und Satteln begonnen, als er auftauchte. Seine Haare waren noch nass vom Duschen, er trug saubere Sachen, doch seine Miene war genauso verbissen wie zuvor. Als er Joyce sah, verdüsterte sich sein Blick, und ohne sich weiter um sie zu kümmern, wies er den Urlaubern ihre Pferde zu. Anschließend ging er in den Stall, um Skydancer fertigzumachen, und Joyce folgte ihm.
»Was ist mit mir?«
Er zuckte gleichgültig mit den Achseln. »Nichts. Du hast ja gesehen, dass Sheila Goldy reitet.«
Einen Moment starrte sie ihn verärgert an, dann drehte sie sich um und steuerte auf eine Box zu, in der eine dunkelbraune Appaloosa-Stute namens Sunrise stand. »In Ordnung McDermott, spiel von mir aus weiter den Beleidigten«, sagte sie über die Schulter, während sie das Zaumzeug vom Haken nahm. »Ich habe keine Ahnung, was mit dir los ist, aber ich komme mit auf diesen Ausflug, ob es dir nun passt oder nicht.«
Mit zwei großen Schritten war er bei ihr und baute sich vor ihr auf. »Du wirst hier bleiben und dich um das Mittagessen kümmern«, ordnete er barsch an. »Wenn wir zurückkommen, werden wir Hunger haben, und es geht nicht, dass wir dann erst ewig warten müssen, bis das Essen auf dem Tisch steht.«
Ungerührt legte sie der Stute das Zaumzeug an. »Ich habe gestern bereits alles vorgekocht, ich brauche es also nur noch aufzuwärmen«, erklärte sie und bemühte sich um einen ruhigen Ton.
»Du verdammter Dickschädel«, fauchte er sie an, »ich will dich nicht dabeihaben, ist das so schwer zu begreifen?«
Sie hielt inne und sah ihn an, bemerkte die Ablehnung in seinem Gesicht und unwillkürlich stiegen ihr Tränen in die Augen. »Und warum nicht?«, fragte sie leise. »Was habe ich dir denn getan?«
Für einen Moment wurde sein Blick weich. »Nichts, ich …«, begann er hilflos, hatte sich aber sofort wieder unter Kontrolle und fuhr wütend fort: »Ach zum Teufel mit dir, mach doch, was du willst.« Er drehte sich um, nahm Skydancer am Zügel und verließ den Stall.
Verletzt starrte sie ihm hinterher. Für einen kurzen Augenblick spielte sie mit dem Gedanken, zu Hause zu bleiben. Dann jedoch erwachte ihr Trotz. Sie sattelte die Stute fertig und führte sie etwa zehn Minuten später nach draußen.
»Genau«, murmelte sie dabei verbissen vor sich hin, »ich mache, was ich will.«
Wie erwartet, waren Callan und die Gäste bereits verschwunden, lediglich Reece stand noch da und schien auf Joyce zu warten.
»Callan hat gesagt, ich soll nach dir schauen«, erklärte er lächelnd, während er die Sattelgurte und das Zaumzeug
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