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Die Meisterin der schwarzen Kunst

Die Meisterin der schwarzen Kunst

Titel: Die Meisterin der schwarzen Kunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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Henrika ist die Richtige, um ein Auge auf die Kleine zu haben, damit sie uns nicht im Trubel verloren geht.»
    «Und ob ich mich freue», murmelte Laurenz verdrossen.

14. Kapitel
    «Ein Mädchen kann nicht mit drei Mannspersonen und einem Kind nach Frankfurt reisen», entgegnete Emma, als Henrika ihr ein paar Tage später bei der Vorbereitung des Essens zur Hand ging.
    Da Emma ihren Kochkünsten nicht traute, war Henrika beauftragt worden, das Brot zu schneiden. Mit gerötetem Gesicht ließ sie die Klinge durch den steinharten Leib gleiten, der geräuschvoll knirschte. Henrika wollte gar nicht zu genau wissen, was dem Mehl alles beigemengt wurde, bevor es aus der Mühle kam. Doch die Zeiten waren schlecht, und so geschah es immer häufiger, dass man auf Sand und trockene Sägespäne biss.
    Seit den frühen Abendstunden war der Himmel verhangen und sah aus wie grauer Sauerteig; gleichmäßig prasselte der Regen auf das kleine Vordach des Hauses. Henrika warf einen Blick aus dem Fenster und sah, wie sich die schmale Gasse in einen Sumpf verwandelte. Kein gutes Wetter für eine Reise, dachte sie, als sie einen durchnässten Reiter am Tor vorbeipreschen sah. Gleichgültig, ob sie nach Rom, Venedig oder lediglich in die Reichsstadt Frankfurt führte.
    Der Wind rüttelte schon seit der Dämmerung ungestüm an den Fensterläden, die Emma bereits lange vor dem Abendläuten geschlossen und mit einem Eisen gesichert hatte.
    «Hast du gehört, was ich eben gesagt habe, Henrika?» Die Stimme der alten Frau klang gereizt. «Da redet man sich den Mund fusselig, und die junge Dame überhört es einfach. Ich sagte, du kannst nicht ohne Begleitung einer zuverlässigen Frau mit den Männern nach Frankfurt reisen. Nach allem, was du mir berichtet hast, geht es meinen Verwandten eher darum, die Lustbarkeiten der Messe zu genießen, anstatt sich mit anderen Druckern zu unterhalten oder Kunden für das Teufelsblatt zu gewinnen.»
    Henrika hörte auf zu schneiden und begutachtete mit gemischten Gefühlen den Berg aus krümeligen Brotbrocken, den sie fabriziert hatte. Dann hob sie den Blick und sagte: «Es wäre mir lieb, wenn du unsere Zeitung nicht immer Teufelsblatt nennen würdest. Mit dem Leibhaftigen und seinen Dämonen hat unsere Arbeit nichts zu tun.» Dämonen sitzen höchstens in der Brust eines Mannes, der sich wie ein kleiner Knabe aufführt, weil man ihm das Spielen verboten hat, fügte sie in Gedanken hinzu.
    Emma zuckte die Achseln. Sie lief zum Herd, hob vorsichtig den Deckel von dem brodelnden Kessel und schnupperte. Ein köstlicher Duft von gegartem Hühnerfleisch, Mohrrüben und scharfem Lauch breitete sich in der Stube aus.
    «Der alte Diakon von Jung St. Peter, der jetzt als Pfründner im Spital die Aufsicht führt, macht die Leute mit seinem Geschwätz verrückt. Die Siechenmeisterin und ein paar andere Weiber, die nichts Besseres zu tun haben, als zu tratschen, hat er bereits angesteckt. Sie behaupten, es bestünde ein Zusammenhang zwischen dem garstigen Wetter der letzten Wochen und dem Teufels … dieser Gazette.» Sie hielt kurz inne und sah Henrika herausfordernd an.
    «Ja, ja. Über solche Dinge reden die Leute. Die Kurierreiter, so behaupten sie, hätten den Auftrag, Straßburg an die Kaiserlichen auszuliefern.»
    «Und dieser Unsinn wird in der Stadt verbreitet?» Henrika war fassungslos.
    Emma nickte. «Du glaubst, weil Straßburg viele Druckereien hat, in denen gelehrte Bücher entstehen, müssten die Menschen auch klug sein. Hunger und Angst vor der Zukunft waren schon immer schlechte Werber für neue Ideen. Aber keine Bange, mein Kind, der Pfründner genießt keinen besonders guten Ruf. Die Siechenmeisterin schon gar nicht. Nicht nur ich vermute, dass die zwei Schandmäuler abends die Branntweinflasche kreisen lassen, wenn sie sich unbeobachtet wähnen. Einmal hat die hohe Visitation der Kirche sie bereits in einer zweideutigen Situation angetroffen. Sie konnten sich zwar herausreden, weil sie ein loses Mundwerk haben, aber sollte sich der Verdacht gegen die beiden erhärten, steckt man die Siechenmeisterin ins Frauenhaus, und den Pfründner treibt man mit Ruten aus der Stadt.» Sie lief zum Herd, um dem Eintopf eine Schöpfkelle Wasser und eine Prise Salz hinzuzufügen.
    «Andererseits fallen Verdächtigungen manchmal auch auf fruchtbaren Boden», sprach sie nach einer Weile weiter. «Es wäre also nicht schlecht, wenn euer Meister Carolus beschlösse, sich wenigstens einen Teil der Ratsherren gewogen

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