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Die Medica von Bologna / Roman

Die Medica von Bologna / Roman

Titel: Die Medica von Bologna / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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so lange, bis ich fast selbst an meine Verfehlungen glaubte und ihr versprach, Marco nie wieder in ihrer Abwesenheit zu treffen. »Meine Mutter ist in der Kirche.«
    »Ich weiß«, sagte Marco. »Schon zum zweiten Mal. Sonntags geht sie immer zweimal in die Kirche. Willst du die Rose nicht annehmen?«
    »D … doch.« Ich nahm die Blume. Es konnte keine Sünde sein, eine Blume anzunehmen. »Woher weißt du, dass meine Mutter sonntags immer zweimal in die Kirche geht?«
    »Das weiß doch das ganze Viertel. Ach, wo wir gerade von Müttern reden: Meine hat sich sehr über das Kleid gefreut, ich soll dich auch schön grüßen.«
    »Danke.« Ich wollte die Tür schließen, aber Marco kam mir zuvor und sagte: »Willst du mich nicht hineinbitten?«
    »Nun …« Ich schwankte. »Es würde nicht schicklich sein, dich einzulassen.«
    »Oh, ich verstehe.« Enttäuschung breitete sich auf Marcos Gesicht aus. »Deine Mutter hat dir eine Moralpredigt gehalten, stimmt’s? Na, da kann man nichts machen. Ich habe einen anderen Vorschlag: Du stellst die Rose ins Wasser, und wir gehen ein bisschen spazieren. Von der Stadtmauer aus hat man einen herrlichen Blick über das Land.«
    »Nein, ich möchte nicht spazieren gehen.« Der Gedanke, Felder, Wiesen und Kühe anzuschauen, reizte mich nicht besonders. Außerdem scheute ich die Begegnung mit Menschen, die mein Feuermal nicht kannten. Die Reaktion von Signora Vascellini und ihren affektierten Freundinnen war mir nur allzu gut in Erinnerung.
    »Wirklich nicht?
    »Wirklich nicht.«
    »Schade.« Marco schaute so enttäuscht drein, dass ich meine Entscheidung fast geändert hätte, aber schon sagte er: »Na gut, da kann man nichts machen. Aber ich komme wieder.«
    Ich wollte ihm sagen, dass er das nicht brauche, aber dann ertappte ich mich bei dem Gedanken, dass ich es schade fände, wenn er nicht käme.
    Und so sagte ich nichts.
     
    Drei Tage später stand Marco abermals vor der Tür. Und wieder hatte er es so eingerichtet, dass meine Mutter nicht da war. Er hielt zwei rote Rosen in der Hand und sagte: »Ich weiß schon, dass du mich nicht einlassen wirst, aber hättest du nicht Lust, mit mir auf die Piazza Maggiore zu gehen? Heute Abend sollen da ein paar gute Musiker spielen.«
    Ich nahm die Rosen und roch an den zarten Blüten. »Die duften herrlich.«
    »Sie sind von der Blumenfrau, die immer vor San Petronio steht.«
    »Ja, danke.«
    »Es sind Trommler, Flötisten und Gambisten dabei. Es würde bestimmt sehr nett.«
    »Ich weiß nicht.« Ich dachte an meine Mutter, die ich jeden Augenblick zurückerwartete und deren Gesichtsausdruck ich mir beim Anblick von Marco lebhaft vorstellen konnte.
    »Einer von den Burschen soll vorzüglich die Theorbe zupfen und dazu kecke Lieder singen.«
    »Oh, das ist nichts für mich.« Ich kam mir scheinheilig vor, denn tatsächlich wäre ich gern mit ihm ausgegangen, aber ich dachte ständig an meine Mutter und, schlimmer noch, an mein Feuermal.
    »Schade«, sagte Marco.
    »Ja«, sagte ich, »du musst jetzt gehen.«
     
    Am darauffolgenden Sonntag kam er wieder, diesmal mit drei roten Rosen. Er drückte mir die Blumen in die Hand und sagte: »Die Musiker auf der Piazza Maggiore waren wirklich sehr gut. Sie wurden unterstützt von Seiltänzern, Zauberkünstlern und Antipodisten. Es war ein großartiges Spektakel. Du hättest mitkommen sollen.«
    Ich schwieg.
    »Vielleicht hättest du Lust, mit mir in den Hof des Palazzo Publico zu gehen? Dort befindet sich seit einem Jahr der neue Kräutergarten der Universität. Früher war er auf der Südseite von San Salvatore. Ein gewisser Professor Aldrovandi hat ihn anlegen lassen. Er hat auch dafür gesorgt, dass jedermann ihn betreten kann. Ich dachte, das würde dich interessieren. Alle Frauen interessieren sich für die Düfte von Blumen und Kräutern.«
    Während er das sagte, schaute er mich so erwartungsvoll an, dass ich nicht sofort nein sagen mochte. Auch schmeichelte mir, dass er mich indirekt als Frau bezeichnet hatte. »Ich müsste meine Mutter fragen«, sagte ich, »aber die ist nicht da.«
    »Ich weiß.« Der Hoffnungsschimmer in Marcos Augen erlosch. Aber dann glomm er wieder auf. »Wann kommt sie denn zurück?«
    Ich ahnte seine Idee. Der Gedanke, mit einem jungen Mann durch Bologna zu flanieren, reizte mich; aber der Gedanke an die Schwierigkeiten, die ich dadurch bekommen konnte, machte mir Angst. Schließlich sagte ich: »Sie müsste bald zurück sein.«
    »Ich verstehe.« Marco nickte und

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