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Die Meerjungfrau

Die Meerjungfrau

Titel: Die Meerjungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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recht. Und wenn er recht hatte, so mußte er über Helena Bescheid
wissen.
    Ich nahm den Telefonhörer ab
und wählte Deanes Nummer. Ich hatte sie erst halb gewählt, als ich die Tür
unten gehen hörte. Ich legte leise den Hörer auf und schlich aus dem vom
Mondlicht erhellten Teil des Zimmers in die Schatten neben der Tür.
    Ich konnte Schritte hören, die
sich unsicher auf der Treppe näherten, so wie die eines Mannes, der sich im
Dunkeln seinen Weg tastet.
    Dann rief eine Stimme:
»Helena?«
     
     
     

NEUNTES KAPITEL
     
    I ch zog die Pistole unter meinem
linken Arm hervor und blieb starr gegen die Wand gepreßt stehen. Die Stimme rief
erneut Helenas Namen, und dann näherten sich die Schritte.
    Ich hielt die Zweiunddreißiger in Höhe des Türknaufs, wobei ich spürte,
wie meine Nerven mit meinem Rückgrat Verstecken spielten.
    Die Schritte waren jetzt im
Zimmer zu hören, und plötzlich sah ich einen großen breitschultrigen Mann vor
mir.
    »Bleiben Sie, wo Sie sind«,
sagte ich.
    Er fuhr herum und stürzte sich
auf mich. Ich fiel unter ihm zu Boden. In den ersten fünf Sekunden erkannte
ich, daß ich es mit einem Burschen zu tun hatte, der um sein Leben kämpfte. Ich
versuchte, die Pistole in die Höhe zu bringen, um ihm eins auf den Kopf zu
geben, aber er hielt meinen Arm gegen den Boden gepreßt. Mit seiner freien Hand
versuchte er, meinen Kopf in den Teppich zu drücken. Es gelang mir, ein Knie
anzuziehen und zuzustoßen. Er fiel zurück und ließ meinen Arm los.
    Ich setzte mich auf. »Okay,
Baxter«, sagte ich. »Noch eine Bewegung und Sie sind tot.«
    Er stand schwankend auf, ein
großer dunkler Fleck in dem matt erhellten Raum. Er hielt den Kopf vorgestreckt,
als versuchte er, mich zu sehen, und ich konnte seinen ruckweisen Atem hören.
    Ich stand auf und schob ihn mit
dem Lauf der Zweiunddreißiger in die Mitte des
Zimmers zurück. Er atmete nach wie vor schwer, und ich war überzeugt, er würde
sich auf mich stürzen, sobald er konnte.
    »Immer mit der Ruhe, Baxter«,
sagte ich. »Bis vor ganz kurzem stand ich auf Ihrer Seite. Alles, was ich jetzt
hören möchte, ist Ihre Geschichte.«
    »Wer sind Sie?« fragte er mit
ausdrucksloser Stimme.
    »Royal — Max Royal. Ihre Frau
hat mich beauftragt, Sie zu suchen.«
    »Sind Sie Polizeibeamter?«
    »Privatdetektiv«, sagte ich.
»Und allmählich verliere ich die Geduld. Heraus mit der Geschichte, Baxter!«
    »Sie arbeiten mit der Polizei
zusammen«, sagte er leise. »Scheren Sie sich zum Teufel! Kein Polyp wird mir
jemals glauben!«
    »Vielleicht nicht«, sagte ich.
»Aber es besteht eine Chance — eine winzige Chance—, daß ich es tun werde.«
    Er brummte etwas, was ich nicht
verstand. »Sehr wahrscheinlich«, murmelte er. »Vermutlich kann ich niemandem
trauen. Seien Sie ehrlich, Royal: Hat Helena Cartwright Ihnen verraten, daß ich
kommen würde?«
    »Klar!« sagte ich. »Aber Sie
sind auf dem Holzweg, Baxter. Helena ist tot.«
    Ich dachte, die Nachricht würde
ihn erstarren lassen. Aber keineswegs. Er fuhr auf mich los wie eine
Sprungfeder, die man zuvor aufgerollt hatte. Ich spürte, wie die Pistole aus
meiner Hand geschleudert wurde, als er mir mit der Faust aufs Handgelenk
schlug. Dann raste er auf die Treppe zu.
    Ich rannte hinter ihm drein.
Als ich auf dem Korridor angelangt war, hörte ich seine schweren Schritte in
der Dunkelheit die Treppe hinabpoltern.
    Ich erreichte die erste Stufe,
und damit hatte sich’s. Ich glitt aus und stürzte hinab, mich um mich selber drehend,
und auf jeder einzelnen Stufe mit dem Kopf aufschlagend. Schwarze, von Blitzen
durchzuckte Wolken explodierten in meinem Gehirn. Ich merkte, wie ich auf dem
ersten Treppenabsatz ankam, und dann siegte die völlige Dunkelheit.
    Stunden schienen vergangen zu
sein, bevor das Bewußtsein wiederkehrte. Mein
Hinterkopf pochte. Ich versuchte, die Augen zu öffnen, aber ein gleißender
Blitz, dessen Ausgangsbasis hinter meinen Pupillen zu liegen schien, ließ mich
aufstöhnen und zurücksinken.
    Einen Augenblick lang blieb ich
liegen und wartete, bis sich das Schwindelgefühl gelegt hatte. Schließlich
schaffte ich es, die Augen ohne den zuckenden Blitz zu öffnen. Eine Seite
meines Kinns fühlte sich warm und klebrig an, und der Schmerz in meinem
Hinterkopf machte fast jedes Denken unmöglich. Mechanisch tastete ich mich nach
irgendwelchen gebrochenen Knochen ab, fand aber nichts.
    Ich wartete noch ein bißchen,
dann gelang es mir, langsam aufzustehen. Einen Augenblick lang

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