Die McKettricks aus Texas: Über alle Grenzen (German Edition)
ich recht?“
Ihre Schwester sah sie gequält an. „Was sollen sie denn sonst machen? Chief Brogan hat nicht genug Leute und die Landespolizei auch nicht. Und das ist kein Job für einen Haufen gewöhnlicher Wachleute.“
„Wann sollen diese Spezialisten denn hier eintreffen?“
„Wir rechnen jeden Moment mit ihnen“, sagte Libby hoffnungsvoll. „Sie hatten noch im Nahen Osten oder so zu tun.“
„Na fabelhaft“, erwiderte Paige. „Vom Nahen Osten bis hierher ist es ja auch nur ein Katzensprung. Sicher, die müssten jeden Augenblick hier sein!“
Eine Träne rann über Libbys Wange. „Glaubst du vielleicht, mir gefällt das alles?“, fragte sie leise, fast flüsternd. „Wenn Tate etwas zustößt oder Garrett …“
Paige umarmte ihre Schwester. „Trotzdem glaube ich, es wäre besser, wenn Austin von all dem erführe. Wer weiß? Es könnte ja durchaus möglich sein, dass er vernünftig genug ist und sich nicht überstürzt und einarmig auf die Jagd nach den Verbrechern macht.“
Libby lachte und wischte sich die Träne mit dem Handrückenfort. „Oder auch nicht. Immerhin reden wir hier über den Mann, der eines Nachts Licht auf dem Ölfeld gesehen hat. Da ist er auch allein losgezogen, um der Sache auf den Grund zu gehen. Wenn er nicht angeschossen worden wäre, hätten Tate und Garrett ihm kräftig in den Hintern getreten.“
„Rede mit deinem Mann, Libby. Und bring Julie dazu, mit ihrem zu reden. Ich weiß, dass Tate und Garrett es nur gut meinen. Aber wenn etwas geschieht, was Austin hätte verhindern können – oder wovon er nur glaubt, dass er es hätte verhindern können –, dann wird hier die Hölle los sein.“
„Na schön, ich werde es versuchen. Aber du weißt ja – einen McKettrick zur Vernunft bringen zu wollen, das ist dasselbe …“
„… als würde man eine von uns zur Vernunft bringen wollen?“, schlug Paige augenzwinkernd vor. Sie stieß sanft ihre Stirn gegen Libbys.
„Ganz genau“, erwiderte Libby.
„Versuch es trotzdem“, drängte Paige sie.
Versuch es trotzdem.
Paige wollte, dass Libby und Julie Tate und Garrett davon überzeugten, ihm mitzuteilen, worauf er von vornherein ein Recht gehabt hätte.
Austin hatte nicht lauschen wollen, sondern war nur zur Gästewohnung zurückgekommen, um Shep zu suchen. Doc Pomeroy war da und wollte sich das Bein des Hundes ansehen, nachdem er Molly im Stall untersucht hatte.
Wütend machte Austin rasch wieder kehrt, auch wenn er verstehen konnte, weshalb seine Brüder ihn nicht eingeweiht hatten.
In der Küche schnappte er sich seine Jeansjacke. Ein Schmerz fuhr ihm durch den linken Arm, und Austin stieß einen Fluch aus. Er hatte beim hastigen Anziehen der Jacke seine Schusswunde vergessen und war mit dem Arm einfach in den Ärmel hineingefahren.
Der alte Pick-up von Doc Pomeroy stand im Hof, aber niemandwar zu sehen. Kaum hatte Austin die Tür hinter sich geschlossen, hörte er drinnen ein Kratzen. Er öffnete die Tür, damit Shep ihm nach draußen folgen konnte.
Der Tierarzt war damit beschäftigt, Molly zu untersuchen. Cliff schien diesmal nicht dabei zu sein. Das fiel Austin auf, da der Sohn des Tierarztes bei den letzten Besuchen immer dabei gewesen war.
„Ist Cliff zurück in Dallas?“, fragte Austin und blieb vor der Pferdebox stehen.
Pomeroy erschrak ein wenig, was Austin an das Alter des Mannes erinnerte. Er wünschte, er hätte sich eher bemerkbar gemacht.
„Verdammt“, beschwerte sich der Tierarzt. „Was soll das, sich so anzuschleichen?“
„Tut mir leid“, entschuldigte Austin sich.
„Cliff meint, es gehe ihm nicht gut. Wenn du mich fragst, hat er nur einen Kater, weil er gestern Abend versucht hat, seinen Kummer im Silver Dollar zu ertränken.“
„Was denn für Kummer?“ Austin lehnte sich an die Boxentür und schaute dem Doc dabei zu, wie er routiniert Molly untersuchte.
„Einen, den er sich selbst eingebrockt hat, nehme ich an“, antwortete der alte Mann, ohne aufzusehen. „So wie wir alle.“
„Fürwahr“, sagte Austin und dachte an all die Dinge, die er in seinem Leben geändert hätte, wenn er die Chance bekommen würde.
Zum Beispiel würde er seinen Eltern sagen, sie sollten nicht zu diesem Rodeo nach Lubbock fahren. Und statt Paige absichtlich zu verletzen, wie er es getan hatte, würde er ihr die Wahrheit ins Gesicht sagen. Dass sie zu jung waren, um zu wissen, was Liebe ist. Ganz zu schweigen davon, diese Liebe am Leben zu halten.
Er würde sie bitten, auf ihn zu warten.
Weitere Kostenlose Bücher