Die McKettricks aus Texas: Über alle Grenzen (German Edition)
schließlich Jura studiert.
„Wahrscheinlich lange genug“, erwiderte Brogan nachdenklich.
Tate hob beide Hände. „Nun mal sachte, Leute. Hier geht es um eine ernste Angelegenheit, also lasst uns vernünftig miteinander reden.“ Er legte Austin die Hand auf den Rücken und gab ihm einen leichten Schubs. „Komm mit, Austin. Ich werde dir zeigen, womit wir es hier zu tun haben.“
Garrett schloss sich ihnen an und wandte sich mit einem boshaften Grinsen an Austin: „Weißt du eigentlich, warum unsere Eltern dich bekommen haben?“
„Vielleicht haben sie gedacht, beim dritten Mal hätten sie endlich Glück und würden es richtig hinbekommen“, entgegnete Austin trocken.
„Ach was.“ Garrett winkte ab. „Sie wollten ein Mädchen.“
Gegen zwei Uhr hatte Paige lange genug geschlafen und hielt es nicht mehr in ihrem Zimmer aus. Sie suchte aus ihrer limitierten Garderobe einen langen schwarzen Rock heraus, da sie wegen des eingegipsten Beins keine Jeans anziehen konnte. Außerdem entschied sie sich für einen weißen langärmeligen Pullover.
Die Sachen anzuziehen erwies sich für jemanden auf Krücken als echte Herausforderung – bei dem Versuch, ihren BH anzuziehen, wäre sie fast gestürzt. Also verzichtete sie auf die Unterwäsche.
Nachdem sie mehrmals tief durchgeatmet hatte, nahm sie einen neuen Anlauf. Sie setzte sich auf die Bettkante und zog den Rock an. Zum Glück war er in der Taille elastisch. Anschließend kämpfte sie sich mit rudernden Armen in den Pullover. Zu guter Letzt schlüpfte sie mit dem gesunden Fuß in einen Hausschuh.
Dann stand sie auf und schwankte, bis sie ihr Gleichgewicht wiedergefunden hatte.
Als Krankenschwester hatte sie schon vielen Menschen gezeigt, wie man auf Krücken ging. Welch eine Ironie also, dass sie selbst solche Schwierigkeiten damit hatte.
Sie schaffte es, in die Küche zu humpeln, die allerdings leer war. Julie arbeitete. Und Libby war vermutlich nach oben in ihre Wohnung gegangen, nachdem sie Paige das Mittagessen und eine Tablette gebracht hatte. Von Austin und seinem Hund war auch nirgendwo etwas zu sehen.
Alle hatten irgendetwas zu tun, nur sie nicht. Sie humpelte zur Arbeitsfläche, holte sich einen Becher aus dem Küchenschrankund suchte, bis sie die Teebeutel gefunden hatte. Jedes Mal, wenn sie nach der Packung suchte, schien sie sich an einem neuen Platz zu befinden.
Während sie darauf wartete, dass der Tee zog, schaute sie beiläufig aus dem Küchenfenster und sah, wie Reese den Stall betrat. Sie hätte sich nichts weiter dabei gedacht, schließlich arbeitete der Mann auf der Ranch. Aber er blieb stehen und schaute sich auf eine Art und Weise um, die ihr absolut verdächtig vorkam.
Paige schwang auf ihren Krücken herum und machte sich auf den Weg zur Hintertür. Sie nahm sich eine Jacke vom Haken und stützte sich unsicher zuerst auf der einen, dann auf der anderen Krücke ab, um mit den Armen in die Ärmel zu kommen. Um den Kragen geradezuzupfen, brauchte sie nur eine Hand.
Nach diesem Kunststück kam es ihr unsinnig knifflig vor, auch noch den Reißverschluss hochzuziehen.
Über den Zementweg und die Auffahrt, wo das Gehen schwieriger wurde, weil die Krücken im Kies einsanken, arbeitete sie sich zum Stall vor. Dabei fragte sie sich, was um alles in der Welt sie da eigentlich machte. Ihr fiel keine einigermaßen vernünftige Antwort ein. Einzig ihr mulmiges Gefühl.
Molly stand als einziges Pferd im Stall, da die anderen Pferde tagsüber auf der Weide waren.
Aber Paige traute diesem Reese nicht über den Weg.
An der Stalltür hielt sie einen Moment inne, damit sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnen konnten.
Reese hatte ihr den Rücken zugekehrt und riss ein Streichholz an einem der Holzpfeiler an, die das Stalldach stützten.
„Das Rauchen ist im Stall verboten“, rief Paige mit klarer, fester Stimme.
Er wirbelte herum und schüttelte dabei die Hand mit dem Streichholz, damit es ausging. Paige humpelte auf ihn zu. Mit Krücken durch die Sägespäne auf dem Stallboden zu laufen war noch schwieriger, als sich durch den Kies auf der Auffahrt zu kämpfen.
Paige tastete nach dem Lichtschalter und schaltete das Licht ein. Als sie sich blinzelnd an die plötzliche Helligkeit gewöhnt hatte, stand Reese praktisch schon vor ihr.
Seine Haare mussten dringend mal gewaschen werden, und er roch nach Rauch und Schweiß. Doch es war der eiskalte Ausdruck in seinen Augen, der ihr Angst machte.
„Haben Sie hier irgendetwas zu sagen,
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