Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy
erst sicher sagen, wenn der Vorsitzende sie gesehen hat«, erklärte er. Es war stets ratsam, für künftige Forderungen vorzusorgen.
Oben im Hotelzimmer warf mir Cash Daddy eine der Rolex -Uhren zu.
»Schmeiß das Ding weg, das du am Arm hast«, sagte er. Ich tauschte die Uhren sofort aus. Meine neue Rolex war so wunderbar wie Aladdins Ring. Doch statt die Swatch wegzuschmeißen, würde ich sie an Godfrey weiterreichen. Das war etwas, das alle an Cash Daddy mochten. Er spielte nicht falsch. Anders als manche Paten, die ihre Versprechungen vergaßen, wenn es ans Absahnen ging, sorgte Cash Daddy immer dafür, dass jeder, der bei einer Sache mitmachte, seinen gerechten Anteil erhielt.
Auf seine besondere Weise war mein Onkel eine ehrliche Haut.
27
Alles strömte hinaus, um zu schauen. Ben, der Putzmann, hatte sein erstes Auto gekauft, es war ein Tokunbo, ein Gebrauchtwagen also, und zwar ein Mercedes-Benz der E-Klasse. Von Cotonou über die Grenze geschmuggelt.
Er war am Morgen damit zur Arbeit gekommen, in sämtliche Büros gestürzt und hatte uns aufgefordert, gucken zu kommen. Er werde alle im Haus zum Mittagessen einladen, hatte er erklärt.
»Gut gemacht«, sagte Wizard.
Wir umstanden bewundernd das Auto und gratulierten Ben. Aber von seinem Putzlohn konnte er ein solches Auto unmöglich unterhalten. Er arbeitete jetzt seit drei Jahren in der Firma, und der Raffinerie-Mugu war sein erster Treffer – ein sehr bescheidener, musste man dazusagen. Wenn er nicht bald den nächsten landete, konnte es sein, dass er, um den Wagen auch zu fahren, seine Frau und seine neun Kinder für Ersatzteile und Benzin verhökern musste. Aber weswegen sollte ich mir Gedanken darüber machen, wofür ein anderer erwachsener Mann seine hartverdienten Dollars ausgeben wollte?
»Ihr hättet mal sehen sollen, wie alle bei mir in der Siedlung gucken gekommen sind, als ich das Auto vor meinem Haus geparkt habe«, sagte er. »Von jetzt an werden alle immer ›Yes, Sir!‹ zu mir sagen.«
Wir lachten. Alle außer Azuka. Er lehnte die Einladung zum Mittagessen ab, genau wie ich. Schließlich saßen wir beide allein in der Central Intelligence Agency .
»Azuka, alles okay mit dir?« Er seufzte.
»Was ist los? Du bist schon den ganzen Morgen schlecht gelaunt.«
Er zischte. Er klang niedergeschlagen.
»Kings, mein Bruder. Ich weiß nicht, was aus mir werden soll. Jetzt hat Ben schon ein Auto gekauft, und ich sitze immer noch hier, schreibe Briefe und muss mich von Weißen beleidigen lassen. Was ich auch anfasse, … kpafuka!«
Es stimmte, Azuka konnte einem leidtun. Wenn er sein Leben erzählte, kam jedes Mal ein neues betrübliches Detail zum Vorschein. Im letzten Jahr seines Jurastudiums war er wegen Verstrickung in einen Geheimkult von der University of Calabar relegiert worden. Er ging nach Spanien. Zwei Jahre später wurde er wegen eines Verkehrsdelikts angehalten und verhaftet, weil er kein gültiges Visum im Pass hatte. Nachdem er monatelang in einem spanischen Gefängnis gefoltert worden war, schob man ihn nach Nigeria ab. Hier fing er wieder an, für Cash Daddy zu arbeiten, und in den letzten vier Jahren hatte er keinen einzigen Treffer gelandet.
»Azuka, hör zu. Das liegt nicht in deiner Hand. Du hast keine Kontrolle darüber, was für ein Mugu dir über den Weg läuft. Du musst einfach beten, dass dir der richtige in die Hände fällt.«
Er riss abrupt den Kopf herum.
»Kings, das ist keine Frage von Mugu ja oder nein. Echt nicht. Kurz bevor ich bei Cash Daddy anfing, hatte ich das Glück, einem Mugu, den ich in einem Chatroom kennenlernte, 400 Dollar abzuknöpfen. Als ich gerade aus der Filiale der Western Union kam, hielten mich zwei Polizisten an und nahmen mir das ganze Geld ab, als ob sie auf mich gewartet hätten. Das ist mir zweimal so passiert.«
Man brauchte kein besonderer Unglücksrabe zu sein, um solche Sachen zu erleben. Das war der Grund, warum Leute Schutz bei Paten wie Cash Daddy suchten. Wenn Cash Daddy seine Drähte zog, schlossen sich Polizistenaugen und Western-Union -Münder. Solche Dienste waren in den 60 Prozent enthalten, die er von jedem Cent abzwackte, den wir verdienten. Mit seinen Prozenten bestritt er auch die Ausgaben für gefälschte Dokumente und Papiere, Telefonrechnungen, Internet usw. Das Geschäft, das wir betrieben, war kostenaufwendig. Man musste die finanzielle Munition haben, um die Kanone dauerhaft krachen zu lassen.
»Das hätte jedem passieren können«, erwiderte
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