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Die Medica von Bologna / Roman

Die Medica von Bologna / Roman

Titel: Die Medica von Bologna / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Hexenjäger wie Helvetico. Ich floh aus dem Gefängnis und lief schnurstracks zur Casa Rifugio.«
    »Ich bin so froh, dass du hier bist.« Ich nahm seine Hand und kämpfte mit den Tränen.
    Conor sagte: »Das geht uns allen so. Wir haben Glück im Unglück gehabt.«
    »Ja«, sagte Fabio, »das haben wir. Aber wir sollten den Bogen nicht überspannen.«
    »Was meinst du damit?«, fragte ich und ahnte schon, was kommen würde.
    »Wir müssen uns trennen, Carla«, sagte Fabio ernst. »Und zwar jetzt gleich. Jeder ist ab jetzt allein auf sich gestellt. Jedenfalls für ein paar Monate, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Ihr beide aber, du und Latif, müsst sofort gehen. Marschiert nach Süden bis zu den großen Bergen und dann immer weiter, so lange, bis ihr sicher seid, dass euch niemand verfolgt. Und wenn ihr einen sicheren Hort gefunden habt, lasst uns wissen, wo er liegt.«
    »Das … das geht mir alles zu plötzlich«, stotterte ich.
    »Vielleicht sehen wir uns einmal wieder, vielleicht auch nicht. Das Leben ist ein Auf und Ab. Es besteht aus Kennenlernen und Abschiednehmen. Jetzt ist die Zeit des Abschieds gekommen. Lebt wohl, meine Freunde.« Er stand auf, beugte sich zu mir herüber und küsste mich auf beide Wangen. Dann machte er dasselbe bei Latif.
    Für einen Augenblick herrschte Schweigen am Tisch, und jeder, ohne Ausnahme, hätte wohl gern die Zeit angehalten. Doch die Zeit eilt, teilt und heilt, so heißt es, und dieser Moment der tiefen Verbundenheit ging vorüber und machte großer Geschäftigkeit Platz. Conor griff unter sich und holte einen kräftigen Stock hervor. »Der ist für dich, Latif«, sagte er. »Es ist ein Wanderstab mit rundem Handgriff, gut zum Marschieren in jedem Gelände, aber auch gut geeignet zur Verteidigung. Lass ihn auf den Rücken deiner Angreifer tanzen, und sie werden Fersengeld geben, das kannst du mir glauben. Versprich mir, dass du immer gut auf unsere Carla aufpassen wirst.«
    Latif, mein findiger, fröhlicher, gewitzter Latif, wirkte plötzlich sehr nachdenklich. »Ich verspreche es bei Allah, dem Allessehenden, dem Alleswissenden. Eher sollen mich die Löwen zerfleischen, als dass meiner Herrin etwas geschieht.«
    Teofilo, der Tanzmäuser, sagte: »Brav gesprochen, Latif, aber da, wo ihr hingeht, dürfte es kaum Löwen geben.«
    Das allgemeine Gelächter löste ein wenig die ernste Stimmung, und Conor ermahnte die Freunde: »Nehmt nur das mit, was ihr auf dem Leib tragen könnt, alles andere lasst hier. Verstreut euch über die Stadt, bleibt nicht zusammen. Die Einzigen, die zusammenbleiben, sind Carla und Latif.«
    Alle murmelten Zustimmung, und wohl oder übel musste ich meine wenigen Habseligkeiten packen. Ich suchte ein paar Wäschestücke und Dinge für die tägliche Pflege zusammen, legte meine goldene Venusmaske dazu und hatte mein Bündel schon fast geschnürt, als Conor kam und sagte: »Es wiegt zwar einiges, aber ich würde es in jedem Fall mitnehmen.«
    Auf meine Frage, was er damit meine, antwortete er: »Das wertvolle Besteck aus dem Ospedale della Vita. Vielleicht wirst du es einmal brauchen können.«
    Latif, der sein Bündel ebenfalls geschnürt hatte, kam dazu und sagte: »Herrin, Conor hat recht. Lasst mich Eure Instrumente tragen.«
    »Danke«, sagte ich. »Ich habe auch etwas, das ich für dich trage.«
    »Herrin, was meint Ihr?«
    »Ich kann es dir nicht zeigen, weil der Anstand es verbietet, aber ich kann dir verraten, was es ist. Es ist dein Gebetsteppich. Ich habe ihn in unserem Haus gefunden und ihn mir, genau wie du es immer tust, um den Leib gewickelt.«
    »Herrin!« Trotz seiner Leibesfülle machte Latif einen gewaltigen Luftsprung. »Jetzt wird alles gut! Jetzt kann uns gar nichts mehr passieren! Darf ich Euch küssen?«
    »Ja«, sagte ich.
     
    Noch vor Mitternacht war die Casa Rifugio verwaist. Alle Bettler hatten das alte Haus verlassen, auch Latif und ich. Wir waren auf dem Weg zur Porta di San Mamolo, dem südlichsten Tor Bolognas, als plötzlich Pferdegetrappel und laute Rufe an unser Ohr drangen. »Was hat das zu bedeuten?«, fragte ich ängstlich.
    »Pst, Herrin, nicht so laut.« Mein Diener zog mich in die nächtliche Schwärze einer Seitengasse. »Ich glaube, das sind Helveticos Bluthunde. Lasst uns hier weitergehen.«
    »Aber hier sehe ich nichts.«
    »Das braucht Ihr auch nicht. Ich gehe voran, haltet Euch nur an meinem Gürtel fest.«
    »Weißt du überhaupt, wohin du uns führst?«
    »Natürlich, Herrin, ich kenne Bologna

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