Die Medica von Bologna / Roman
Rechtswissenschaft nicht interessiert bist.«
»Ja«, sagte ich und versuchte, mir meine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. »Und wie ist es an anderen Universitäten in Italien?«
»Überall das Gleiche.« Marco trank seinen Wein aus. »Jetzt sind wir aber weit von unserem eigentlichen Thema abgekommen. Hast du etwas dagegen, wenn wir in der Basilika San Petronio heiraten? Ich finde, die Hauptkirche Bolognas ist für unsere Zwecke gerade gut genug. Außerdem steht die Blumenfrau immer davor.«
»Das ist mir recht«, murmelte ich und war in Gedanken noch immer bei der Benachteiligung, die mir als Frau widerfahren sollte. »Hör mal, Marco, wenn ich schon nicht studieren darf, könntest du mir nicht wenigstens deine Aufzeichnungen und Unterlagen aus den Vorlesungen überlassen? Ich würde sie gern abschreiben und daraus lernen.«
Er sah mich an, als seien zehn Narren auf einmal in mich gefahren. »Du würdest gern was?«
Ich wiederholte meine Bitte.
»Was soll das?« Marco schüttelte den Kopf. »Ich verstehe dich nicht. Was willst du als Frau mit dem Wissen eines Arztes? Selbst wenn du es dir aneignen könntest, dürftest du es doch niemals anwenden. Nein, nein, das schlag dir mal aus dem Kopf. Heirate mich in San Petronio, zieh zu mir in mein Haus und gebäre mir Kinder.«
Ja, ja, dachte ich, das könnte dir so passen. Zum Kinderkriegen tauge ich, Jahr für Jahr soll ich neuen Nachwuchs liefern für dich und deinen Mannesstolz, möglichst viele
bambini,
aber bitte schön ohne Feuermal, gesund und männlichen Geschlechts. Laut sagte ich: »Es ist mir ernst, Marco, bitte.«
»Carla, Carla, manchmal verstehe ich dich wirklich nicht. Aber wenn du es unbedingt willst, soll es in Gottes Namen so sein.«
»Oh, wunderbar!« Ich küsste ihn ungestüm.
Nachdem er sich von dem Ansturm erholt hatte, grinste er. »Wenn du mich für jede einzelne Aufzeichnung so belohnst, könnte mir deine Bitte gefallen.«
»Das kann ich nicht versprechen.«
»Na, gut, wir werden sehen.«
Wenig später schrieb man den vierundzwanzigsten Dezember, den Tag des Heiligen Abends, an dem in ganz Italien gefastet wurde. Ich setzte mein Barett mit dem Schleier auf und besuchte mit Marco und seiner Mutter die Mitternachtsmesse. Zwar wollten beide sie gern in San Rocco erleben, nicht zuletzt, weil Pater Edoardo so bewegend zu predigen verstand, aber ich setzte mich durch, und wir gingen in die kleine
chiesa
Santa Maria de la Carità, die hinter der Brücke über den Canale di Castiglioni lag. Nach dem Gottesdienst kehrten wir heim in das Haus seiner Mutter, die sich sehr erfreut darüber zeigte, dass Marco und ich mit dem Heiraten endlich ernst machen wollten, und ein üppiges Essen für uns drei vorbereitet hatte. Es gab ein Dutzend in Brühe gekochte Wildwachteln mit
cavolo
und
carote,
dazu Pasta mit köstlicher Entenleberpastete und schwarzen Trüffeln. Zur Nachspeise servierte sie selbstgebackenen Panettone und einen kräftigen Tresterschnaps, um die reichlich dargebotenen Speisen zu verdauen.
»Das hat fein geschmeckt, Mamma«, ächzte Marco und strich sich über den Leib. »Ich kann beim besten Willen nicht mehr.«
»Aber du hast doch kaum etwas gegessen, Junge.« Wie alle Mütter hatte Signora Carducci Angst, ihr Sohn könnte verhungern. »Nun nimm doch noch.«
»Es geht nicht.«
»Ich kann auch nicht mehr, Signora«, ergänzte ich. »Es war so vorzüglich, dass ich gern noch etwas essen würde, aber es ist unmöglich.«
»Dann bin ich beruhigt, Carla.« Signora Carducci tätschelte mir den Arm. »Aber du musst mir versprechen, dass du für meinen Marco auch immer so gut kochst.«
»Sicher, sicher, Signora.«
»Wann ist es denn endlich so weit? Ich finde es wunderbar, dass ihr in San Petronio heiraten wollt.«
Marco mischte sich ein: »Der Tag steht noch nicht fest, leider, Mamma. Man sagte mir, jetzt im Winter gäbe es keine Termine mehr, und im Frühjahr wollten alle Paare heiraten, da wäre auch nichts mehr frei. Sag, Carla, sollen wir es nicht in einer anderen Kirche versuchen?«
»Nein«, erwiderte ich und kam mir ziemlich heuchlerisch vor. »San Petronio ist die schönste Kirche in Bologna.«
»Ja, das ist sie.« Signora Carducci tätschelte weiter meinen Arm. »Ich habe Verständnis für Carla. Man ist nur ein Mal Braut in seinem Leben.«
Marco unterdrückte ein Aufstoßen. »Nun gut, dann werde ich den zuständigen Diakon weiter umschwänzeln, vielleicht macht er ja doch eine Ausnahme. Ansonsten wird es wohl
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