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Die Mehrbegabten

Die Mehrbegabten

Titel: Die Mehrbegabten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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»Zerreißen Sie Ihre Rücktrittsgesuche, Generale. Ich war einen Moment lang verärgert; es ist vorbei.« Aber du, Fred Rayner, dachte er, dir zeige ich es, du Wasserkopfungeheuer. Für das, was du gedacht hast, lasse ich dich umlegen.

    In der dritten Etage schlenderte Willis Grem in Bademantel, Schlafanzug und Hausschuhen auf den Schreibtisch seiner Empfangssekretärin A zu. A war eine Einstufung, die sie berechtigte, alles über seine privatesten Probleme und Aktivitäten zu wissen. Margaret Plow war einmal seine Geliebte gewesen… mit achtzehn Jahren. Und sieh sie dir jetzt an, dachte er. Mitte Vierzig. Energie und Feuer waren dahin; alles, was von ihr geblieben war, war eine Maske.
    Die Wände ihres Zimmers waren undurchlässig gemacht worden. Niemand konnte ihr Gespräch verfolgen. Nur ein vorbeigehender Telepath könnte etwas auffangen, dachte er. Aber sie hatten gelernt, damit zu leben.
    »Haben die vier Militärpolizisten sie geholt?« fragte er.
    »Sie ist im Nebenzimmer. Einen hat sie gebissen.«
    »Was hat er gemacht?«
    »Sie durch das halbe Zimmer geohrfeigt, und das schien zu wirken. Sie war – nun, wirklich nicht bildlich, ein wildes Tier. So, als glaubte sie, man wolle sie umbringen.«
    »Ich rede mit ihr«, sagte er und ging durch das Vorzimmer in den Nebenraum.
    Da stand sie, und ihre Augen sprühten Haß und Angst, wie die eines in die Falle gegangenen Raubvogels – Habichtsaugen, dachte er, in die man besser nicht blickt. Das habe ich früh gelernt, dachte er; blick nicht in die Augen des Habichts oder eines Adlers. Denn du wirst den Haß nicht vergessen, den du dort siehst… und den leidenschaftlichen, unersättlichen Drang, frei zu sein, den Drang zu fliegen. Und, oh, diese großen Höhen. Dieses Herabstürzen auf die Beute; Kaninchen in Panik: das sind wir anderen alle. Sonderbares Bild: ein Adler, gefangen von vier Kaninchen.
    Die Militärpolizisten waren aber keine Kaninchen. Er sah, welchen Griff sie anwendeten – wo man sie festhielt und wie brutal. Sie konnte sich nicht bewegen. Und sie hielten länger durch als sie.
    »Ich könnte Sie wieder betäuben lassen«, sagte er versöhnlich zu ihr. »Aber ich weiß, daß Sie das hassen.«
    »Weißer Saukerl«, meinte sie.
    »Weiß?« Er begriff nicht. »Es gibt kein Weiß oder Schwarz oder Gelb mehr. Warum sagen Sie ›weiß‹?«
    »Weil Sie der König der Spürhunde sind.«
    Einer der MPs sagte brüsk: »›Weiß‹ ist in gewissen Unterschichten immer noch eine Beleidigung.«
    »Ah«, sagte er und nickte. Er fing jetzt Gedanken von ihr auf, und was er fand, verblüffte ihn. An der Oberfläche war sie verkrampft, angespannt, unbeweglich nur, weil sie festgehalten wurde. Aber im Inneren
    Ein verängstigtes kleines Mädchen, kämpfend wie ein Kind, das entsetzliche Angst vor dem Zahnarzt hat. Eine irrationale Rückkehr zu vorrationalen Denkprozessen. Sie sieht uns nicht als menschlich, begriff er. Sie unterscheidet uns als verschwommene Formen, die sie einmal in die eine, dann wieder in die andere Richtung reißen und schließlich dies tun: sie zwingen, an einer Stelle stehenzubleiben, für weiß Gott wie lange und wozu. Ihre Denkprozesse liefen ungefähr auf der Ebene einer Dreijährigen ab, schätzte er. Aber vielleicht konnte er etwas erreichen, wenn er mit ihr redete. Vielleicht konnte er ihr etwas von der Angst nehmen, damit ihre Gedanken auf Erwachsenenebene gelangen konnten.
    »Ich heiße Willis Grem«, sagte er. »Und wissen Sie, was ich gerade getan habe?« Er lächelte sie an, hob die Hand, deutete auf sie und lächelte stärker. »Ich wette, Sie kommen nicht drauf.«
    Sie schüttelte den Kopf. Ganz kurz. Einmal.
    »Ich habe die Internierungslager auf dem Mond und in Utah geöffnet und alle Insassen entlassen.«
    Ihre Augen, groß und leuchtend, starrten ihn an. Aber in ihren Gedanken wurde die Mitteilung registriert; sie sandte verwirrende Ströme psychischer Energie durch die Großhirnrinde, als sie zu begreifen versuchte.
    »Und wir verhaften niemand mehr«, sagte er. »Sie sind also frei.« Eine gigantische Welle der Erleichterung durchflutete sie; ihre Augen trübten sich, dann tropften Tränen heraus und liefen ihr über die Wangen.
    »Kann – « Sie schluckte mühsam, und ihre Stimme schwankte. »Kann ich Mr. Appleton sehen?«
    »Sie können sehen, wen Sie wollen. Nick Appleton ist ebenfalls frei; wir haben ihn vor zwei Stunden hinausgeworfen. Wahrscheinlich ist er nach Hause gegangen. Er hat Frau und Kind, an denen er

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