Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Meister der Am'churi (German Edition)

Die Meister der Am'churi (German Edition)

Titel: Die Meister der Am'churi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
Vom Netzwerk:
leg dich wieder hin.“ Mit einem leichten Prankenhieb brachte er Ni’yo aus dem Gleichgewicht, der versucht hatte aufzustehen.
    „Schließ die Augen“, flüsterte Charur beschwörend in Ni’yos Geist, und er konnte nichts anderes tun als gehorchen.
    „Löse dich von deinen Gedanken, konzentriere dich nur auf deinen Atem und meine Stimme.“
    Ni’yo wusste, dass er verloren war, und ergab sich. Charur nahm Besitz von seinem Geist, trennte Ni’yo von allem, was er war, von allem, was er jemals hatte sein wollen. Seine Erinnerungen versanken ins Nichts – sie waren nicht ausgelöscht, aber sie besaßen keinerlei Bedeutung mehr für ihn.
    „Folge mir, junger Drache, komm zu mir“, lockte Charur. Seine Stimme war wie ein Licht in der Finsternis, die Ni’yo umgab, der einzige Halt, den er noch finden konnte.
    „Nimm dein Erbe an: Du bist ein Drache. Dein Hass gilt den Elfen, sie haben dich zu dem verdammt, was du bist. All dein Leid wurde von ihnen verursacht. Hasse sie, vernichte sie, wo immer du sie siehst!“
    Ni’yo spürte die Veränderung seines Körpers und begrüßte sie. Sein altes Dasein war so trostlos einsam und voller Schmerz, er ließ es gerne vergehen. Sein Leib dehnte sich, schwarze Schuppen überzogen seine Haut. Wenige Herzschläge später erhob sich ein Drache von dort, wo ein Mensch gelegen hatte. Er war schlanker und etwas kleiner als die anderen Drachen. Aber das kalte Licht von gnadenloser Härte, mitleidlosem Hass und Macht, das er in sich spürte, ließ all jene zurückweichen, die seine Verwandlung beobachtet hatten. Selbst Harla wandte sich erschaudernd von ihm ab. Nur Charur blieb ungerührt.
    „Du hast deine Schwäche überwunden, Ni’yo. Wir müssen noch einen passenden Namen für dich finden, doch im Augenblick soll es genügen; wir haben Wichtigeres zu tun.“
    Ni’yo antwortete nicht, er beobachtete lediglich Charur aufmerksam.
    „Du spürst, dass uns etwas verbindet, es stört dich, nicht wahr?“, höhnte Charur. „Ich habe dich erschaffen, du bist meine Kreatur, ganz allein meine. Gewiss wirst du mich schon bald herausfordern wollen, und zweifellos kannst du mich besiegen. Zuerst sollten wir aber diese Höhle verlassen, nicht wahr? Es gilt Elfen zu töten. Ob ich danach noch lebe oder sterbe, ist mir gleichgültig!“
    Grollend fuhr Ni’yo herum, hin zum Siegel. Er breitete seine Flügel aus und schoss empor in die Luft. Freiheit, er wollte frei sein!
    „Und das wirst du sein, junger Drache“, sprach Charur, „gleich sind wir alle frei. Frei von Elfen, Am’churi und all jenen, die uns unsere Welt gestohlen haben!“
    Gemeinsam flogen sie durch die Höhle, der purpurne und der schwarze Drache, hinaus aus der Kaverne, hinein in Sonnenlicht und Wind und endlosen Himmel. Hunderte weitere Drachen folgten ihnen. Der Fluch war gebrochen. Die Zeit der Rache war gekommen – und Ni’yo sehnte sich nach dem Kampf.
     
    ~*~
     
    „Was … Ni’yo!“ Jivvin taumelte wie unter einem Schlag. Er wusste mit absoluter Sicherheit, dass irgendetwas geschehen war – irgendetwas mit Ni’yo. Er wusste nicht was oder auch nur, woher dieses Wissen rührte, doch es war so. Lynea kniete neben ihm nieder, in ihren Augen sah er die gleiche Gewissheit gespiegelt, die ihn innerlich zerstörte.
    „Ich habe es ebenfalls gespürt. Er ist gebrochen, es kann nichts anderes sein.“
    „Ist er tot?“, fragte Yumari in ihrer gewohnt direkten Art. Sie beobachtete die beiden scharf, genau wie alle anderen.
    Jivvin schüttelte gleichzeitig mit Lynea den Kopf. „Nein, er lebt, ich fühle es. Aber er ist zu fern, so anders …“
    „Woher wollt ihr zwei das überhaupt wissen?“, bohrte Yumari weiter.
„Wolfswandler besitzen ein Band zu jedem Rudelmitglied und jedem Blutsverwandten. Ni’yo steht mir näher als irgendjemand sonst auf dieser Welt“, fauchte Lynea, mit vor lauter hilfloser Verzweiflung geballten Fäusten.
    „Für Am’churi gilt so etwas nicht und ich bezweifle, dass deine Liebe zu ihm so stark ist, dass eine vergleichbare Bindung bestehen könnte“, sagte Ilanrin bedächtig. Jivvin sah die Ablehnung in vielen Gesichtern, die einfach nicht verstehen konnten – nicht verstehen wollten – was Ni’yo für ihn bedeutete.
    „Es ist mir egal, woher ich das weiß, ich weiß es eben!“, schrie er.
    Yumari packte ihn und drückte ihn an sich, bis er meinte, seine Rippen knacken zu hören.
    „Es ist wirklich egal, wer was weiß und warum“, sagte sie finster. „Wenn Ni’yo

Weitere Kostenlose Bücher