Die McKettricks aus Texas: Über alle Grenzen (German Edition)
gerade erst aufgewacht.
„Nein“, erwiderte Paige. Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Sie hatte das Gefühl, nie wieder schlucken zu können.
„Hattest du einen Albtraum?“
Obwohl sie nicht wusste, ob er sie überhaupt sehen konnte, nickte sie. Sie hoffte inständig, dass er sie nicht sah, denn sie hatte Tränen in den Augen. Wieder einmal.
Was sollte diese ständige Heulerei? Ausgerechnet sie, die praktisch veranlagte, vernünftige Paige Remington, schien neuerdings nah am Wasser gebaut zu sein.
„Kennst du das Gefühl“, sagte sie und versuchte, normal zu klingen, „wenn du im Schlaf glaubst zu stürzen und den Sturz abfangen willst?“
„Ja“, antwortete er nur. „Brauchst du irgendetwas?“
Sie musste dringend auf die Toilette, stellte sie plötzlich fest. Aber auf keinen Fall würde sie sich ausgerechnet von Austin ins Badezimmer bringen und ihn vor der Tür warten lassen, während sie pinkelte.
„Eine Tasse Tee wäre nicht schlecht“, bat sie stattdessen. Nicht, weil sie unbedingt mitten in der Nacht eine Tasse Tee brauchte, sondern damit er ging und sie sich die Krücken schnappen und zum Klo humpeln konnte.
Austin erhob sich aus dem Schaukelstuhl, und zwar sehr langsam, wie Paige fand. Dann streckte er sich, wobei er die Arme über den Kopf hob und einen herzhaften Laut von sich gab. Er schaltete die Nachttischlampe ein, und Paige erkannte, dass auch Shep mit im Zimmer war. Das überraschte sie allerdings nicht allzu sehr. Der Hund lag zusammengerollt auf dem Webteppich vor der antiken Kommode.
Die Birne der Nachttischlampe verbreitete ein gedämpftes Licht im Zimmer, wie von einer Petroleumlaterne aus früherer Zeit. Paige hatte das seltsame Gefühl, sie, Austin und der Hund wären irgendwie in die Vergangenheit zurückversetzt. In eine Zeit, in der das Ranchhaus noch viel kleiner und neuer war.
„Ich bin gleich wieder mit dem Tee da“, versprach Austin.
„Danke.“
Kaum hatte er das Zimmer verlassen, setzte sie sich auf, griff nach den Krücken und stand auf.
Dummerweise war es viel schwerer, auf diesen Dingern zu laufen, als es aussah. Sie schwankte und schaffte es gerade noch, einen Sturz zu verhindern. Es kam stets auf die Entschlossenheit an, und so schaffte sie es bis ins Badezimmer. Als sie wenige Minuten später herauskam, stand Austin schon wieder im Zimmer und wartete auf sie. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und grinste.
Mit tadelnder Miene führte er sie zurück zum Bett undreichte ihr die dampfende Tasse Tee.
„Du kannst jetzt gehen“, informierte sie ihn, nachdem sie einen Schluck getrunken hatte. „Ich komme allein zurecht.“
Doch Austin kickte erst den einen und dann den anderen Stiefel fort. „Ich gehe nirgendwohin.“
Nach diesem Satz ging er auf die andere Seite des Bettes und legte sich auf die Decke, als hätte er tatsächlich die Absicht zu bleiben.
15. KAPITEL
A ustin nahm an, dass er etwas dankbarer hätte sein sollen, als Dr. Joe Colwin am nächsten Morgen gut gelaunt auf der Ranch vorbeischaute, um nach Paige zu sehen.
„Paiges Schwester Libby ist im Augenblick bei ihr im Zimmer“, erklärte Austin dem Arzt, als er ihn ins Haus eintreten ließ.
„Was macht die Schulter?“, erkundigte Dr. Colwin sich. Die Schulter tat ein bisschen weh, da Austin auf den Verband verzichtet und aufgehört hatte, seine Schmerztabletten zu nehmen, weil ihm davon schwindelig wurde.
„Es geht“, antwortete er und deutete zum Tisch. „Falls Sie es nicht eilig haben, kann ich Ihnen eine Tasse Kaffee anbieten.“
Colwin bedankte sich und setzte sich auf eine der Küchenbänke. Der Doktor beobachtete Austin mit ernster Miene, als er Kaffee einschenkte und den Becher zum Tisch brachte.
„Wie trinken Sie Ihren Kaffee?“, fragte Austin.
„Schwarz, danke.“
Austin setzte sich am Kopf des Tischs auf einen Stuhl. „Sie stammen nicht aus Texas“, bemerkte er und kam sich sofort blöd vor, nachdem er das laut ausgesprochen hatte.
Colwin lächelte matt. „Stimmt, ich komme ursprünglich aus Indiana.“ Er trank einen Schluck Kaffee und stellte den Becher vorsichtig wieder ab. Dann räusperte er sich und sah Austin offen und respektvoll an. „Sind Sie und Paige …“
„Da müssen Sie Paige fragen“, antwortete Austin ruhig, obwohl ein Teil von ihm den Mann am liebsten gewarnt und ordentlich durchgeschüttelt hätte.
„Sie sollten wegen der Schulter zur Physiotherapie“, meinte Dr. Colwin nach einem kurzen, unbehaglichen Schweigen.
„Ich
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