Die Meerjungfrau
daß sie nicht
unzeitgemäß ins Gras beißt. Da sie diejenige ist, die das Geld in den Auftrag
steckt, wäre uns das doch kaum recht, wenn ihr etwas zustieße. Wie?«
»Geld?« Cramer begann Interesse
zu zeigen. »Sie haben recht, Royal! Tom Farley hat nicht das geringste zu tun — außer daß er die Unkosten erhöht. Ich
werde ihn gleich in Trab setzen.«
»Lassen Sie ihn in regelmäßigen
Abständen anrufen, Paul«, schlug ich vor. »Ich kann dasselbe tun und auf diese
Weise verfolgen, was er unternimmt. Dann gibt’s kein Durcheinander.«
»Ich werde in jedem Fall dafür
sorgen«, sagte Cramer. »Sonst verzieht er sich in die nächste Bar und bleibt
dort für die nächsten zwei Tage.«
Ich verließ das Büro und machte
mich auf den Weg zu einem Mann namens Amos Hackett ,
dessen Haus einige Kilometer außerhalb der Stadt lag — eine Gegend, wie sie
sich für einen Bankier der Wall Street oder einen kleineren Gangster schickte.
Amos Hackett war keins von beidem — deshalb gab es
auf seinem Grundstück ein paar Verfeinerungen, die man bei einem Bankier nicht
gefunden hätte.
Die erste war ein das gesamte
große Grundstück umgebende Steinmauer, auf der oben Glasscherben einbetoniert
waren. Das zweite war ein hohes solides Eisentor, das die Zufahrt versperrte.
Das dritte war ein Pförtnerhäuschen.
Ich hielt vor dem Tor und
streckte den Kopf zum Wagenfenster hinaus. Aber erst als ich hupte, rührte sich
etwas im Pförtnerhäuschen.
Ein schlanker Mann trat in die
Sonne heraus, runzelte die Stirn und schützte die Augen gegen das blendende Licht
auf der weißen Betonauffahrt.
Dann schlenderte er langsam auf
mich zu. »Wo fehlt’s Mister?« fragte er ruhig.
»Mein Name ist Royal«, sagte
ich.
»Zu dieser Jahreszeit kaufen
wir nichts«, sagte er grinsend.
»Ein Jammer!« sagte ich. »Sie könnten
‘ne neue Fliege gebrauchen — Ihre hat einen Fettfleck.«
Es ist schwierig, auf eine
Fliege zu schauen- ich meine, wenn man sie umgebunden hat. Der Mann versuchte
es, und er stand dabei so nahe neben dem Wagen, daß ich ihn packen konnte. Das
tat ich auch in dem Augenblick, als er versuchte, auf seine Fliege hinunterzuschielen . Ich zerrte ihn zum Wagen her und schlug
ihm einmal mit dem Handrücken und einmal mit der Innenfläche über den Mund.
Dann zog ich ihn ans Fenster
heran, so daß er dicht gegen die Tür gepreßt dastand, damit er keine Dummheiten
machte — wie zum Beispiel nach der Ausbuchtung unter seiner linken Achselhöhle
zu greifen.
»Sie Würstchen«, sagte ich
freundlich. »Wenn ich einen Komiker brauche, dann versuche ich’s beim
Fernsehen.«
Sein Gesicht verzerrte sich,
während er versuchte, den Griff um seine Jackenaufschläge zu lösen. Ich riß ihn
ein paarmal gegen die Seite des Wagens und sprach dann weiter.
»Ihre Ohren, mein Freund«,
sagte ich. »sitzen ganz nahe an ihrem Kopf, also will ich zu Ihren Gunsten
bezweifeln, daß Sie mich gehört haben. Ich werde lauter sprechen — ich möchte
hinein! Haben Sie das gehört?«
»Lassen Sie mich los, Mister«,
sagte er verbittert. »Ich habe Sie gehört.«
»Okay«, sagte ich. »Ich lasse Sie
los — und Sie gehen sofort hinüber zum Wächterhaus und öffnen das Tor. Okay?«
»Ich habe Anweisung, daß
niemand unangemeldet hereindarf.«
»Ich bin angemeldet«, sagte
ich. »Schieben Sie ab.«
Ich schubste ihn vom Wagen weg,
und er ging auf die Knie. Für alle Fälle zog ich die Zweiunddreißiger unter meinem Arm hervor und hielt sie gerade so über den Fensterrand, daß er
sie sehen konnte.
Er blieb auf den Knien und
überlegte. Man konnte es beinahe hören. Dann stand er auf und ging unsicheren
Schritts auf das Häuschen zu.
Das Stahltor mußte elektronisch
funktionieren. Es öffnete sich mit einem sanften Schnurren.
Ich legte den Gang ein und fuhr
mit dem Wagen durch.
Die Betonzufahrt erstreckte
sich zwischen Strand- und Alaska-Pinien hindurch bis zum Haus. Da, wo der Beton
endete, begann ein roter Kiesweg, der sich zu einer kreisförmigen Auffahrt
teilte, in deren Mitte sich ein Springbrunnen befand und hinter der breite,
flache Stufen zu der schönen, im Frühkolonialstil erbauten Villa hinauf
führten.
Während ich das Haus mit seiner
weißen Fassade, den zwei zylinderförmigen Säulen neben der Eichentür und seiner
zweistöckigen Pracht betrachtete, wurde mir klar, warum die Bewährungshelfer
für jugendliche Delinquenten solche Mühe haben, ihren Schützlingen klarzumachen,
daß Verbrechen sich nicht auszahlt. Ich
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