Die Meerhexe
seinem zum Stehen kam.
»Hier drüben«, rief Roomer leise. Mitchell kam zu ihm herüber und dann beobachteten beide, wie die weißgekleidete Gestalt den Rolls verließ und im Hubschrauber verschwand. »Ich denke, damit ist die Fuhre komplett.«
»Und woraus besteht sie?«
»Aus weiteren einundzwanzig Personen. Ich kann es nicht beschwören, aber mein Instinkt sagt mir, daß es sich nicht um ehrliche, aufrechte Bürger handelt. Es heißt doch allgemein, daß jeder Multimillionär seine eigene Privatarmee hat, und ich habe das Gefühl, daß ich gerade Lord Worths Mannen besichtigen durfte.«
»Der zweite Hubschrauber hat mit der ganzen Sache nichts zu tun?«
»Ganz im Gegenteil – er ist der Star der Show: er ist bis unter den Rotor mit Waffen vollgestopft.«
»Das allein ist noch kein Verbrechen. Es könnte sich um einen Teil der privaten Sammlung des Lords handeln – immerhin besitzt er eine der größten Sammlungen der Vereinigten Staaten.«
»Es ist Privatleuten nicht gestattet, Bazookas, Maschinenpistolen und hochexplosiven Sprengstoff zu sammeln.«
»Glaubst du, er hat sie sich ausgeliehen?«
»Ja – aber nicht gegen Quittung.«
»Im nächsten Regierungsarsenal?«
»Ich würde es fast annehmen.«
»Da drüben rührt sich noch nichts. Vielleicht wollen die zu einer ganz bestimmten Zeit starten. Das kann also noch eine Weile dauern. Gehen wir doch zu einem unserer Wagen und rufen die Gesetzeshüter her.«
»Der nächste Armeeposten liegt sieben Meilen von hier.«
»Richtig.«
Die Männer hatten zwei Schritte in Richtung auf ihre Wagen gemacht, als die Motoren der beiden Helikopter losdonnerten. Sekunden später hoben die Hubschrauber vom Boden ab.
»Na, es war ja auch nur so ein Gedanke«, sagte Mitchell.
»Schau dir das an«, sagte Roomer, »die ehrlichen, gottesfürchtigen Bürger haben alle erforderlichen Positionslichter gesetzt.«
»Klar – damit niemand in sie reinkracht.« Mitchell dachte nach. »Wir könnten den nächsten Luftwaffenstützpunkt anrufen und die beiden Hubschrauber zur Landung zwingen lassen.«
»Mit welcher Begründung?«
»Wegen Diebstahls von Eigentum der Regierung.«
»Wir haben doch keine Beweise – nur unsere Behauptung. Und wenn sie hören, daß der Lord an Bord ist – denkst du, sie werden zwei verkrachten Polizisten, wie wir es sind, mehr glauben als ihm?«
»Stimmt – ein ernüchternder Gedanke. Hast du dich schon jemals wie ein Paria gefühlt?«
»Bis zu diesem Moment nicht. Ich komme mir so verdammt hilflos vor. Komm, wir wollen versuchen, ein paar Beweise aufzutreiben. Wo ist das nächste Arsenal?«
»Ungefähr eine Meile von der Garnison entfernt.«
»Warum richten die bloß ihre Arsenale nicht auf dem Garnisionsgelände ein?«
»Es kann vorkommen, daß mal ein Arsenal in die Luft fliegt – wie würde es dir gefallen, in einer überfüllten Kaserne zu sitzen, wenn unmittelbar neben dir alles explodiert?«
Roomer richtete sich aus der gebückten Stellung auf, in der er an dem Schloß des Haupttores herummanipuliert hatte, und steckte den riesigen Schlüsselbund wieder ein, für dessen Besitz ihn jeder schlechtgelaunte Polizist ohne Haftbefehl hinter Gitter hätte bringen können.
»Ich dachte, ich könnte die Tür mit einem der Schlüssel aufkriegen, aber es geht nicht. Wo der passende Schlüssel sich im Augenblick befindet, ist nicht schwer zu erraten.«
»Wahrscheinlich hat er schon eine Flugreise vom Helikopter zum Wasser des Golfs angetreten.«
»Anzunehmen. Die Tür zum Laderaum ist durch das gleiche Schloß gesichert. Und die Fenster sind alle vergittert. Du hast nicht zufällig eine Stahlsäge dabei?«
»Das nächste Mal bringe ich bestimmt eine mit, ich verspreche es dir.« Mitchell leuchtete mit seiner Taschenlampe in eines der Fenster hinein, aber alles, was er sah, war sein Spiegelbild. Er nahm seine Pistole und schlug mit dem schweren Griff mehrere Male gegen das Glas, aber ohne nennenswerten Erfolg. Denn das Fenster lag ein gutes Stück hinter dem Gitter, und so kamen die Schläge sehr gedämpft an.
»Was machst du da bloß?« fragte Roomer.
»Ich versuche, das Glas zu zerschlagen«, antwortete Mitchell geduldig.
»Auch wenn du es kaputt kriegst – hinein kommst du trotzdem nicht.«
»Das nicht, aber ich kann dann besser sehen und auch etwas hören, falls es etwas zu hören gibt. Ich möchte wissen, ob das normales oder Panzerglas ist.«
»Woher soll ich das wissen?«
»Da hast du auch wieder recht. Paß auf, ich
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