Die Meerjungfrau
deswegen keine Sorgen. Ich glaube, daß ihm jemand das Ganze in die Schuhe
schieben möchte. Es wird vielleicht ein paar Schwierigkeiten mit der Polizei
geben, aber alles wird gut ausgehen.«
Ich wünschte, ich hätte mich so
zuversichtlich gefühlt wie ich redete.
Sie schwieg wieder, und ich glaubte
sie seufzen zu hören.
»Wissen Sie, wem Joe seine
Kanone verkauft hat? War es ein Armeerevolver?«
»Ich habe ihn danach gefragt«,
antwortete sie. »Sehen Sie, ich wollte das Ding nicht gern in der Wohnung
herumliegen haben, weil — nun, alles mögliche konnte
passieren. Joe erzählte mir, er hätte den Revolver an jemanden aus dem Studio
verkauft.«
»Aber er hat nicht gesagt, an
wen?«
»Nein.«
»War es ein Armeerevolver?«
»Das weiß ich nicht sicher,
aber ich glaube, ja. Joe hat ihn jedenfalls aus dem Krieg heimgebracht.«
»Okay«, sagte ich. »Ich werde
Sie bald besuchen, Mrs. Baxter. Bis dahin... Und
machen Sie sich keine Sorgen.«
Ich legte auf und setzte mich
hin, die Füße auf dem Schreibtisch. Auf der Uhr vor mir war es fünf Uhr
dreißig. Ich stand auf und ging im Zimmer auf und ab. Irgendwo in meinem Unterbewußtsein nagte etwas Beunruhigendes, aber ich kam
nicht dahinter, was es war.
Ich wählte Helenas
Privatnummer. Fünf Minuten lang ließ ich es klingeln, aber es erfolgte keine
Antwort.
Dann saß ich vor dem Schreibtisch
und lauschte auf die Stille, bis ich es satt hatte. Dann kam ich zu dem Schluß,
daß ich die ganze Nacht über hier sitzen konnte, ohne zu einem Ergebnis zu
kommen.
Ich ging zur Tür, trat auf den
Korridor hinaus und wollte eben die äußere Tür zumachen, als das Telefon wieder
klingelte. Ich kehrte ins Vorzimmer zurück und nahm den Hörer ab.
»Max?« Es war Helena.
»Ja«, sagte ich. »Ich habe
versucht, dich zu erreichen.«
»Tut mir leid — ich bin
weggewesen. Sehen wir uns heute abend ?«
»Warum nicht? Soll ich zu dir
kommen?«
»Ja, ausgezeichnet«, sagte sie.
»Sagen wir halb acht — acht?«
»Gut«, sagte ich.
Ich schloß das Büro ab und ging
die Treppe hinunter zu meinem Wagen. Dann fuhr ich in meine Wohnung, duschte
mich und zog mich um.
Da Farley meiner Ansicht nach
inzwischen zu Hause sein mußte, rief ich dort an. Keine Antwort. Darüber machte
ich mir weiter keine Sorgen. Er hatte Helena wahrscheinlich nach Hause
begleitet, und nun war er entweder mit einer Blondine ausgegangen oder er
betrank sich zur Feier des ausgehenden Tages.
Noch während ich mich anzog,
klingelte das Telefon. Ich ging ins Wohnzimmer. In der Erwartung, daß es Farley
oder Cramer sein würde, nahm ich den Hörer ab.
»Max — hier Helena!« Ihre
Stimme klang erregt. »Joe Baxter hat mich eben angerufen! Er kommt um sieben in
meine Wohnung.«
»Baxter? Süße, ich bin schon
unterwegs.«
Ich legte auf, nahm meine Zweiunddreißiger zu mir und fuhr mit dem Wagen ab, bevor
sie auch nur Zeit gehabt hatte, einzuhängen.
Es war um sieben Uhr herum, als
ich vor Helenas Haus hielt. Ich stieg aus und ging auf dem mit Steinfliesen
belegten Weg zur Haustür. Ich hatte ein seltsam beklemmendes Gefühl in der
Brust — wie ich es seit meiner ersten Verabredung nicht mehr gehabt hatte. Es
konnten im übrigen ebensogut Verdauungsbeschwerden sein.
Die Tür war angelehnt. Ich
entsann mich meiner Manieren und drückte auf den Klingelknopf. Drinnen erklang
das Glockengeläute, aber niemand kam.
Wenn Helena oben war, konnte sie
vielleicht das Geläute nicht hören. Also stieß ich die Tür auf und trat in die
Diele.
Alles war dunkel, total dunkel
— bis auf das blasse Mondlicht, das durch ein Fenster links hinten in der
großen Diele drang.
Ich blieb stehen und zog mit
der Rechten die Zweiunddreißiger heraus. Ich wollte
eben rufen, und mein Mund formte bereits die Worte, aber dann blieb ich stumm.
Hier stimmte etwas nicht! Ich
war zu lange in meiner Branche tätig, um so etwas nicht zu wittern.
Die Erregung zog mir den Magen
zusammen — so krampfhaft, daß es weit schlimmer als eine Verdauungsstörung
wirkte.
Ich wich an die Wand zurück und
tastete mit meiner freien Hand nach dem Lichtschalter, der meiner Ansicht nach
dort irgendwo sein mußte. Ich fand ihn und schaltete ihn an. Nichts geschah.
Ich versuchte es mit einem anderen, darunterliegenden Schalter und dann einem
dritten — nichts erfolgte, lediglich das dumpfe Klicken unterbrach die Stille.
Gegen die Wand gepreßt, blieb
ich stehen und lauschte. Nichts.
Ich versuchte, mich zu orientieren.
Rechts von der großen,
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