Die Meerjungfrau
dagegen einzuwenden, daß ich für einen anderen als
für Sie mein Geld ausgebe.«
»Na klar!«
»Falls Sie es noch nicht wissen
sollten — Cole hat selber Geld — eine ganze Menge sogar.«
»Genügend, um sich heftig von
Erpressern ausnehmen zu lassen?«
Sylvia stand auf. Ihre Nüstern
waren leicht gebläht, ihre Lippen gegen die Zähne gepreßt. Sie blickte auf mich
herab, als sei ich ein Wurm, den sie demnächst zu zertreten gedächte.
»Wovon reden Sie denn
eigentlich?« fauchte sie.
»Von dem, wovon wir gestern abend schon gesprochen haben, Süße — von der
heimlichen Tonbandaufnahme. Erinnern Sie sich?«
Sie lachte nicht mehr, sondern
wurde plötzlich still. Dann sagte sie: »Vielleicht könnten Sie mir mal
erzählen, um was es sich handelt. Bis jetzt haben wir bloß Unsinn geredet — nun
möchte ich Bescheid wissen. Ich liebe diesen Burschen.«
»So wie Sie sich selber lieben?«
sagte ich.
»Er ist ein Dreckskerl, aber er
gehört mir — und dabei wird es auch bleiben, denn Sylvia Kain legt keiner rein.«
Ich lachte. »Sie sollten
Werbetexte singen.«
»Max Royal«, sagte sie, »bitte
halten Sie den Mund. Und erzählen Sie mir von dieser Erpressungsgeschichte.«
»Im Ernst?«
»Im Ernst. Ich weiß, daß Cole
in den letzten paar Tagen etwas bedrückt — und es war nicht das Tonband, das
dieser Bursche heimlich von Cole und Helena aufgenommen hat.«
»Warum glauben Sie das?«
»Ich kenne ihn doch — und zwar
gut. Er ist ein Dreckskerl, schön—, aber er hat auch ein Herz. Und er ist
jemand, der Angst haben kann.«
»Und er hat Angst?«
Sie nickte, »Er hat Angst.«
»Und er möchte gern wissen, was
ich über gewisse Leute weiß«, sagte ich vorsichtig.
»Was soll das heißen?« sagte
sie kalt.
»Genau das, was Sie vermuten,
Süße«, sagte ich. »Nämlich, daß die Masche, Betrunkensein zu markieren, die
Flucht aus dem Nachtklub, die Tatsache, daß Sie wußten, daß ich Ihnen und
Jordan gefolgt bin, Ihre Begierde, die Fakten des Lebens kennenzulernen, nur
Theater und ein Zeichen dafür waren, wie interessiert Sie beide sind.«
Das schwarze Abendkleid
bauschte und wellte sich an verschiedenen einschlägigen Stellen, und ihre Augen
blitzten.
»Sie sind ein Lügner, Royal«,
sagte sie heiser. »Und Sie sind völlig übergeschnappt, wenn Sie sich einbilden,
Cole sei an Ihnen interessiert. Was könnten Sie schon wissen, was für Cole
interessant wäre?«
»Zum Beispiel, wer ihn erpreßt
und warum«, sagte ich. »Und ob ich weiß, wer Helena Cartwright umgebracht hat.«
Mir war sofort klar, daß sie
das nicht gewußt hatte — daß sie nichts von Helenas Tod gewußt und keine Ahnung
hatte, wovon ich sprach.
»Tot?« flüsterte sie. »Helena?«
»Wußten Sie das nicht? Hat es
Ihnen Jordan nicht erzählt?«
Sie schüttelte benommen den
Kopf. »Nein, murmelte sie. »Er wußte es gar nicht — oder?«
»Fragen Sie ihn selber«, sagte
ich.
Sie wandte sich von mir ab und
setzte sich wieder auf die Couch. Starr blickte sie auf den Teppich vor meinen Füßen.
Das einzige Geräusch war das einer Platte, die auf den Plattenteller fiel.
»Warum sollte irgend jemand sie umbringen wollen?« fragte sie
schließlich.
»Auch das können Sie Jordan
fragen«, sagte ich.
Sie blickte mich an. »Geben Sie
mir noch einen Whisky«, sagte sie. »Und zum Teufel damit!«
Ich grinste. »Mit dem Whisky?«
»Mit Jordan«, murmelte sie.
»Und mit Helena Cartwright — und mit Ihnen auch.«
»Offenbar sind wir jetzt mit
der Welt in schönstem Einklang?«
»Wir wollen uns betrinken«,
sagte sie, »bis zur Sinnlosigkeit besaufen.«
»Ist das eine Lösung des
Problems?«
»Wer braucht schon eine Lösung
des Problems?«
»Ich«, sagte ich mit
Festigkeit.
»Na gut — ich werde Ihnen dabei
helfen. Gießen Sie uns bloß was zu trinken ein. Und vergessen Sie nicht«, fügte
sie leise hinzu, »Sie waren es, der sagte, der ganze Tag läge noch unberührt
vor uns.«
Sie stand auf und packte mich
an den Schultern. Ihre Augen waren feucht von Tränen, aber sie glänzten, als
sie ihr Gesicht dem meinen entgegenhob . Ich spürte,
wie eine ihrer Hände sich um meinen Hals schob, während sie sich auf die
Zehenspitzen stellte.
Dann klingelte das Telefon.
Ich ließ es klingeln.
»Gehen Sie hin«, murmelte
Sylvia. »Es könnte wichtig sein.«
»Wichtiger als die Lösung des
Problems?«
»Ich werde warten, Max«, sagte
sie leise.
Sie löste die Arme von mir und
schenkte sich selbst ein Glas Whisky ein. Während
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