Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy
Woche Geld geben würde? Kannst du dir das vorstellen? Du könntest sogar beschließen, nie wieder zu arbeiten, und einfach das Gratisgeld einstreichen. Die würden dir sogar ein Haus geben.«
Ich war nicht beruhigt. Er schien es mir am Gesicht ansehen.
»Okay«, fuhr er fort. »Du bist doch zur Schule gegangen, nicht wahr? Hat man dir dort nichts vom Sklavenhandel erzählt?«
»Doch.«
»Wer waren die Leute dahinter? Und die ganzen Sachen, die sie aus Afrika gestohlen haben, haben sie uns dafür entschädigt?«
»Aber Cash Daddy, kannst du dir vorstellen, was passiert, wenn ihr …«, ich kannte Ehemänner und Freunde und Liebhaber, aber das Wort »Partner« kam in meinem Wortschatz nicht vor, »… wenn ihr Mann das rauskriegt? Lassen wir es wenigstens bei dem, was wir ihr bis jetzt abgeknöpft haben, und versuchen …«
»Kings, manchmal mache ich mir große Sorgen um dich. Deine Einstellung ist überhaupt nicht geldfreundlich. Wenn du so weitermachst, dann wird das Geld einfach aus dem Fenster springen, wenn es dich ins Zimmer kommen sieht.«
Er funkelte mich grimmig an, dann zuckte er die Achseln, als wollte er schließlich nachgeben.
»Okay. Da du es nicht zu würdigen weißt, dass Gott dir diese Chance gegeben hat, ein für allemal die Armut deiner Familie abzuschütteln, zerbrich dir halt weiter den Kopf über irgendeine hergelaufene Oyibo-Frau in Amerika. Zerbrich dir den Kopf über sie und vergiss deine eigene Schwester und deine Mutter.«
Cash Daddy hatte recht. Nicht für meine Familie sorgen zu können war die wahre Sünde. Also hatte ich nach und nach gelernt, nicht mehr an die Mugus zu denken und mich auf die Sachen zu konzentrieren, auf die es wirklich ankam. Durch mich war meine Familie jetzt sicher wie die Schildkröte in ihrem Panzer. Meine Mutter konnte endlich mit der Pfennigkrämerei in ihrer Schneiderei aufhören und anfangen, die Zeit zu genießen, die ihr noch vom Leben bleiben würde. Meine Geschwister konnten sich ganz und gar auf ihr Studium konzentrieren, ohne sich um die Kosten zu sorgen.
Mirabelle hatte ihre Probleme, ich hatte meine.
Plötzlich hörte ich ein Geräusch, bei dem mir das Wasser im Mund zusammenlief. Mein Kopf fuhr vom Computerbildschirm hoch. In diesem Geschäft war das Klingeln des Telefons – ob Mobil oder Festnetz – die wahre Musik. Es war der Ruf zur Ordnung. Buchi, die an dem Schreibtisch mit den fünf Telefonen und den Faxgeräten saß, hörte auf zu kauen, klebte ihren Kaugummi mit der Zunge ans Handgelenk und klatschte dann kurz in die Hände, um alle zu alarmieren.
»Pssssssst!«, machte sie nachdrücklich.
Alle Gespräche verstummten.
Wir saßen zu fünft in diesem Raum, den Cash Daddy die Central Intelligence Agency getauft hatte. Die Rezeptionistin, das Dienstpersonal, die Otimkpu in ihren dunklen Anzügen, deren Hauptaufgabe es war, die Ankunft ihres Herrn zu verkünden und sicherzustellen, dass sein Erscheinen allseits bemerkt wurde, sie alle hielten sich im Vorzimmer auf. Buchi nahm alle Anrufe entgegen und vermittelte sie weiter. Je nachdem, wen sie an der Leitung hatte, konnte sie behaupten, sie spreche als Angestellte des Finanzministeriums, der Nigerian National Petroleum Corporation oder der nigerianischen Zentralbank … Nachdem sie jetzt gewartet hatte, bis der Geräuschpegel im Büro auf ein geschäftsdienliches Niveau gesunken war, räusperte sie sich und nahm ab.
»Guten Morgen. Wie kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie mit klarer, professioneller Stimme.
Buchi hatte einen Abschluss in Kommunikationswissenschaft von der Abia State University in Uturu.
»Ja«, sagte sie. »Ja«, sagte sie nochmals.
Während sie zuhörte, nickte sie und kritzelte eifrig etwas auf einen Notizblock. Buchi nahm ihren Job sehr ernst.
»Sehr schön. Wenn Sie bitte einen Moment warten würden, ich verbinde Sie mit dem zuständigen Mitarbeiter in der Abteilung.«
Sie drückte den Stummschalter und hielt mir den Apparat hin.
»Kings«, flüsterte sie, obwohl es streng genommen nicht nötig war, »es ist Bens Raffinerie-Mugu.«
Ben arbeitete in der Putzkolonne. Außer uns in der CIA durften auch alle anderen – Otimkpu, Wachposten, Fahrer, das Reinigungspersonal, der Koch, die Rezeptionistin, die Jungen, die in Cash Daddys Haus lebten – eigene Briefe verfassen und schicken, an wen sie wollten. Wie Cash Daddy immer sagte, da draußen gab es mehr als genug Mugus für uns alle. Doch sobald ein Kontakt zustande kam und es so aussah, als könnte dabei
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