Die Meerjungfrau
die Couch.
Das war eine Form des Daseins,
an die ich mich gern auf Dauer gewöhnt hätte. Vorausgesetzt, daß es keine
Unterbrechungen gäbe.
Es gab eine. Das Telefon
klingelte. Ich schleppte mich zum Apparat und hob den Hörer ab.
»Ja?« brummte ich.
Keine Antwort. Ich fragte »Wer
ist da?« — erneut, ohne eine Antwort zu erhalten. Ein leises Klicken ertönte,
als der Hörer am anderen Ende der Leitung aufgelegt wurde.
Ich kehrte zur Couch zurück und
ließ mich wieder mit meinem Scotch darauf nieder. Gerry Mulligan war Shearing gewichen, und die Musik paßte genau zu dem leichten, trockenen, eisgekühlten Scotch.
Ich döste ein und erwachte dann
plötzlich, um mir einen frischen Drink einzugießen. Irgendein Individuum im
Radio brummelte eine Menge Unsinn über progressiven Jazz und neue Richtungen,
und ich schaltete ab. Allmählich fand ich es an der Zeit, schlafen zu gehen.
Ich lag ungefähr fünf Minuten
lang im Bett und dachte an Helena Cartwright, dann schwebte ich in meine Technicolor -Träume hinüber. Es handelte sich um die
verbesserte Version eines alten Drehbuchs.
Royal saß auf einem mit
Troddeln versehenen Kissen, und so weit das Auge
reichte waren schöne Mädchen zu sehen — goldhaarige dunkelhaarige, blonde,
rothaarige, jede einzelne schöner als die vorhergehende.
Ich klatschte in die Hände, und
sie erhoben sich und begannen, den Tanz der Sieben Schleier zu tanzen — nur daß
sie lediglich sechs benutzten.
Ich nippte Whisky aus einem
großen, kalten Glas, paffte an meiner Wasserpfeife und streckte die Beine aus.
Ein kleiner Negerjunge kam mit einem Fächer und begann zu fächeln.
Der Tanz war vorüber, und ich
winkte meiner Lieblingsfrau. Sie war nicht dieselbe wie im letzten Traum, aber
sie war ebenso schön, und ich beschwerte mich nicht.
Sie ließ sich zu meinen Füßen
nieder und begann mit meinen Zehen zu spielen — nicht sehr lange, denn sie wand
sich allmählich aufwärts, bis sie schließlich mein Kinn streichelte und süße
Nichtigkeiten über das Grübchen in meinem Kinn murmelte.
Ihre Finger kitzelten mich am
Ohr und begannen, mir durchs Haar zu streichen. Sie wandte das Gesicht zu mir
empor — und ich sah, daß es Helena Cartwright war!
»Was tust du denn hier?«
keuchte ich.
»Ich will nur Eurem Vergnügen
dienen, großer Herr«, schnurrte sie.
»Dann fang an zu dienen«,
befahl ich.
»Was möchte Eure Majestät am
liebsten haben?«
Ich grinste verschmitzt. »Was
wohl?«
»Oh, der große Herr ist heute in
spielerischer Laune«, sagte sie. »Also muß ich auch spielen.«
»Das kann ich ertragen, Baby«,
sagte ich grinsend. »Laß deinen Zauber auf mich wirken, der große Herr wird
sich von ihm durchdringen lassen.«
Sie schmiegte sich enger an
mich, ihre scharlachroten Lippen berührten mein Kinn, bewegten sich nach unten,
weich, sanft. Ich wollte mich umdrehen, um sie in die Arme zu nehmen, als ich
plötzlich aufwachte. Irgendein wenn auch leises Geräusch war in mein Unterbewußtsein gedrungen. Ich lag still, öffnete lediglich
die Augen und sah mich um.
Nichts innerhalb meines
Blickfeldes bestätigte mein Gefühl, daß ich nicht mehr allein im Zimmer war.
Mondlicht fiel in Sprenkeln ins Zimmer — ich sah die vertrauten Umrisse des
Mobiliars an den gewohnten Stellen. Fast war ich bereit, meine Empfindungen auf
etwas, das ich gegessen hatte, zu schieben. Dann sah ich ihn plötzlich.
An der Wand gegenüber zeichnete
sich ein fremder Schatten ab. Er war undeutlich zu sehen, nichts als ein
verschwommener großer Fleck. Aber ganz gewiß gehörte er nicht ins Zimmer.
Meine Ohren, nun plötzlich
geschärft, vernahmen ein dumpfes Klicken — das Geräusch eines Revolvers, der
entsichert wurde.
Ich warf mich auf die rechte
Seite und rollte aus dem Bett.
Der Knall des Revolvers klang
in dem geschlossenen Raum wie ein Kanonenschuß .
Niemand brauchte mir zu erzählen, daß die Kugel aus einer Waffe dieses Kalibers
da, wo kurz zuvor mein Kopf geruht hatte, ein Loch von der Größe eines
Baseballs gerissen hatte. Aber, zum Teufel — es war leichter, ein Loch im
Kissenbezug zu stopfen als zu versuchen, das Gehirn wieder in ein Loch
einzupassen, das ein solches Geschoß in meinen Kopf gebohrt hätte.
Ich konnte den schlurfenden
Schritt des Mannes mit dem Revolver hören, als er auf das Bett zuging, um sich
vom Erfolg seiner Arbeit zu überzeugen.
So leise wie möglich robbte ich
unters Bett. Ich konnte seinen unterdrückten Fluch hören, als er das Bett
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