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Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Titel: Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adaobi Tricia Nwaubani
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erzählte ihm ein paar Details von der anstrengenden Befragung.
    »Mach dir nichts draus«, sagte Cash Daddy. »Wenn du in Amerika ankommst, wirst du sehen, dass es sich gelohnt hat. Bei der Einreise werden sie dich noch einmal genauso zwiebeln, aber auch das ist egal. Sie werden sogar mit riesengroßen Hunden ankommen, die dich am ganzen Körper beschnüffeln, aber das machen sie mit allen anderen Nigerianern genauso, deswegen musst du nicht befürchten, dass du irgendwas verbrochen hast. Das lässt sich alles nur vermeiden, wenn man sich einen amerikanischen Pass besorgt.«
    Er gähnte erneut.
    »Du kannst von Glück sagen, dass du noch nicht verheiratet bist«, fuhr Cash Daddy fort. »Wenn ich früh genug darüber nachgedacht hätte, hätte ich eine Frau geheiratet, die die britische oder amerikanische Staatsbürgerschaft hat.«
    Er warf seinen Kopf schwungvoll gegen die Kopflehne.
    »Wo wir gerade dabei sind, Kings, hast du schon beschlossen, wann du heiraten willst?«
    Ich schnaubte.
    »Du glaubst wohl, ich scherze? Hör zu, ich will dir was sagen. Wenn ein Krieger in einen Ringkampf verwickelt ist und dabei seine Aufmerksamkeit auf den Kampf und seine Umwelt verteilt, kann selbst eine Frau ihn besiegen. Deswegen ist es gut, früh zu heiraten. Beeil dich mal. Selbst Protocol Officer heiratet demnächst.«
    »Ah! Protocol Officer? Herzlichen Glückwunsch.«
    »Danke«, erwiderte dieser, ohne sich umzusehen. Die Jahre auf dem Vordersitz in Cash Daddys Wagen hatten ihn die Kunst gelehrt, seine Ohren nach hinten zu richten, ohne den Kopf zu drehen. Ich versuchte mir vorzustellen, was seine Ohren in diesen Jahren wohl alles aufgesaugt hatten.
    Als wir durch das Tor zur Mammutvilla fuhren, liefen uns aus dem Haus neun Männer entgegen, um Cash Daddy zu begrüßen. Sobald er aus dem Auto stieg, entstand ein Gerangel darum, wer ihm die Schuhe putzen durfte. In diesem Moment ging mir wieder einmal auf, wie sehr wir ihn alle liebten, wie viel er uns bedeutete. Was würde aus uns allen werden, wenn er ins Gefängnis geworfen würde? Mir fielen die Geschenke ein, die ich ihm mitgebracht hatte. Ich langte nach dem Beutel auf dem Boden zwischen den Sitzen und stieg ebenfalls aus.
    »Cash Daddy, hier, ich habe dir aus Lagos was mitgebracht«, sagte ich und streckte ihm mit beiden Händen und einer leichten Neigung des Kopfes respektvoll den Beutel entgegen.
    »Was?«
    »Hier, ich habe dir was mitgebracht.«
    Ausnahmsweise fehlten Cash Daddy die Worte. Stumm wie ein Stein betrachtete er meine Hände, ohne den Beutel an sich zu nehmen. Schließlich breitete sich der Schock über sein Gesicht und verzog sich. Er schüttelte langsam den Kopf und nahm mir den Beutel ab.
    »Junge, du bist ja nicht ganz richtig im Kopf«, sagte er leise. »Mit dir stimmt was nicht. Warum hast du mit dem Geld nicht einer alten Frau aus deinem Dorf Garri gekauft? Wieso gibst du Geld aus, um mir was zu kaufen?«
    Er machte ein paar Schritte auf das Haus zu. Dann blieb er noch einmal stehen und drehte sich um.
    »Ich habe gerade nachgedacht«, sagte er. »Weißt du, dass es das erste Mal seit ungefähr fünfzehn Jahren ist, dass mir jemand was gekauft hat? Einfach so, … ohne Grund?«
    Er grinste wie ein glückliches Kind und setzte seinen Weg ins Haus fort.

37

    Charity war zu der besonderen Gelegenheit über das Wochenende von der Uni angereist. Ihr Verehrer wollte mir am Samstagnachmittag seine Aufwartung machen. Aus meinem Schlafzimmerfenster sah ich, dass Johnny aka Nwokeoma nicht mit dem Africa-Time -Virus infiziert war. Er war bereits sieben Minuten vor seinem Termin um 14 Uhr eingetroffen. Damit auch bestimmt niemand seinen brandneuen Honda für ein Tokunbo hielt, hatte er die Schutzüberzüge aus durchsichtigem Kunststoff nicht von den Sitzen und den Kopfstützen entfernt. Wie so viele andere würde er sie vermutlich nie abnehmen, sondern sie so lange drauf lassen, bis sie zerschlissen waren.
    Meine Schwester eilte hinaus, um ihn zu begrüßen. Voller Zorn beobachtete ich, wie sie sich umarmten. Der Mann sollte sich nur erdreisten, sie weiter anzutatschen! Aber sie nahmen sich nur bei den Händen und schlenderten glücklich ins Haus. Charity brachte ihn ins Wohnzimmer und kam dann nach oben, um sein Eintreffen zu melden. Ich war die letzte halbe Stunde in meinem Zimmer auf und ab gelaufen und hatte überlegt, was ich bloß zu ihm sagen sollte, wenn er kam. Trotzdem ließ ich weitere vierzig Minuten verstreichen, ehe ich mich nach unten begab.

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