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Die Mehrbegabten

Die Mehrbegabten

Titel: Die Mehrbegabten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Thors Provoni war. Wahrscheinlich schon längst tot, auf irgendeinem luftleeren Planetoiden irgendwo weit entfernt gestorben.
    Polizeidirektor Lloyd Barnes sagte kalt: »Sprechen Sie von Medienverlautbarungen, Sir?«
    Grem lachte. »Erzählen Sie mir, was TV und Zeitungen jetzt so plappern.« Er hätte natürlich sein eigenes Fernsehgerät einschalten können, sogar ohne sich aus dem Bett zu erheben. Aber es machte ihm Freude, seinen steifen Polizeidirektor wegen Thors Provoni zu quälen. Die Farbe von Barnes’ Gesicht erwies sich gewöhnlich auf morbide Art als interessant. Und Grem konnte als Außergewöhnlicher höchsten Grades das Chaos im Gehirn des Mannes aus erster Hand genießen, wenn es sich mit dem flüchtigen Verräter befaßte.
    Schließlich war es Direktor Barnes gewesen, der Thors Provoni vor zehn Jahren aus einem Bundesgefängnis entlassen hatte. Als wiederhergestellt.
    »Provoni wird uns erneut knapp entwischen«, sagte Barnes düster.
    »Warum behaupten Sie nicht, er sei tot?« Das würde ungeheure psychologische Auswirkungen auf die Bevölkerung haben – und zwar in einer Richtung, die Barnes gerne verfolgt hätte.
    »Wenn er hier wieder auftauchte«, hielt ihm Barnes entgegen, »wäre das Fundament unserer Situation gefährdet. Er brauchte nur aufzutauchen, um – «
    »Wo ist mein Frühstück?« fragte Grem. »Sagen Sie den Leuten, sie sollen es bringen.«
    »Ja, Sir«, erwiderte Barnes gereizt. »Und was wünschen Sie? Eier und Toast? Gebratenen Schinken?«
    »Gibt es denn wirklich Schinken?« fragte Grem. »Also Schinken, und drei Hühnereier. Aber achten Sie darauf, daß nichts Ersatzware ist.«
    Barnes, der seine Dienerrolle nicht gerade genoß, murmelte: »Ja, Sir«, und legte auf.
    Willis Grem legte sich auf die Kissen zurück; sofort erschien einer seiner Privatbediensteten und rückte sie so zurecht, wie sie sein sollten. Wo ist die verdammte Zeitung? fragte sich Grem und streckte die Hand danach aus; ein anderer Angehöriger seines Stabes bemerkte die Bewegung und förderte geschickt die laufenden drei Ausgaben der Times zutage.
    Eine Weile blätterte Grem lustlos in den ersten Teilen der großen alten Zeitung herum, die jetzt vom Staat kontrolliert wurde. »Eric Cordon«, sagte er schließlich und bewegte die rechte Hand, um anzuzeigen, daß er zu diktieren wünschte. Augenblicklich erschien ein Schreiber mit seinem tragbaren Aufnahmegerät. »An alle Ratsmitglieder«, sagte Grem. »Wir können Provonis Tod nicht behaupten – aus Gründen, die Direktor Barnes betont hat –, aber wir können Eric Cordon liefern. Ich meine, wir können ihn exekutieren. Was das für eine Erleichterung sein wird.« Beinahe so, als hätten wir Thors Provoni selbst erwischt, dachte er. Im ganzen Minusmensch-Netz war Eric Cordon der am meisten bewunderte Organisator und Sprecher. Und dazu kamen natürlich noch seine vielen Bücher.
    Cordon war ein echter Altmensch-Intellektueller, ein theoretischer Physiker, der unter anderen ernüchterten Alten Menschen, die mit Sehnsucht an die alten Zeiten dachten, eine starke Gruppenreaktion hervorzurufen vermochte. Der, wenn er könnte, die Uhr um fünfzig Jahre zurückdrehen würde. Cordon war jedoch trotz seiner einmaligen rednerischen Begabung ein Denker, kein Täter.
    Wie anders dagegen Provoni! Thors Provoni, der Mann der Tat, der davongebraust war, um »Hilfe zu holen«, wie Cordon, ehemals sein Freund, in endlosen Reden, Büchern und schäbigen Broschüren berichtet hatte. Cordon war populär, aber – im Gegensatz zu Provoni – keine öffentliche Bedrohung. Mit seiner Exekution würde er eine Leere hinterlassen, die er niemals wirklich ausgefüllt hatte. Trotz seiner Wirkung in der Öffentlichkeit war er im Grunde ein kleiner Fisch.
    Aber viele Alte Menschen in der Bevölkerung begriffen das nicht. Eric Cordon war umgeben von Heldenverehrung. Provoni war eine abstrakte Hoffnung, wohingegen Cordon existierte. Und er arbeitete und schrieb und hielt seine Reden hier auf der Erde.
    Grem griff nach dem zweiten Fon und sagte: »Geben Sie mir Cordon auf dem großen Bildschirm, Miss Knight.« Er legte auf, lehnte sich im Bett zurück und überflog ein weiteres Mal die Zeitungen.
    »Noch Diktat, Ratsvorsitzender?« erkundigte sich der Schreiber nach einer Weile.
    »Ach ja.« Grem schob die Zeitungen zur Seite. »Wo war ich stehengeblieben?«
    »Ich meine, wir können ihn exekutieren. Was das für eine – «
    »Also weiter«, sagte Grem und räusperte sich. »Ich

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