Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy
Quantum an Vieh und Schnaps beschenkten. Hinzu kamen die Ausgaben für die Todesanzeige, die Leichenhalle, das Grab, den Sarg und das Wohlergehen der Gäste, die von fern und nah kommen würden. Dass unser Haus im Dorf noch nicht fertig war, machte alles noch schwerer. Es war für unsere Gäste ungemein peinlich zu erleben, dass mein Vater auf einem Grundstück mit einem Haus bestattet wurde, das erst zu einem Drittel fertiggestellt war.
»Wir warten ab, wie viel unsere Verwandten beisteuern können«, erwiderte ich. »Aber in jedem Fall muss die Beerdigung sehr bald sein, weil wir nicht zu viel für die Aufbahrung in der Leichenhalle ausgeben wollen.«
»Wird es nicht …«
Eine ältere Frau kam herein und stimmte ein schwermütiges Lied an, das die Auferstehung der toten Gebeine verhieß. Beim Singen schwankte sie hin und her und weinte. Die meisten Mittrauernden fielen ein und sangen mit.
»Okpukpu ga-adi ndu ozo, okpukpu ga-adi ndu ozo, ok-pukpu ga-adi ndu ozo, okpukpu ga-adi ndu ozo …«
Ich wünschte, sie würden alle einfach gehen und uns in Frieden trauern lassen. Außerdem war der Wettstreit schon entschieden. Dramatischer und leidenschaftlicher zu trauern als die Schwestern meines Vaters war ein Ding der Unmöglichkeit.
»Ich muss gehen«, sagte Ola.
»Nein, bleib noch ein bisschen. Ich brauche dich jetzt.«
»Ich muss wirklich gehen. Ich kann nicht so lange bleiben.«
Ich folgte ihr vor die Tür. Wir gingen um das Haus herum. An der Straßenseite zog ich sie in das Treppenhaus, das zu den anderen drei Stockwerken führte. Dort war es still.
»Ola, du weißt wahrscheinlich gar nicht, wie sehr ich mich freue, dich zu sehen. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an dich denke.«
Sie schlug die Augen nieder. Ich berührte mit der Hand ihre Wange und sagte ihr, wie sehr ich sie liebte. Ich sagte ihr, mir sei klar, dass ihre Mutter Druck auf sie ausübe. Ich sagte ihr, ich würde nach Port Harcourt ziehen, ich würde definitiv bald eine Arbeit haben, wenn auch vielleicht nicht bei einer Ölgesellschaft. Ich sagte ihr, sie werde ihren Entschluss, noch ein Weilchen auf mich zu warten, bestimmt nicht bereuen. Kann sein, dass sie mir zuhörte, vielleicht aber auch nicht.
»Kings, es ist zu spät«, sagte sie, als ich fertig war.
»Was soll das heißen, zu spät?«
Sie blickte auf, ihre Augen waren traurig, ihre Augen waren ängstlich.
»Es tut mir leid«, sagte sie.
»Was tut dir leid?«
»Kings, ich werde demnächst heiraten.« Mir verschlug es vor Schreck die Sprache.
»Ich werde jemand anders heiraten. Es steht alles schon fest.« Sie stockte. »Es tut mir wirklich leid.«
Wann würde Ola lächeln und gestehen, dass dies alles nur ein überzogener Witz war? Vielleicht lag es mal wieder daran, dass sie von der Venus stammte. Dann blickte ich ihr in die Augen und erkannte, dass es kein Witz war. Ich hatte das Gefühl, in den Rücken gestochen, aufs Auge gehauen, mit einer Mörserkeule auf den Kopf geschlagen und in den Knöchel gebissen worden zu sein, und das alles gleichzeitig.
»Es tut mir leid«, sagte sie abermals.
»Was meinst du mit ›alles‹? Meinst du die Hochzeit?« Sie nickte.
»Sie haben meinem Vater Wein gebracht, und er hat ihnen ein Datum genannt.«
Ich schwieg und schwieg weiter und hörte nicht auf zu schweigen. Doch früher oder später verliert die Hässlichkeit des Lebens ihre Schockwirkung. Nach einer Weile war ich bereit, den Rest zu hören.
»Und wie lange kennst du diesen Mann schon?«
Sie seufzte, als wäre sie erleichtert, dass wir endlich die höchste Hürde genommen hatten.
»Ich kenne ihn schon länger«, sagte sie. »Aber ernst geworden ist es erst kürzlich.«
Aha! Die Armbanduhr von Dolce & Gabbana und die Gucci -Schuhe und die Fendi- Handtasche. Der Mann meinte es offensichtlich ernst.
»Wer ist es?«
»Du musst nicht …«
»Sag’s mir einfach … Wer ist es?«
»Was fängst du damit an, wenn du es weißt? Willst du ihm eine Bombe ins Auto legen?«
Aha. Der Mann hatte sogar ein Auto. Alle meine Gefühle zogen sich zu einem geballten Knoten Zorn zusammen.
»Ich bin nur neugierig. Was soll die Geheimhalterei? Ihr werdet doch auch nicht heimlich heiraten, oder?«
Sie zuckte die Achseln.
»Wahrscheinlich hast du recht. Er heißt Udenna. Ich weiß nicht, ob du von Ude Maximum Ventures gehört hast. Er ist der Besitzer.«
Natürlich hatte ich von UdeMax gehört. Sein Logo prangte auf etlichen Bussen, die Fahrgäste von Ostnigeria nach Nordnigeria
Weitere Kostenlose Bücher