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Die Meisterdiebin

Die Meisterdiebin

Titel: Die Meisterdiebin
Autoren: Tess Gerritsen
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täuschen? Also, was haben Sie nun vor, kleine Miss Lamb? Ihn erst verführen und dann ausnehmen?“
    „Berufsgeheimnis“, antwortete sie ruhig.
    „Warum sind Sie so sehr auf Delancey fixiert? Finden Sie es nicht zu riskant, es zweimal bei demselben Opfer zu versuchen?“
    „Wer hat gesagt, dass er das Opfer ist?“ Sie hob das Glas an den Mund und nippte anmutig daran. Er fand jede ihrer Bewegungen seltsam faszinierend. Wie ihre Lippen sich öffneten. Wie der Champagner sie befeuchtete. Er bekam einen trockenen Hals und musste schlucken.
    „Was hat Delancey, das Sie unbedingt wollen?“ fragte er.
    „Was waren das für Papiere, die Sie genommen haben?“
    „Das funktioniert nicht.“
    „Was funktioniert nicht?“
    „Versuchen Sie nicht, den Spieß einfach umzudrehen. Sie sind hier der Dieb.“
    „Und Sie nicht?“
    „Was ich aus dem Schrank geholt habe, war rein privat und ansonsten völlig wertlos.“
    „Und was ich von Guy Delancey will, ist meine Privatangelegenheit“, antwortete sie scharf.
    Plötzlich kam Jordan eine Idee. Guy Delancey hatte eine Affäre mit Veronica Cairncross gehabt und danach versucht, sie zu erpressen. Hatte er das etwa auch mit anderen Frauen gemacht? Gehörte Diana Lamb oder jemand, der ihr nahe stand, ebenfalls zu seinen Opfern?
    Oder will ich mir diese Frau nur schönreden? fragte er sich. War sie einfach nur eine gewöhnliche Einbrecherin, die sich an fremdem Eigentum bereichern wollte?
    Wie schade, dachte er, dass dieses hübsche Gesicht mit den Alabasterwangen und haselnussbraunen Augen früher oder später aus einem Zellenfenster schauen würde.
    „Kann ich Ihnen das irgendwie ausreden?“ fragte er. „Warum sollten Sie?“
    „Ich finde nur, Sie verschwenden Ihre … Talente. Außerdem ist es moralisch falsch.“
    Sie wedelte mit der Hand. „Manchmal ist es nicht ganz klar, ob etwas richtig oder falsch ist.“
    Diese Frau war unverbesserlich! „Ich mag Guy Delancey zwar nicht besonders, aber ich lasse nicht zu, dass er ausgeplündert wird.“
    „Ich nehme an, Sie wollen ihm sagen, wie wir uns begegnet sind?“ Ihr Blick war vollkommen furchtlos.
    „Nein. Aber ich werde ihn warnen.“
    „Auf Grund welcher Beweise?“
    „Auf Grund eines Verdachts.“
    „An Ihrer Stelle wäre ich vorsichtig.“ Sie nahm einen Schluck.
    „Man kann schnell selbst in Verdacht geraten.“
    Da hatte sie Recht, das wussten sie beide. Nein, das wareinfach zu riskant. Er würde nicht nur seinen, sondern auch Veronicas Ruf aufs Spiel setzen.
    „Ich werde Sie im Auge behalten“, kündigte er an. „Sie werden nicht einmal einen Teelöffel stehlen können. Ich werde auftauchen, wenn Sie es am wenigsten erwarten. Kurz gesagt, Miss Lamb, wenn Sie einen falschen Schritt machen, werde ich Alarm geben.“
    „Das können Sie nicht tun“, flüsterte sie schnell und sah ihn flehentlich an.
    „Ich kann. Ich muss.“
    „Es geht um zu viel! Sie dürfen nicht alles kaputtmachen …“
    „Was kaputtmachen?“
    Sie wollte gerade antworten, als sich eine Hand auf ihre Schulter legte. Es war Guy Delancey.
    „Ich wollte Sie nicht erschrecken“, sagte er fröhlich. „Ist alles in Ord nung?“
    „Ja. Ja, alles ist in Ordnung.“ Obwohl sie wieder blass geworden war, warf sie Delancey ein viel versprechendes Lächeln zu. „Steht der Wagen bereit?“
    „Am Tor, Mylady.“ Guy half ihr hoch und nickte Jordan zu. „Wir sehen uns, Jordan.“
    Jordan fing den wütenden Blick der Frau auf, als sie Delancey mit gestrafften Schultern in die Menge folgte.
    Du bist gewarnt, Diana Lamb, dachte er. Und wenn sie diese Warnung missachtete …
    Er zog ein Taschentuch heraus, nahm ihr Champagnerglas am Stiel vom Tisch und betrachtete es. Außer rubinrotem Lippenstift war daran auch das, was er brauchte. Er lächelte.
    Fingerabdrücke.
    Ogilvie schob den Deckel auf das Teleobjektiv seiner Kamera. Er hatte mehr als genug Fotos von dem blonden Mann. Heute Abend würde er sie nach London weiterleiten und dann hoffentlich erfahren, wer der Unbekannte war. Dass Clea Rice jetzt mit einem Partner arbeitete, beunruhigte ihn. Bisher war sie immer allein gewesen.
    Er würde so schnell wie möglich mehr über den blonden Knaben herausfinden müssen. Er musste wissen, mit wem er es zu tun hatte.
    Die Frau stand auf und ging mit Guy Delancey hinaus. Ogilvie verstaute die Kamera in der Tasche und folgte den beiden in diskretem Abstand. Mit ihrem roten Haar, das im Sonnenschein zu leuchten schien, war sie kaum zu verlieren. So
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