Die Meister der Am'churi (German Edition)
zu prüfen und allen andern deutlich zu zeigen, wo er steht und was er, der Meister der Meister, von uns Am'churi verlangt. Er hätte mich nach Hause schicken können, als untauglich für den Kampf. Im Tempel wäre ich nicht mehr angekommen. Eigentlich war es die einzige Möglichkeit für ihn zu reagieren, ohne dass ich Impulkro begehe.“
„Du meinst, er wollte dir die Möglichkeit bieten, zu zeigen, dass du weiterhin als Krieger taugst, selbst nachdem du so gedemütigt wurdest?“, fragte Brynn zweifelnd.
„Ja. Er hat klar angesagt, dass es ihm egal ist, ob und wen ich liebe und was ich mit mir und meinem Leben anstelle – Schleifen im Haar eingeschlossen –, solange ich im entscheidenden Moment mit meinem Schwert bereitstehe. Ich denke, das war wichtig, nicht nur für mich, sondern auch für Jivvin. Du hast gesehen, wie er gemieden wird. Es war ein heftiger Schock für uns alle, dass er mit Ni’yo ...“
Sie blieben eine Weile schweigend liegen, eng aneinandergeschmiegt, jeder mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Dann zupfte Lurez seinen Geliebten neckend an einer der silbergrauen Strähnen in den langen Haaren. „Eigentlich müsstest du noch mehr beschämt sein als ich. Jeder scheint blind davon auszugehen, dass du unten liegst. Geht ja nicht an, dass ein Am’churi sich freiwillig unterwirft!“ Er lachte, als Brynn sich augenblicklich über ihn rollte und auf seinen Bauch setzte. „Friede, Wölfchen!“, rief er und wehrte die Versuche des knurrenden jungen Mannes ab, seine Arme zu packen und ihn niederzudrücken.
„Das bin ja nicht ich, der so etwas sagt. Und da ist immer noch die Sache mit überflüssigen Haaren an schwer zugänglichen Stellen. Wenn du mir hilfst, kannst du währenddessen und danach mit mir anstellen, was du willst.“
Ein bedrohliches Lächeln breitete sich auf Brynns Gesicht aus. „Das nehme ich als Versprechen, Am’churi!“, sagte er, erhob sich, um den Dolch zu holen, und blickte dann von oben abschätzig auf ihn herab. „Dann wollen wir mal sehen, wie lange du dich beherrschen kannst, wirklich stillzuhalten.“ Er kniete über ihm nieder und drängte ihm Zeige- und Mittelfinger in den Mund, mit einer besitzergreifenden Geste, die klarmachte, dass Lurez sie wahrlich gut anfeuchten sollte, wenn er sich selbst einen Gefallen tun wollte. Das Lächeln, mit dem Brynn ihn bedachte, versprach, dass ihm einiges bevorstehen würde; der liebevolle Ausdruck in den Bernsteinaugen hingegen, dass Lurez ihm blind vertrauen durfte.
~*~
Jivvin atmete innerlich auf, als er Lurez zurückkommen sah, Hand in Hand mit Brynn. Beide hielten den Kopf hoch erhoben und starrten jeden nieder, der sie anblickte. Zwischen den Lagern angekommen trennten sie sich mit einem solch heißen Kuss, dass einige Am’churi und die Mehrheit der Wandler spontan zu klatschen begannen. Lurez wandte sich zu Tamu, der auf ihn zutrat, und verneigte tief den Kopf vor ihm.
„Ich bin zurück, Meister, verfügt über mein Schwert, es gehört Euch“, sagte er stolz. Tamu nickte nur stumm, doch damit zeigte er mehr als mit allen Worten seine Anerkennung.
Jivvin verzichtete ebenso auf lange Reden und boxte dem Freund lediglich hart gegen die Brust, mit einem gleichermaßen respektvollen Nicken, als Lurez zu ihm kam. Auch andere klopften Lurez auf Schulter und Rücken, bewiesen so ihre Kameradschaft, worüber Jivvin sich sehr freute. Für mehr blieb keine Zeit, sie befanden sich bereits im Aufbruch zum letzten Abschnitt ihres Marsches. In wenigen Stunden würden sie das Portal erreichen und dann hieß es Gewissheit finden, oder warten, was geschehen würde.
18.
„Harla!“, wimmerte Ni’yo. Sie hatte versprochen, für ihn da zu sein. Er hatte sich so lange wie möglich dagegen gewehrt, aus Angst, was Charur der kleinen Göttin in einem Anfall von Zorn antun könnte. Doch nun konnte er nicht mehr und suchte verzweifelt nach jedem bisschen Trost, das sich ihm bieten mochte. Charur hatte ihn ohne Unterlass eine Ewigkeit gefoltert, ihm Schlaf und Wasser verweigert, ihm jede Art körperlichen und seelischen Schmerz zugefügt, die möglich war, ohne ihn umzubringen. Der Schmerz würde vergehen, gewiss, und noch war er nicht so am Ende, dass er sich Charurs Willen unterwerfen würde – falls er jetzt Hilfe bekam.
„Ich bin hier, Ni’yo.“ Er spürte ihre göttliche Präsenz, hörte die Wärme in ihrer Stimme, was ihm half, sich ihr zuzuwenden.
„Ich bin hier, um deinem Untergang
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