Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy
wilden Westen Nigerias. Neben den üblichen Unruhen und Störungen bei der Eintragung in die Wählerlisten war es heute Morgen im Bundesstaat Ekiti zur Ermordung eines weiteren Bewerbers um einen Sitz im Repräsentantenhaus gekommen. Dieser letzte Anschlag erhöhte die Gesamtzahl der politisch motivierten Morde im Land auf dreiundzwanzig. Allein während dieses Wahlkampfs.
In verschiedenen Kampagnen waren die Bürger dazu aufgefordert worden, sich in die Wählerlisten eintragen zu lassen. Die Plakate und die Aufrufe in Rundfunk und Fernsehen erklärten, Wählen sei Bürgerpflicht und die einzige Möglichkeit, einen politischen Wandel herbeizuführen. Anscheinend sprach die Öffentlichkeit gut darauf an. Eine Reporterin war in einer Registrierstelle in Enugu aufgetaucht und interviewte die Massen.
»Wie lange warten Sie hier schon?«, fragte sie.
Im Hintergrund war das Raunen einer Menschenmenge zu hören.
»Ich bin schon seit sechs Uhr früh hier«, antwortete der Mann.
»Das heißt, Sie warten schon seit ungefähr zehn Stunden.«
»Das ist meine Bürgerpflicht«, erwiderte er stolz. Der hagere Mann hatte den salbungsvollen Ton meines Vaters à la »Nigeria ist ein Land, darin Flaschenmilch und Honig in verschlossenen Gläsern fließen«. »Das jetzige Regime hat nichts für uns getan, und es wird Zeit, dass sich etwas ändert. Ich bin bereit, jeden Preis zu bezahlen, um wählen zu können.«
Schade, dass so ein beredter Mann auf das ganze politische Geschwätz hereinfiel. Das Einzige, was einen Wandel bewirkte, wo ein Wandel nötig war, war die Kraft des Geldes.
Mein Handy klingelte. Ich langte über die breite Matratze hinweg und schnappte es vom Rand meines sechsten Kissens weg. Echte Daunen. Beste Qualität.
»Wo bist du?«, bellte Cash Daddy.
»Ich bin zu Hause.«
»Ich komme gerade vom Golfclub«, sagte er. »Die lassen da nicht jeden rein, der Mitglied werden will. Ich fahre jetzt ein Mädchen besuchen, … dieses hübsche Ding aus Liberia, das mir unbedingt ein Kind schenken will. Sie hat heute Geburtstag.«
Er hielt inne. Ich wusste, dass das nicht alles gewesen sein konnte.
»Ehrlich gesagt, würde ich ihr ja erlauben, mir ein Kind zu schenken, aber Liberia ist zu weit weg. Du weißt ja, wie Frauen sind. Eines Tages wacht sie auf und will mit meinem Kind nach Liberia zurück, und das kommt für mich nicht infrage. Die sprechen da alle so komisch. Ich werde mich bei ihrem Geburtstag nicht lange aufhalten. Ich will nur mein Gesicht zeigen und ihr ein bisschen Taschengeld zustecken. Von dort fahre ich direkt nach Hause. Komm bei mir vorbei.«
Der Wächter von Cash Daddys Villa riss das Tor auf, noch bevor ich hupte. Ich parkte meinen Grand Cherokee Jeep neben Cash Daddys jüngstem Acura . Ich ging hinein und schritt auf die Treppe zu. Die vier jungen Männer am Esstisch begrüßten mich eifrig. Ich murmelte eine Entgegnung und nahm auf dem Weg nach oben drei Stufen auf einmal. Ich sah mich in Cash Daddys Schlafzimmer um. Dann schob ich die Tür zum Bad auf. Er stand unter der Dusche und schrubbte sich.
»Kings, Kings! Wie geht’s?«
»Gut, danke …«
»Hast du was von Dibia wegen der Dokumente für dein britisches Visum gehört?«
»Ja. Er sagt, sie wären bald fertig.«
»Sehr gut, sehr gut.« Er musterte mich von Kopf bis Fuß und drohte mir mit dem Finger. »Sieh zu, dass du dir was Anständiges zum Anziehen kaufst, bevor wir fahren. So kann ich mich nicht mit dir sehen lassen.«
Cash Daddy hielt inne, um sich unter den Armen einzuseifen, während ich mein Hemd inspizierte – neu, aber offensichtlich nicht gut genug. Nun ja, um die Wahrheit zu sagen, war ich trotz meiner Swatch und meines Lexus noch nicht völlig in die Gewohnheit verfallen, Unsummen für Sachen wie Kleidung auszugeben. Einige von Wizards und Ogbonnas Hemden kosteten so viel wie die Studiengebühren meiner Geschwister für zwei volle Semester.
»Sobald wir wieder da sind«, fuhr Cash Daddy fort, »sag ihm, dass er sich an die Dokumente für dein amerikanisches Visum machen soll. Die dürften ein bisschen länger dauern. Du weißt ja, die Amerikaner sind da viel heikler.«
Ich nickte. Ich hatte gehört, dass die amerikanischen Botschaftsbeamten die einzigen waren, die sich nicht im Austausch für Visa schmieren ließen und bei gefälschten Dokumenten niemals ein Auge zudrückten. Selbst einen Termin bei einer ihrer Botschaften zu bekommen, sei es in Abuja oder Lagos, konnte Monate dauern. Da war Dibias
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