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Die Mechanik des Herzens: Roman (German Edition)

Die Mechanik des Herzens: Roman (German Edition)

Titel: Die Mechanik des Herzens: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathias Malzieu
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verliert, verstehst du?«
    »Ich glaube schon.«
    Und dann ist da noch Luna, die mit ihrem wallenden blondierten Haar und ihrem gebrochenen Lächeln aussieht wie eine Zigeunerin, die Prinzessin spielt. Sie bewegt sich auf ihren stelzenhohen Stöckelschuhen mit schlafwandlerischer Sicherheit. Am kältesten Tag aller Zeiten ist ihr das rechte Bein zur Hälfte abgefroren, und Madeleine hat es durch eine Mahagoni-Prothese mit eingebranntem Strapsenmuster ersetzt. Mit ihrer Nachtigallstimme und ihrer Impulsivität erinnert mich Luna an die kleine Sängerin.
    »Du kennst nicht zufällig eine kleine Sängerin, die so ähnlich spricht wie du und ständig überall gegenstößt?«, frage ich sie regelmäßig.
    Sie tut jedes Mal so, als höre sie nicht, und wechselt hastig das Thema. Madeleine hat den beiden sicher das Versprechen abgenommen, mir nichts über die kleine Sängerin zu verraten.
    Eines Tages ist Luna es leid, meine Fragen zu ignorieren, und antwortet: »Ich weiß nichts über deine kleine Andalusierin!«
    »Was ist eine Andalusierin?«
    »Nichts, nichts! Ich hab nichts gesagt! Frag Anna.«
    »Aber Anna weiß auch nichts …«
    Ich versuche es mit einem Trick: Ich senke den Kopf, lasse die Schultern fallen und schlage traurig die Augen nieder.
    »Wie ich sehe, beherrscht du die Grundlagen der Verführung bereits«, sagt Luna. »Und du verrätst mich auch bestimmt nicht, pequeñito ?«
    »Natürlich nicht!«
    Sie senkt ihre Stimme zu einem fast unhörbaren Flüstern.
    »Deine kleine Sängerin kommt aus Granada, Andalucia , das ist sehr weit weg. Ich hab schon eine ganze Weile nichts mehr von ihr gehört. Vielleicht ist sie in ihre Heimat zurückgekehrt, zu den Großeltern.«
    »Oder sie geht in der Stadt zur Schule«, ergänzt Anna mit ihrer von 33 auf 45 Umdrehungen beschleunigten Stimme.
    »Danke!«, rufe ich laut.
    »Pssst … ¡ Cállate !«, faucht Luna, die in ihre Muttersprache verfällt, wenn sie wütend ist.
    Mein Blut perlt, ich jubiliere. Pures Glück durchströmt mich. Mein Traum geht auf wie ein Kuchen im Backofen, er ist bereit für den Sprung in die Wirklichkeit. Morgen nehme ich Anlauf vom Gipfel des Bergs, setze das Großsegel und nehme Kurs auf die Schule!
    Da gibt es nur noch ein klitzekleines Problem: Ich muss Madeleine von der Idee überzeugen.
    »Du willst zur Schule gehen? Du wirst dich zu Tode langweilen! Du musst dort stundenlang still sitzen und darfst keinen Mucks von dir geben. Selbst träumen darfst du nur in der Pause. Ich kenne dich doch, das ist nichts für dich. Sie werden dich zwingen, stumpfsinnige Bücher zu lesen – während du hier lesen kannst, was du willst.«
    »Mag sein, aber ich bin neugierig auf die Schule. Ich will wissen, was man da so lernt.«
    »Du willst wissen, was man da so lernt ?«
    »Ja. Und ich will mit anderen Kindern zusammen lernen. Hier ganz allein geht das nicht.«
    Wer wird bei diesem Heuchelwettbewerb wohl den Sieg davontragen? Ich weiß nicht, ob ich lachen oder vor Wut losheulen soll.
    »Du solltest dir lieber hinter die Ohren schreiben, was auf deiner Tafel steht. Hast du es schon wieder vergessen? Ich habe Angst, dass dir in der Stadt etwas zustößt.«
    »Aber alle gehen zur Schule. Und wenn du arbeitest, bin ich hier oben einsam. Ich will andere Kinder kennenlernen. Ich will die Welt entdecken, verstehst du das nicht?«
    »In der Schule die Welt entdecken.« (Tiefer Seufzer.) »Na schön. Wenn du unbedingt zur Schule gehen willst, werde ich dich nicht daran hindern«, sagt Madeleine widerstrebend.
    Ich bemühe mich krampfhaft, meine unermessliche Freude nicht zu zeigen. Es wäre unklug, die Arme hochzureißen und einen wilden Tanz aufzuführen.
    Endlich ist der heiß ersehnte Tag da. Ich trage einen schwarzen Anzug, in dem ich wie ein Erwachsener aussehe, obwohl ich gerade mal elf bin. Madeleine hat mir geraten, auf keinen Fall die Jacke auszuziehen, selbst im Klassenzimmer nicht, damit niemand sieht, wie sich meine Uhr durch das Hemd abzeichnet.
    Bevor ich mich auf den Weg mache, schiebe ich rasch noch ein paar Brillen, die ich aus Madeleines Werkstatt geklaut habe, in meinen Ranzen. Sie nehmen mehr Platz ein als die Hefte. Cunnilingus habe ich in der linken Hemdtasche verstaut, direkt über der Uhr. Ab und zu steckt er den Kopf heraus und bläht zufrieden die Hamsterbäckchen.
    »Pass auf, dass er niemanden beißt«, scherzen Anna und Luna, während wir gemeinsam den Berg hinabgehen. Arthur, der weit zurückgefallen ist, humpelt hinter uns her

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