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Die Meisterin der schwarzen Kunst

Die Meisterin der schwarzen Kunst

Titel: Die Meisterin der schwarzen Kunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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macht einen Fehler …» Henrika biss sich auf die Zunge, aber die Worte ließen sich nicht mehr zurückhalten. Sie durfte einfach nicht zulassen, dass David wegen eines Fehlers bestraft wurde, den er nicht begangen hatte.
    «Dann habt Ihr gesehen, was geschehen ist?», hakte der Büttel argwöhnisch nach. Henrika nickte. Aber noch ehe sie dem Stadtwächter den wahren Sachverhalt schildern konnte, fiel ihr David aufgebracht ins Wort. «Gar nichts hat das Mädchen gesehen, es will sich nur wichtig machen. Ich habe meinen Bruder angegriffen und niedergeschlagen.»
    «Na also, es geht doch», sagte der Büttel nun fast freundlich. Er ließ David los und hob das Kinn. «Ihr gehört doch zur Werkstatt Carolus, nicht wahr? Mein Bruder ist einer der Kurierreiter und mächtig stolz darauf, dass er nach Venedig gesandt wurde.» Das Gesicht des Mannes nahm einen verträumten Ausdruck an, der gar nicht zu seinem kriegerischen Äußeren passen wollte. «Venedig soll eine der schönsten Städte der Welt sein.» Er räusperte sich und warf David einen warnenden Blick zu. «Ich werde noch einmal Gnade vor Recht ergehen lassen und eurem Zunftmeister nichts sagen. Aber lass dich nicht noch einmal bei einer Prügelei vor meinem Tor erwischen, sonst setze ich dir persönlich die Schandmaske auf.»

    Henrika blickte dem Stadtwächter nach. Erst als er im Getümmel verschwunden war, atmete sie erleichtert auf. Das war gerade noch einmal gutgegangen.
    David klopfte sich mühsam den Staub aus den Kleidern, während Laurenz wie betäubt auf der Treppe saß und vor sich hinmurmelte. In Henrika brodelte es. Sie war wütend auf Laurenz, aber auch auf David, der sie gegen ihren Willen zur Mitverschworenen seiner undurchsichtigen Geschäfte gemacht hatte. Sie fand es unerträglich, dass sie mit dem Bruder des Mannes, den sie liebte, Geheimnisse teilte. Andererseits gefielen ihr Laurenz’ besitzergreifendes Verhalten und seine aufbrausende Art ebenfalls nicht. Und nun das.
    Was hatte er sich nur dabei gedacht? Hätte er wirklich in Kauf genommen, dass David bestraft worden wäre?
    Wie sollte sie in Zukunft mit den Brüdern zusammenarbeiten? Niedergeschlagen blickte sie Meister Carolus entgegen, der sich soeben von den Vertretern seiner Zunft verabschiedet hatte und nun mit einem breiten Grinsen auf sie zuschritt.
    «Das ist ein Tag zum Feiern und Prassen», rief er und kniff Henrika voller Übermut in die Wange. «Alles klappt wie am Schnürchen. Wer hätte das gedacht, nachdem sich die Ratsherren zunächst so vehement gegen unser Vorhaben ausgesprochen haben.»
    Laurenz schnaubte verächtlich. «Ich würde das Weinfass erst anstechen, wenn Eure Kuriere wieder in Straßburg sind und lohnenswerte Nachrichten mitgebracht haben.»
    Doch Carolus hatte nicht vor, sich die Feiertagslaune verderben zu lassen. «Ich weiß schon, was dir fehlt, mein Junge. Du hast in den letzten Wochen zu hart gearbeitet und kaum Zeit gefunden, ein Wirtshaus oder eine Badestube aufzusuchen. Ich glaube, wir alle brauchen ein wenig Zerstreuung.»
    Henrika schüttelte nur den Kopf. Sie fand, dass Laurenz schon etwas zu viel Zerstreuung genossen hatte. Er gehörte in seine Kammer, wie David empfohlen hatte. «Sollten wir uns nicht darum kümmern, dass die Zeitung endlich ein hübsches Äußeres bekommt», schlug sie vorsichtig vor.
    Carolus lachte amüsiert. «Dein Eifer in allen Ehren, Mädchen. Die Entwürfe, die du mir gezeigt hast, sind hervorragend. Jawohl, nie wäre ich auf den Gedanken gekommen, dass du so vortrefflich zeichnen kannst. Insbesondere die Figur des eilenden Boten kündet von einem tiefen Verständnis für das, was wir mit unserer Gazette erreichen wollen. Wir wollen Boten für alle Menschen sein, die des Lesens mächtig sind.» Er tätschelte ihr väterlich die Wange. «Aber gerade du solltest nicht immer in der Stube hocken, Henrika. Das bekommt dir nicht. Die Frühjahrsmesse steht vor der Tür. Im letzten Jahr fehlten uns leider die Mittel, nach Frankfurt zu reisen, um Bücher einzukaufen und uns über neue Druckschriften zu informieren. Aber ich schätze, in diesem Jahr sollten wir es wagen. Ich möchte, dass die Gazette in der Auflistung der Messeschriften erscheint. Vielleicht gewinnen wir so auf einen Schlag neue Kunden. Was meinst du, Laurenz?» Er klopfte dem Druckergesellen gönnerhaft auf die Schulter. «Es wird dich freuen zu hören, dass Henrika uns begleiten wird. Ich habe meiner Tochter versprochen, sie nach Frankfurt mitzunehmen, und

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