Die Meerjungfrau
bei
Polizeibeamten«, sagte ich verbittert. »Als ob ich nicht schon genügend Ärger
hätte.«
Er setzte sich wieder und
beobachtete die Jungen von der technischen Abteilung, die das Zimmer auf der
Suche nach Fingerabdrücken bestäubten. Während in unbehaglicher Nähe des
Sitzplatzes, den ich bei meinem vorhergehenden Besuch innegehabt hatte,
Fotoaufnahmen dieser Abdrücke gemacht wurden, zog Sam eine mitgenommen
aussehende alte Briar -Pfeife aus der Tasche. »Woher
haben Sie diese Kugel, die Sie im Büro für mich hinterlassen haben, Max?«
»Jemand brach gestern nacht in Joe Baxters Wohnung ein. Ich brachte Mrs. Baxter nach Hause. Es wurde auf mich geschossen, ich
habe die Kugel aus der Holzverkleidung gebohrt. Können Sie was damit anfangen?«
Er vergrub den Pfeifenkopf in
einem Lederbeutel und begann, ihn zu füllen. »Sie paßt zu dem Geschoß, das wir
aus Hank Fishers Leiche herausholten.«
»Das weist mit Sicherheit auf
den Zusammenhang zwischen Baxters Verschwinden und Fishers Tod hin«, sagte ich.
Deane steckte die Pfeife
zwischen die Zähne und ließ die im Pfeifenkopf entstandene Flüssigkeit brodeln.
»Es sieht ganz so aus, als ob Ihr Fall jetzt mein Fall wäre«, knurrte er.
Ich nickte zustimmend. »Schon
möglich, Sam. Es müßte sonst eine unwahrscheinliche Häufung von Zufällen sein.«
»Ich glaube nicht an Zufälle,
nur an Tatsachen. Wenn Sie mir sagen, was Sie herausgefunden haben, kann ich
vielleicht meinerseits was bieten.«
Ich erzählte ihm die
Geschichte. Der Auftraggeberin der Agentur schadete das nichts, und wenn Millhound sich schon beim Commissioner beschwerte, konnte etwas Zusammenarbeit mit Sam ebensowenig schaden.
Er rauchte schweigend vor sich
hin, während ich berichtete. Die Luft war blau vor Rauch, als ich schließlich
am Ende angekommen war. »Sehr interessant«, brummte er.
»Okay. Ich habe jetzt meinen
Spruch aufgesagt. Wie wär’s, wenn jetzt Sie sich offenbarten und mir ein paar
Informationshappen zukommen ließen?«
»Was zum Beispiel?«
»Was Sie zum Beispiel über Hank
Fisher wissen.« Ich durchsuchte meine Taschen nach einer Zigarette und steckte
sie, als ich eine gefunden hatte, in meinen Mundwinkel. »Alles, was ich bisher
herausgefunden habe, ist, daß er eine Frau mit der Figur eines Engels und mit
der Zunge einer Viper hat. Nachdem ich mich mit ihr unterhalten hatte, könnte
ich es ihm nicht verübeln, wenn er sich aus reinem Selbsterhaltungstrieb in den
Fluß geworfen hätte.«
»Kein Gedanke, Max. Vergessen
Sie nicht, daß Hank Fisher ein Loch im Kopf hatte, bevor er ins Wasser geworfen
wurde. Er war da bereits tot.«
»Okay, ich bin überzeugt. Er
ist also ermordet worden.«
Sam zog die Brauen zusammen.
»Sie waren hoffentlich aufrichtig mir gegenüber — in Ihrem und meinem
Interesse.«
»Ich habe Ihnen eben alles
gesagt, was ich weiß.«
»Über Baxter?« Seine Augen
forschten in meinem Gesicht. »Glauben Sie, er hat Fisher umgebracht? Daß er
deshalb geflüchtet ist?«
»Was mich anbetrifft, so wird
er einfach vermißt , Sam«, sagte ich vorsichtig. »Wir
werden dafür bezahlt, daß wir ihn finden — das ist alles.«
Er brummte und stand auf.
»Gehen wir«, sagte er. »Die Szenerie hier deprimiert mich.«
Das hatte etwas für sich. Ich
folgte ihm, und wir gingen die Treppe hinaus auf den Gehsteig.
»Wir haben früher schon
zusammengearbeitet, Sam«, sagte ich. »Es besteht kein Grund, das nicht wieder
zu tun.«
»Vielleicht.« Sam schien nicht
sonderlich beeindruckt. »Aber mißverstehen Sie mich
nicht, Max, ich erwarte wirkliche Zusammenarbeit!«
Ich versuchte, verletzt
dreinzublicken. »Verlassen Sie sich darauf.«
»Hoffentlich kann ich das«,
sagte er. »Im gegenteiligen Fall müßte ich es dem Commissioner berichten, und das würde ihm nicht gefallen — ebensowenig wie Ihnen selber oder Ihrer Agentur.«
»Das ist die Woche der
Beschwerden über Royal«, sagte ich. »Beteiligen Sie sich ruhig — alle übrigen
tun’s auch schon.«
»Im Ernst?« sagte er.
Ich sah zu, wie er hinten in
den Streifenwagen stieg, und kehrte dann zu meinem eigenen Wagen zurück. Es war
ein langer Tag gewesen. Jetzt wollte ich nach Hause, um, in meinem Bett
schlafend, eine lange Nacht daraus zu machen.
SECHSTES KAPITEL
A ls ich in meine Wohnung
zurückkehrte, war mir gar nicht mehr nach schlafen zumute. Ich suchte und fand
im Radio Cool Jazz, goß mir ein großes Glas Scotch ein, zog mich aus und meinen
Pyjama an und legte mich auf
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