Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy
Wir sahen zu, wie Cash Daddy auf der unbequemen Rückbank Platz nahm, und sprangen dann in unsere Autos, um hinterherzufahren. Unterwegs klingelte mein Handy. Der Anruf kam vom Telefon in meinem Haus.
»Kings, bist du schon wieder in Aba?« Es war Charity.
»Ja, ich bin noch im Büro. Ich muss heute ein bisschen länger arbeiten. Ich wusste nicht, dass du bei mir bist.«
»Ich bin heute erst gekommen. Ich muss gleich morgen früh wieder fahren, aber ich habe etwas Wichtiges mit dir zu besprechen.«
»Was ist los? Ist alles in Ordnung?«
»Alles ist bestens. Ich habe nur was, was ich gerne persönlich mit dir besprechen würde.«
Persönlich? Mich packte die Furcht. Hatte sie Probleme im Studium? Hatte sie von ihren Freundinnen gehört, dass ich was mit fremden Mädchen hatte? Hatte sich meine Mutter über meine Lebensweise beklagt? Es wäre sehr unfair von ihr, ihr Misstrauen auf meine Geschwister zu übertragen. Was meine Mutter von mir dachte, war ganz allein ihre Sache.
»Charity, ich komme, sobald es geht, ja? Ich mach nur noch das Dringendste im Büro fertig.«
Auf dem Revier wartete Cash Daddys Wahlkampfmanager. Er grummelte irgendwas in sein Handy. Neben ihm stand Cash Daddys Anwalt. Der bekannte Menschenrechtsaktivist begleitete seinen Klienten zum Verhör. Auf dem Weg dorthin blieb Cash Daddy plötzlich stehen.
»Ah!«, sagte er plötzlich. »Das hätte ich beinahe vergessen.«
Er nahm seine Armbanduhr ab, holte sein Handy aus der Tasche und zog den Gürtel aus seiner Hose und übergab die Sachen Protocol Officer.
»Kings«, sagte er. »Lass dir einen Rat geben. Nimm niemals etwas mit ins Polizeirevier, von dem du dich nicht für immer trennen willst.«
Um Himmels willen. Mir, Kingsley Onyeaghalanwanneya Ibe, wurde Rat für einen Gang ins Gefängnis erteilt.
Es dauerte nicht lange, dann tauchte der Anwalt wieder aus dem Inneren des Reviers auf. Ohne Cash Daddy.
Wir waren bestürzt.
»Wo ist Cash Daddy?«
»Sie haben beschlossen, ihn hierzubehalten«, sagte der Anwalt. »Aber lange können sie ihn nicht festhalten, weil sie keine Beweise gegen ihn haben.«
»Beweise wofür?«, fragte ein Mann aus dem Wahlkampfteam.
»Geldwäsche. Der Vorwurf wurde von der Zonenkommandantur in Calabar erhoben, deswegen muss die Polizei so tun, als würde sie der Sache ernsthaft nachgehen.«
»Von wem kommt der Vorwurf ?«, fragte ich.
»Das ist Politik«, erwiderte der Wahlkampfmanager. »Sie wollen Cash Daddy bloß aus dem Weg räumen. Sie wissen genau, dass er die Wahl gewinnen wird.«
»Das sind die Gefahren, vor denen ich ihn schon gleich zu Anfang gewarnt habe«, sagte der Anwalt und Menschenrechtsaktivist. »Politik in Nigeria ist ein schmutziges Spiel.«
»Die verschwenden ihre Zeit«, sagte Protocol Officer mit Flammen in der Stimme.
»Sie haben in den Zeitungen allen möglichen Müll über Cash Daddy verbreitet«, fügte ein anderer entrüstet hinzu. »Aber Gott sei Dank sind die Wähler in Abia nicht so dumm, alles zu glauben, was sie lesen.«
Und ein Dritter sagte: »Ganz egal, was sie machen, Cash Daddy wird auf jeden Fall gewinnen.«
»Natürlich«, pflichteten ihm alle bei.
»Cash Daddy ist unser Mann.«
Zu Hause angekommen sah ich, dass Charity in meiner Abwesenheit wieder einmal meine Schuhe nach Farben sortiert hatte. Während ich mich fragte, wie lange ich wohl diesmal die Ordnung aufrechterhalten konnte, öffnete ich die Schnallen meiner Prada -Schuhe und stellte sie an den richtigen Platz in der karamellfarbenen Reihe. Dann setzte ich mich neben sie aufs Bett, wo sie auf mich gewartet hatte. Der Ernst in ihrem Gesicht weckte meine schlimmsten Befürchtungen.
»Kings«, begann sie. »Ich habe über meine Freundinnen an der Uni einen sehr guten Freund kennengelernt.«
Ich schluckte einen harten Klumpen Angst herunter.
»Kings«, sie sah mich mit einem scheuen Blick an. »Er hat mich gefragt, ob ich ihn heiraten will, und ich habe ja gesagt.«
Weil ihr Gesicht so ernst war, gelang es mir der Versuchung zu widerstehen, laut loszuprusten. Ehrlich, der Gedanke ans Heiraten löst bei Mädchen die komischsten Reaktionen aus. Ich hatte meine Schwester noch nie so gesehen.
»Wie heißt er denn?«, fragte ich schlicht, weil mir nichts Besseres einfiel.
»Er heißt Johnny«, antwortete sie. »Aber er ist ein Igbo«, fuhr sie rasch fort. »Sein Igbo-Name ist Nwokeoma. Nwokeoma Nwabakee.«
Natürlich hätte ich nicht gewollt, dass meine Schwester einen Mann heiratete, der kein Igbo war,
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