Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy
Gesicht im Bett lag und man ihm Blut abgenommen und Schläuche in die Nase und die Venen am Handgelenk eingeführt sowie einen Katheter an seinen Penis angeschlossen hatte, machte Mister Nwude Anstalten zu gehen.
»Vielen herzlichen Dank für all Ihre Hilfe«, sagte meine Mutter zu ihm. »Wir sind wirklich sehr dankbar.«
»Gern geschehen, Madam«, erwiderte er. »Ich komme morgen wieder, um zu sehen, wie es ihm geht.«
»Mama, fahr du doch ruhig mit Mister Nwude nach Hause. Ich bleibe heute Nacht gern bei Vater.«
Meine Mutter setzte sich zu meinem Vater ans Bett und schüttelte energisch den Kopf. Der Entschluss in ihrem Gesicht stand so unverrückbar fest wie der Fels von Gibraltar. Ich begleitete Mister Nwude zum Parkplatz. Erst als er davongefahren war, fiel es mir auf: In allen Ecken und Winkeln lagen tatsächlich in Laken gehüllte Menschen auf Matten. Die Schwester hatte gar nicht sarkastisch sein wollen, als sie uns vorschlug, hier unten zu schlafen.
Die ganze Nacht hindurch fielen Mücken in Hundertschaften über uns her. Die Männchen summten uns schrille Liebeslieder in die Ohren, die Weibchen saugten Blut aus unseren bloßliegenden Armen und Füßen. Weil wir es leid waren, in die Luft zu schlagen und uns zu kratzen, machte meine Mutter das Fenster zu. Nur Minuten später hatten wir das Gefühl zu ersticken. Sie öffnete sie wieder. Die Mücken hatten eindeutig die Oberhand. Doch an irgendeinem Punkt müssen wir alles vergessen haben und eingeschlafen sein. Am Morgen schüttelte uns eine junge Schwester wach. Ich rieb mir die Augen und kratzte mich an einer roten Schwellung auf dem Handrücken.
»Sie sollten für Ihren Vater ein Moskitonetz mitbringen«, schlug die Schwester vor. »Und für sich selbst einen Ventilator. Auch wenn die NEPA den Strom abstellt, laufen hier im Krankenhaus, solange wir Benzin haben, die Generatoren von Mitternacht bis vier Uhr früh.«
»Um wie viel Uhr wird der Arzt, der ihn untersuchen soll, wohl kommen?«, fragte meine Mutter.
»Er kann jederzeit kommen.«
Die Schwester gab mir ein Blatt Papier. Ich studierte die handgeschriebene Liste. Zu den Dingen, die darauf vermerkt waren, zählten ein Paket Watte, eine Flasche Desinfektionsmittel der Marke Izal , eine Packung Injektionsnadeln, eine Packung Spritzen, eine Rolle Heftpflaster, Einwegkatheterbeutel, Bleiche, Handschuhe … »Was ist das?«, fragte ich.
»Das sind die Dinge, die wir zur Versorgung Ihres Vaters brauchen«, antwortete sie. »Alles, was Sie nicht in der Krankenhausapotheke bekommen, werden Sie anderswo in der Stadt kaufen müssen.«
Sogar Infusionslösung stand auf der Liste!
»Werden diese Dinge denn nicht vom Krankenhaus gestellt? Sind sie nicht Teil der Rechnung?«
»Es wird von allen Patienten erwartet, dass sie die Sachen selber kaufen.«
»Darf ich mal sehen?«, fragte meine Mutter. Ich reichte ihr die Liste.
»Und was wäre passiert, wenn er keine Verwandten dabei hätte?«, fragte ich. »Wer würde dann die Sachen kaufen müssen?«
»Wir nehmen keine Patienten auf, die nicht von Verwandten begleitet werden.«
Ihr Ton war jetzt eindeutig gereizt. Dass sich jemand, in dessen Hände ich das Leben meines Vaters legte, wegen einer solchen Kleinigkeit über mich ärgerte, war sicher das Letzte, was ich wollte. Meine Mutter schien den gleichen Gedanken zu haben. Sie gab mir die Liste wieder und stupste mich verstohlen ans Bein. Das war das Zeichen für mich, dass ich den Mund halten sollte.
Die Schwester zupfte an ein paar Schläuchen und guckte meinem Vater unters Hemd und in die Hose, dann verließ sie das Zimmer. Sobald sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte, sagte Mutter zu mir: »Kings, bitte, fahr schnell nach Hause und hol das Scheckbuch für das gemeinsame Konto. Es ist in meiner Truhe. Bring es sofort her, damit ich ein paar Schecks unterschreiben kann, und dann gehst du zur Bank, um Geld abzuheben.«
»Ich würde gern auf den Arzt warten, ehe ich gehe.«
»Bitte geh jetzt sofort. Du weißt, dass sie uns nur im Vertrauen aufgenommen haben.«
Auf dem Weg hinaus kam ich an einer Schwester vorbei, die einen quietschenden Rollstuhl schob. Er war hochbeladen mit grünen Krankenakten.
Bei der Bank führte die Schlange vorne aus der Eingangstür hinaus und von dort nach hinten um das Gebäude herum. Ach, wären meine Eltern doch bloß nicht immer so konservativ, sondern würden ihr Geld endlich zu einer der tüchtigeren neuen Banken tragen. Als ich fertig war, lief ich direkt zu
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