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Die Meerjungfrau

Die Meerjungfrau

Titel: Die Meerjungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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Umschlag ließ er das flachgedrückte
Stück Blei gleiten, das ich aus der Holzverkleidung in Joe Baxters Wohnung
herausgebohrt hatte. »Das ist die, mit der man auf Sie geschossen und verfehlt
hat.« So wie er es sagte, gewann ich den Eindruck, daß er die mangelnde
Zielsicherheit bedauerte.
    Er nahm die drei Kugeln, ging
zu einem an der Wand stehenden Apparat, und paßte zwei der Kugeln ein. Er adjustierte ein Okular und spähte hindurch. Nachdem er
eine Weile mit Wählscheiben herumgefummelt hatte, blickte er stirnrunzelnd auf.
    »Sie stammen aus derselben
Waffe.«
    »Sind Sie da sicher?«
    Winters nickte, während er die
Kugel aus Baxters Wohnung in die Hand nahm. »Sie paßt zu der Kugel, mit der
Fisher getötet wurde. Ich werde sie noch einmal mit der Kugel aus Baxters
Wohnung vergleichen.« Er ersetzte das Geschoß durch das andere und preßte die
Augen an das Okular. Dann blickte er auf. »Sehen Sie selber.«
    Ich ging hinüber und brachte
mein Gesicht nahe an die Linsen. Das Bild war geteilt. Oben war die Kugel aus
meiner Matratze, unten die aus Joe Baxters Wand. Es war deutlich zu erkennen,
daß die Riefen und Kratzer, die vom Lauf der Waffe stammten, bei beiden
Geschossen identisch waren. Ich richtete mich auf und nickte.
    »Wenn wir jetzt bloß die Waffe
bekommen könnten«, brummte Winters.
    Ich öffnete meine Jacke und zog
den Fünfundvierziger heraus, den der kleine Mann auf
meinem Schlafzimmerboden hinterlassen hatte. »Darf ich Sie einladen?« Als er
danach griff, zog ich sie weg. »Unter einer Bedingung — lassen Sie mich Sam
Deane darüber berichten.«
    Er runzelte die Stirn. »Ist das
irgendeine krumme Tour von Ihnen?«
    »Sie sollten doch Bescheid
wissen, Lenny. Mache ich jemals krumme Touren?«
    »Klar, ich kenne Sie doch.
Deshalb frage ich ja.«
    »Hören Sie, Lenny«, sagte ich,
»glauben Sie vielleicht, daß ich mich vor einen Burschen stellen möchte, der
sein Bestes getan hat, um mich über den ganzen Fußboden zu verspritzen?«
    Er versuchte das zu verdauen
und zuckte dann die Schultern. »Vielleicht bin ich verrückt. Aber ich werde es
machen. Nur stelle ich auch eine Bedingung: Wenn Sie dem Lieutenant nicht
binnen vierundzwanzig Stunden Bescheid sagen, tu’ ich’s.«
    Ich nickte. »Abgemacht!«
     
    Um zehn Uhr herrschte in der Detektivagentur
Cramer die heitere Atmosphäre eines Bestattungsinstituts am Ende eines
ungewöhnlich gesunden Winters.
    Ich ließ die Schwingtür hinter
mir zufallen und ging zu Pats Schreibtisch. Das einzige Zeichen des
Wiedererkennens bestand darin, daß sie ihren Rock vorsichtig über die Knie zog.
    »Wer ist denn gestorben?«
fragte ich.
    »Das möchte ich lieber nicht
sagen«, antwortete sie gleichmütig. »Aber an Ihrer Stelle würde ich mir im
Augenblick keinen neuen Anzug kaufen. Ich glaube nicht, daß Sie noch Zeit
hätten, ihn zu tragen. Mr. Cramer hat mit dem Polizeicommissioner gesprochen. Oder genauer ausgedrückt — der Commissioner hat mit Mr. Cramer gesprochen.«
    »Und das alles an einem Tag«,
sagte ich. »Ich glaube, ich werde Mr. Cramer heute lieber nicht stören — ich
verdufte einfach und renne davon.«
    »Zu spät!« sagte sie. »Vor fünf
Minuten kamen strikte Anweisungen. Ich soll Sie in Mr. Cramers Büro führen,
sobald Sie eingetroffen sind, und hinterher alle Schreie, die von innen
herausdringen, ignorieren — es handle sich dabei sowieso lediglich um die
Ihrigen. Wie klappte denn die gemeinsame Nummer mit Muggs ?«
    »Die ganze Geschichte ist
flachgefallen«, sagte ich. »Man hat mir erklärt, daß ich ganz bestimmt nicht hier
arbeiten würde, wenn ich genügend Intelligenz hätte, um mit einem Schimpansen
Duette zu singen.«
    »Gehen Sie schon rein, Max
Royal«, sagte sie und wies auf das innere Heiligtum. »Die Geschäfte drängen.
Sie müssen gehen, und ich muß bleiben, um hinterher die Reste zusammenzukehren,
die von Ihnen übriggeblieben sind.«
    Ich ging rückwärts in Cramers
Büro, weil ich mir überlegte, daß ich andernfalls sein Gesicht sehen und mich
dieser Anblick enervieren würde.
    Dann schloß ich die Tür und
blieb ein paar Sekunden lang in ihren Anblick versunken stehen.
    »Sie!« sagte Cramer mit vor
Emotionen geladener Stimme. »Warum wollen Sie mich ruinieren, Max?«
    »Ich bin nur ein kleiner
Angestellter«, sagte ich, »der versucht, seine Arbeit zu tun und...«
    »Klein stimmt«, sagte er.
»Schwachsinnig träfe es auch. Sie rücken Millhound auf den Pelz, und er beschwert sich beim Commissioner .
Damit

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