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Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Titel: Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adaobi Tricia Nwaubani
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wie sie mir vorschwebte.
    Meine Mutter blickte von den Knöpfen auf, die sie gerade an einen blaukarierten Stoff nähte.
    »Ah, Kings!«
    Vor Überraschung stach sie sich mit der Nadel in den Daumen. Sie steckte die Daumenspitze in den Mund und saugte.
    »Guten Tag, Mama.«
    Ich setzte mich auf die Bank für die Kunden.
    »Wie war bisher dein Tag?«
    »Ach, ganz gut«, antwortete sie. »Ich kann nicht klagen.« Die Art, wie sie sich wieder konzentriert über ihre Arbeit beugte, zeigte deutlich an, dass sie wusste, dass ich etwas Wichtiges auf dem Herzen hatte.
    »Mama, es gibt da was, zu dem ich gern mal deine Meinung hören würde«, begann ich.
    Sie hörte auf, so zu tun, als konzentrierte sie sich auf ihre Arbeit, und wandte mir ihre volle Aufmerksamkeit zu.
    »Ich habe mir etwas überlegt«, fuhr ich fort.
    Ja, so war es. Da offensichtlich keine göttliche Lösung für meine Probleme zu erwarten war, hatte ich mir das Hirn zermartert, bis mir eine menschengemachte Idee gekommen war.
    »Ich denke daran, in eine andere Stadt zu ziehen. Ich hätte viel bessere Chancen, Arbeit zu finden, wenn ich von Umuahia wegginge.«
    »Ach Gott! Aber wirst du nicht dieselben Zeitungen lesen müssen, um dich bewerben zu können, ob du in Umuahia bist oder sonstwo? Alle Ölgesellschaften schreiben ihre freien Stellen in den überregionalen Zeitungen aus.«
    »Darüber habe ich mir auch Gedanken gemacht. Vielleicht sollte ich mich auch anderswo bewerben als nur bei den Ölgesellschaften.«
    »Und woran denkst du?«
    Ich verstand ihre Sorge. Ihr ältester Sohn war ChemieIngenieur, und sie wollte, dass es dabei blieb. Doch ich war mittlerweile bereit, meine Ansprüche zu senken. Die meisten neuen Banken stellten jeden ein, der ihre Eignungstests bestand. Ihnen schien es gleich zu sein, ob man Tischler oder Friseur gelernt oder Fischereirecht studiert hatte. Für sie zählte nur, ob man Englisch sprechen konnte und die Grundrechenarten beherrschte.
    »Ich überlege, ob vielleicht bei einer Bank.«
    »Gibt es hier keine Banken?«
    »In anderen Städten sind die Chancen besser«, entgegnete ich.
    Im Grunde war Umuahia noch immer eine Drittweltstadt in Nigeria. Eine Bank, die nur eine Filiale in Umuahia hatte, konnte in großen, lebendigen Städten wie Lagos bis zu dreißig Filialen haben. Außerdem boten größere Städte auch sonst mehr Arbeitsmöglichkeiten, auch wenn ich erst mal vermutlich durch die Straßen laufen und eine fachfremde Anstellung suchen musste.
    Meine Mutter dachte einen Augenblick nach.
    »Aber wo willst du wohnen? Du kannst dir keine eigene Wohnung leisten, und du kannst nicht wissen, wie lange du suchen musst, bis du Arbeit findest.« Sie hielt inne. »Die Einzige, die mir einfällt, ist Dimma. Aber das wäre gut, weil du bei ihr näher an den Ölgesellschaften bist, wenn sie dich zu Bewerbungsgesprächen einladen wollen.«
    Ich wusste, dass Tante Dimma mich sehr gern bei sich in Port Harcourt aufnehmen würde und dass ich bleiben könnte, solange ich wollte. Aber ich hatte eine andere Idee.
    »Wie wäre es mit Onkel Boniface?«, fragte ich.
    Mutter lachte und sah mich an, als wollte ich ihr weismachen, dass Christus mit K anfängt.
    »Im Ernst, Mama. Ich glaube, dass Lagos die beste Wahl wäre. Ich bin sicher, dass ich dort schnell Arbeit finde. Leute wie Arthur Anderson sollen angeblich jeden zum Bewerbungsgespräch einladen, der ein außergewöhnlich gutes Abschlusszeugnis vorzuweisen hat.«
    Onkel Boniface lebte eigentlich nicht allzu weit von uns entfernt in Aba. Aber er besaß auch ein Haus in Lagos, im Festac-Viertel, und dort wohnten seine Frau und die Kinder. Er würde vermutlich nichts dagegen haben, dass ich bei ihnen unterkam, denn schließlich stand er bei meiner Familie noch in einer Art moralischer Schuld. Er war der jüngste Bruder meiner Mutter, der außereheliche Sohn meines verstorbenen Großvaters, den er mit irgendeinem Flittchen aus dem Bundesstaat Rivers gezeugt hatte, die keine Igbo war. Vor Zorn über die Geschichte hatte die Familie meiner Mutter sich geweigert, Onkel Boniface als Angehörigen anzuerkennen. Und mein Großvater schaffte es aus Altersschwäche nicht mehr richtig, seinen jüngsten Spross zu erziehen. Die Familie fasste gemeinschaftlich einen Entschluss. Onkel Boniface zog zu uns. Über die Jahre kamen und gingen eine ganze Reihe solcher Verwandten, doch die Zeit mit Onkel Boniface hatte bei mir eine besonders eindrückliche Erinnerung hinterlassen.
    Ein paar Wochen nachdem er

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