Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy
bisherigen Erfahrungen fürchte ich, dass ich denunziert werde, falls ich jemanden kontaktiere, der uns kennt. Bitte verraten Sie mich nicht.
Vor einiger Zeit habe ich von dem Geld meines verstorbenen Gatten den Betrag von $58 000 000,00 (achtundfünfzig Millionen USD) bei einer Sicherheitsfirma deponiert, deren namen ich Ihnen erst mitteilen kann, wenn ich mir sicher bin, dass ich Ihnen vertrauen kann. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie diese Gelder in Empfang nehmen und sicher verwahren würden. Für Ihre freundliche Unterstützung hätten Sie Anspruch auf 20 Prozent des Gesamtbetrags.
Ich hatte niemals die Absicht, dieses Geld anzurühren, das risikolos im Tresor dieser Sicherheitsfirma liegt. Doch aufgrund unserer aktuellen Lage bleibt mir keine andere Wahl. Wir brauchen dringend Geld. Mein Sohn Mohammed ist im Gefängnis schwer erkrankt, und seine Anwälte nehmen uns aus. Das Problem ist, dass ich nicht an dieses Geld herankann, weil alle Reisepässe, die Mitgliedern meiner Familie gehören, von dieser Regierung so lange einbehalten werden, bis sie mit uns fertig ist.
Von dieser Regelung wüssten nur Sie, der jüngere Bruder meines Gatten (der den Kontakt zu Ihnen halten würde) und ich. Da ich ständig überwacht werde, würde der Bruder meines Gatten sich direkt an Sie wenden. Er heisst Shehu. Shehu ist für mich wie ein Bruder. Die nigerianische Regierung weiss nichts von diesem Geld, niemand sonst weiss davon, es gibt also nichts zu befürchten.
Falls Sie mir nicht helfen möchten, verraten Sie mich bitte nicht. Tun Sie einfach so, als hätten wir nie über diese Angelegenheit gesprochen. Doch ich wäre Ihnen überaus dankbar und würde mich Ihnen erkenntlich zeigen, wenn Sie mir helfen könnten, meiner Familie wieder Leben und Hoffnung zu geben.
Entsprechende Vorkehrungen zur Übergabe des Geldes sind bereits getroffen. Es ist keinerlei Risiko damit verbunden.
Ich erwarte dringend Ihre Zusage. Bitte antworten Sie direkt an diese E-Mail-Adresse. Shehu wird Ihnen an meiner Stelle antworten.
Hochachtungsvoll Ihre Hajia Mariam Abacha
Ich sah meinen Mauspfeil über dem Sendeknopf schweben. Auf die Tausende von Mails, die ich jeden Tag heraushaute, erhielt ich nur ganz wenige Antworten. Aber war einmal ein Anfangskontakt hergestellt, lag die Wahrscheinlichkeit eines Treffers bei 70 Prozent. Auch nach all diesen Monaten war mir bei dem Gedanken an die jähen Veränderungen, die meine E-Mails im Leben eines Fremden auslösen konnten, immer noch ein wenig unwohl.
Die Frau in Wisconsin hatte meine Geschichte über den Geschäftskunden von mir geschluckt, der im Urlaub in Südfrankreich urplötzlich an einem Herzanfall gestorben war. Mein Geschäftskunde habe keine nächsten Verwandten angegeben. Das Festgeldguthaben auf seinem heimischen Bankkonto stehe bei $19 Millionen (USD). Falls sie zu dem großen Opfer bereit sei, als nächste Verwandte aufzutreten, würden wir den Gewinn 60/40 teilen. Aber zuerst müsse sie eine Vereinbarung unterzeichnen, in der sie mir zusicherte, mir meine 60 Prozent zu überweisen, sobald sie das Geld auf ihrem Konto hatte. Nach einem kürzeren E-Mail-Wechsel gab mir die freundliche Dame die Erlaubnis, ein paar Dokumente zu fingieren, die ihr einen Rechtsanspruch auf das Geld verschafften. Dann ging ich aufs Ganze.
Liebe Mirabelle,
vielen Dank für Ihre freundliche Hilfe und Ihr Einverständnis, mit mir in dieser heiklen Angelegenheit zusammenzuarbeiten. Ich habe die Überweisung der Gelder bereits in die Wege geleitet. Könnten sie bitte viertausendfünfhundert Dollar ($4500 USD) für die Ausstellung des Totenscheins schicken? Schicken Sie auch vier Exemplare Ihres aktuellen Passfotos mit.
Bitte tun Sie das unverzüglich, damit keine Verzögerung entsteht. Das Guthaben wird binnen sieben Werktagen an Sie überstellt.
Ich erwarte dringend Ihre Antwort.
Hochachtungsvoll Ihr Osondiowendi
Sie spielte Volleyball.
Als der Western-Union -Angestellte seine 5 Prozent Schweigegeld abgezogen und mir den Rest ausgehändigt hatte, hielt ich das Geldbündel umklammert und kniff fest die Augen zu. Ich kann nicht genau sagen, wie lange ich dort stand. Schließlich kam ich wieder zu mir und schlug die Augen auf. Das Geld war noch da. Mir war danach, in die Luft zu springen, zu jubeln, durch die Straßen zu laufen und »Tor!« zu schreien. Endlich war das Gedenkbuch des Herrn aufgeschlagen worden, und das Glück hatte meinen Namen gerufen. Die Sonne lugte zum Fenster des muffigen
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