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Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Titel: Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adaobi Tricia Nwaubani
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doch im Augenblick war das meine geringste Sorge. Die ganze Nacht wälzte ich mich, von verschiedenen Sorgen geplagt, im Bett herum. Was würde aus meiner Familie werden – was würde aus meiner Schwester werden –, wenn mir etwas zustieß? Den Vater zu verlieren war schlimm genug. Doch den Quell ihres Lebensunterhalts zu verlieren würde sie in ein unvorstellbares Unglück stürzen.
    Und war würde mit mir passieren, dem Quell ihres Lebensunterhalts, wenn Cash Daddy etwas zustieße?
    Erst um fünf Uhr früh fiel mir ein, dass im Hotel ein Mädchen auf mich wartete.

36

    Um neun Uhr am nächsten Morgen wurde Cash Daddy entlassen. Als er aus der Zelle kam, wirkte er zerknittert und verwirrt, wie ein Eremit, den man in einer Höhle entdeckt hatte. Vor dem Verlassen des Reviers ließ er sich von Protocol Officer etwas Geld geben und verteilte Hundertdollarscheine an die diensthabenden Beamten. Sie bedankten sich überschwänglich und geleiteten ihn zu dem wartenden Auto. Protocol Officer war mit einem Jaguar vorgefahren, der das Kennzeichen Cash Daddy 47 trug. Er war allein gekommen, nur mit einem Fahrer und ohne den üblichen Konvoi. Cash Daddy sprach kurz mit seinen Politkumpanen, schickte sie fort und sah mich an.
    »Steig bei mir ein«, sagte er.
    Ich holte den Beutel mit den Büchern, die ich in Lagos erstanden hatte, vom Rücksitz meines Audi und wies meinen Fahrer an, uns zu folgen. Protocol Officer begab sich wie üblich auf den Beifahrersitz, ich nahm hinten neben meinem Onkel Platz.
    Wir fuhren ohne anzuhalten an einer Straßensperre der Polizei vorbei. Die Straßensperre war gestern nicht dort gewesen. Als die Männer in Schwarz das Kennzeichen erblickten, traten sie von der Fahrbahn zurück, beugten die Knie und winkten. Manchmal warf Cash Daddy ihnen aus dem Fenster Geld zu. Heute würdigte er sie keines Blickes. Bald nachdem wir losgefahren waren, sprang seine Sprachmaschinerie an, und Cash Daddy wurde wieder so geschwätzig wie eine Elster.
    »Diese Leute wissen nicht, mit wem sie es zu tun haben«, begann er. »Mir ist natürlich klar, dass Uwajimogwu mir diesen Ärger eingebrockt hat. Der Adler sagte, ich bin kein Kind mehr, als er sich aufmachte, in die Ferne zu fliegen. Ich bin gewohnt, mit Ärger umzugehen, seit ich so klein war.« Er zeigte eine Entfernung vom Boden, die nicht höher war als ein Toilettensitz. »Ehrlich, er weiß nicht, mit wem er es zu tun hat.«
    Uwajimogwu war sein Konkurrent um die Gouverneurskandidatur der National Advancement Party . Zwar hatten sich noch mindestens dreißig andere Männer die Formulare geholt und ihre Absicht zur Kandidatur erklärt, doch war man sich allgemein einig, dass nur einer von den beiden das Rennen machen würde. Derjenige, der die Vorwahlen für sich entschied, konnte ziemlich gewiss sein, der nächste Gouverneur von Abia zu werden. Die NAP war zurzeit die stärkste Partei, zu ihren Mitgliedern zählten die meisten Milliardäre und Politiker der alten Garde, deren Geschichte teilweise bis zu den ersten demokratischen Wahlen in Nigeria in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts zurückreichte.
    »Er weiß, dass ich die Polizei hier in der Hand habe, deswegen hat er sich an die Zonenkommandantur in Calabar gewandt. Aber Beweise haben sie alle nicht. Ausgerechnet Geldwäsche. Er will mich ins Gefängnis bringen, und das Einzige, was ihm einfällt, ist Geldwäsche.«
    Cash Daddy lachte. Die Taktik, in der Vergangenheit politischer Gegner herumzugraben, erwies sich derzeit in vielen Bundesstaaten des Landes als wirksam. Erst vergangene Woche hatte sich in Delta ein Kandidat für das Repräsentantenhaus zurückziehen müssen, weil er vier Jahre wegen Drogendelikten in einem italienischen Gefängnis gesessen hatte. Der Mann hatte die Sache immer wieder geleugnet, bis seine Gegner schließlich die zwanzig Jahre alten Dokumente, die sie sich von der italienischen Polizei besorgt hatten, in fünf überregionalen Zeitungen veröffentlichten.
    »Ich hatte eigentlich vor, taktvoll zu sein«, fuhr Cash Daddy fort. »Mein Plan war, einigen Delegierten zu gestatten, ihm in den Vorwahlen ihre Stimme zu geben, aber jetzt hat er mich sehr gegen sich aufgebracht. Ich werde dafür sorgen, dass er an dem Tag keine einzige Stimme bekommt. Er wird sehen, dass man mich nicht umsonst Cash Daddy nennt. Wenn jemand dir in den Kopf beißt, ohne sich um deine Haare zu scheren, dann kannst du ihn in den Hintern beißen, ohne dich um seine Scheiße zu scheren.

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