Die Medica von Bologna / Roman
Kathedrale San Pietro getauft.
Tags darauf sagte Latif zu mir: »Die Handwerker werden nachher eintreffen, Herrin.«
»Handwerker, was für Handwerker?«, fragte ich verständnislos.
»Die Handwerker, die ich bestellt habe, um unser Haus zu verschönern, Herrin. Ich dachte mir, eine angenehmere Umgebung würde Eure Gedanken von dem schändlichen Mann, der abtreiben lassen wollte, ablenken.«
»Ich denke kaum an ihn, er ist mir gleichgültig. Aber was ist mit den Handwerkern? Ich habe keine bestellt.«
»Sie werden das Dach flicken und eine Terrasse daraufsetzen, Herrin. Sie werden die Mauern ausbessern und einen neuen Abzug für die Feuerstelle bauen. Sie werden die Fresken an Decken und Wänden ausbessern und in neuem Glanz erstrahlen lassen.«
»Bist du von Sinnen? Hast du dir schon einmal überlegt, wer das alles bezahlen soll?« Wieder einmal ärgerte ich mich über Latifs Eigenmächtigkeit, auch wenn der Grund dafür berechtigt sein mochte.
»Wir werden es bezahlen können, denn wir führen ein bescheidenes Leben, Herrin. Da hat sich der eine oder andere Scudo angesammelt.«
»Woher willst du das wissen? Ich verwahre mein Geld an einem unbekannten Ort.«
»Ich weiß, Herrin, in dem alten Schränkchen, ganz hinten in der obersten Schublade, wo ich es regelmäßig zähle. Glaubt mir, es reicht für die Verschönerungen.«
»Wie kommst du dazu, mich und mein Geld zu kontrollieren? Was nimmst du dir eigentlich heraus?« Allmählich wurde ich wütend.
Latif schnaufte beleidigt. »Einer muss sich um das Geld kümmern. Davon, dass es in dem Schränkchen liegt, hat niemand etwas. Wir können das Ganze auch lassen, vorausgesetzt, es ist Euch lieber, dass ich weiter in der winzigen Kammer neben dem Raum für die Hausgerätschaften hause. Die Kammer ist so klein, dass ich mir selbst schon wie eine Gerätschaft vorkomme. Es wäre sehr schön gewesen, wenn ich durch einen kleinen Anbau endlich ein eigenes, meinen Körpermaßen angemessenes Zimmer bekommen hätte. Aber sicher meint Ihr, ich hätte es nicht verdient.«
»Nein, das habe ich nicht gemeint, und das weißt du auch ganz genau. Es ist nur, dass ich mein Geld zusammenhalten möchte.«
»Aber wofür denn, Herrin? Ich habe einen weisen Sinnspruch in Eurem Land gelernt, er lautet: Das letzte Hemd hat keine Taschen. Man kann nichts mitnehmen, wenn Allah uns zu sich ruft, da ist es doch besser, die Ersparnisse vorher auszugeben?«
Ich merkte, wie Latif es wieder einmal gelang, mich umzustimmen, und ich ärgerte mich darüber. Andererseits hatte er recht, das Geld lag tatsächlich nutzlos in dem Schränkchen herum. Seine Vorschläge, meine Barschaft in ein Bankhaus zu tragen und es dort mit einem guten Zins zu vermehren, hatte ich stets abgelehnt. »Nun, ja«, sagte ich, »die Kammer ist tatsächlich recht klein.«
»Ihr sagt es, Herrin.«
»Auch bist du – trotz deiner vielen Bemühungen – im letzten Jahr nicht gerade schlanker geworden. Vielleicht könnte man tatsächlich über einen kleinen Anbau nachdenken.«
»Ich wusste, Ihr würdet mich verstehen, Herrin.«
Es kam, wie es kommen musste: Während ich meinen Dienst bei den frommen Schwestern verrichtete, holte Latif die Handwerker in mein Haus. Und natürlich beließ er es nicht bei einem kleinen Anbau, um seine Kammer zu vergrößern. Neben Maurern und Steinmetzen beschäftigte er auch Zimmerer, Fliesenleger, Freskenmaler und eine Reihe anderer Handwerker. Dazu Stuckateure, die jede Hauswand sorgfältig mit ockerfarbenem Kratzputz verschönerten. Natürlich blieb mir das alles nicht verborgen, und manches Mal fragte ich mich bang, ob mein Geld ausreichen würde, aber ich sagte nichts, denn ich hatte meine Freude daran.
Das Haus war schon immer mein Lieblingsort gewesen, nun aber wurde es so schön, dass ich es nur noch verließ, um zum Hospital der frommen Schwestern zu gehen. Die spärlichen Kontakte, die ich zur Nachbarschaft pflegte, erstarben fast ganz, und von Gaspare, der bei den wenigen Malen, die wir über ihn sprachen, von Latif stets als »der schändliche Mann, der abtreiben lassen wollte«, bezeichnet wurde, hörte ich in dieser Zeit ebenfalls nichts.
Doch am 6. Oktober des Jahres 1580 läuteten die Glocken von San Pietro abermals, um eine besondere Taufe anzuzeigen: Giovanni Andrea, der erste Sohn von Gaspare Tagliacozzi und seiner Frau Giulia, empfing das heilige Sakrament, welches ihn in die Gemeinschaft der Christen aufnahm. Die Taufe, so hieß es, wurde mit großem Pomp
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