Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Meerjungfrau

Die Meerjungfrau

Titel: Die Meerjungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
leer
fand. Es konnte sich nur um Sekunden handeln, bis er unter das Bett blickte.
    Er stand am unteren Ende, seine
Füße waren höchstens zwanzig Zentimeter von meinem Kopf entfernt. Verzweifelt
streckte ich den Arm aus, erwischte ihn an den Knöcheln und zerrte daran. Er
fiel mit einem Krach, der das Mobiliar erzittern ließ, auf den Boden, sein
heiserer Fluch brach mitten im Wort ab, als ihm beim Aufprall zischend die Luft
aus den Lungen entwich.
    Ich kroch unter dem Bett hervor
und stand auf. Gleichzeitig hörte ich, wie der andere sich ebenfalls aufraffte.
Ich versuchte, es bis zu der Kommode zu schaffen, in der meine Pistole lag,
aber er stürzte sich auf meinen Rücken wie eine tobende Furie. Seine Finger
krampften sich in meine Kehle, die andere vergrub sich in mein Haar und riß
meinen Kopf zurück. Ich spürte, wie mir das Wasser aus den Augen lief.
    Wenigstens war es nur Wasser.
Ein paar Sekunden länger im Bett dort, und es wäre Blut gewesen — mein Blut.
    Ich spreizte die Beine,
streckte die Arme hindurch und packte erneut die Beine des Mannes. Als ich
diesmal zerrte, fiel er nicht allein auf den Boden. Dort rollten wir umher,
knurrend und uns im Dunkeln herumwindend. Er war klein, aber stark und drahtig.
Kein Laut war im Zimmer zu hören außer unserem gelegentlichen Anprall gegen die
Möbel, das Knurren und Keuchen. Seine Hände hatten meine Kehle aufs neue
erwischt, und ich spürte, wie mir der Atem aus den Lungen gepreßt wurde.
    Ich packte seine Handgelenke
und versuchte, sie wegzudrücken, aber meine Handflächen waren naß und schlüpfrig. Verzweifelt ließ ich seine Gelenke los,
streckte beide Arme aus und schlug ihm mit den Handkanten unterhalb des
Brustkastens heftig gegen seine Seiten.
    Mit einem unterdrückten Stöhnen
ließ er meinen Hals los. Ich merkte, daß er aufstand und auf das Fenster zutaumelte , aber meine Beine gehorchten nicht. Es gelang
mir nicht, aufzustehen.
    Als ich es schließlich doch
geschafft hatte, war er durch das Fenster verschwunden. Ich stolperte hinter
ihm her. Mein Fuß stieß gegen etwas. Ich bückte mich und hob es auf. Dann wußte
ich, warum der Mann seinen Auftrag nicht vollends mit der Waffe beendet hatte —
beim ersten Hinfallen war ihm der Revolver aus der Hand geflogen. Nun hatte ich
ihn, und wenn ich mich nicht irrte, so war das Ding, was ich da in der Hand
hielt, die Mordwaffe, aus der in Joe Baxters Wohnung auf mich geschossen worden
war.
    Als ich ans Fenster kam,
hallten seine Schritte auf den Eisenstufen der Feuertreppe wider. Ich beugte
mich gerade noch rechtzeitig hinaus, um ihn unten ankommen zu sehen.
    Ich konnte wegen des dürftigen
Lichts nicht sicher sein, aber es schien mir, als sähe er genau
so wie der Bursche aus, der versucht hatte, mir in Noreen Baxters
Wohnung das Lebenslicht auszublasen.
    Ich ging ins Wohnzimmer und goß
mir ein großes Glas Whisky ein. Dann kehrte ich ins Schlafzimmer zurück und
untersuchte, was die Kugel mit meinem Kopfkissen angestellt hatte. Ich schob es
beiseite und tastete mit den Fingern in das Loch, das in die Matratze gerissen
worden war. Nach einiger Zeit gelang es mir, die Kugel herauszuholen.
    Sie war perfekt, beinahe
unversehrt.
    Ich ließ sie in meiner
Handfläche hüpfen. Es war ein merkwürdiges Gefühl, zu wissen, daß sie dafür
vorgesehen gewesen war, mir ein drittes Auge zu bescheren — mitten zwischen die
beiden anderen. Die Vorstellung ließ den Gedanken, ins Bett zurückzukehren,
nicht sonderlich einladend erscheinen. Außerdem hatte mir der Killer für diese
Nacht ohnehin meine Abenteuer im Harem verpfuscht.
    Also tröstete ich mich mit dem
Whisky und blieb sitzen, bis das Tageslicht vor dem Fenster draußen die Landschaft
erst in trübes Grau und dann in ein ganz besonders unattraktives llosa tauchte. Wenn ich je etwas an der Morgendämmerung gehaßt habe — dann die Tatsache, daß sie immer alles so
aussehen läßt, als hätte es die ganze Nacht über im Freien herumgelegen.
     
     
     

SIEBENTES KAPITEL
     
    Es schien mir etwas
unzivilisiert, zu der unziemlichen Zeit von acht Uhr dreißig morgens in der
Polizeizentrale aufzukreuzen, deshalb wartete ich bis acht Uhr vierzig, bevor
ich den Porsche in die abgegrenzte Lücke rollen ließ, die mit »Parken zu keiner
Zeit gestattet« bezeichnet war.
    Ich halte es nur für fair, die
städtischen Behörden in der einen oder anderen Form zu bezahlen, sofern ich
ihre Annehmlichkeiten in Anspruch nehme. Das ist eine Eigentümlichkeit

Weitere Kostenlose Bücher