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Die Meisterin der schwarzen Kunst

Die Meisterin der schwarzen Kunst

Titel: Die Meisterin der schwarzen Kunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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zu machen.»
    Henrika blickte ihre Hauswirtin überrascht an. In den vergangenen Monaten hatte sie Emmas mütterlichen Rat durchaus schätzen gelernt. Sie hatte entdeckt, dass ein empfindsames Herz in ihrer Brust schlug. Doch aus ihrer Abneigung gegen die Patrizier hatte Emma nie einen Hehl gemacht. Ihrer Meinung nach war den feinen Ratsherren, insbesondere den verfeindeten Sippen Zorn, nicht zu trauen. Warum nun diese Kehrtwende?
    «Eine Dienerin des jungen Ratsherrn Zorn hat mich gestern auf dem Hühnermarkt angesprochen und nach dir gefragt», sagte Emma, als beantworte dies alle Fragen.
    «Nach mir?» Henrika zuckte irritiert die Achseln. «Ich kenne weder den Ratsherrn noch sein Gesinde.»
    «Mir kam es auch seltsam vor», gab Emma zu. «Sie wollte wissen, wie lange du schon in Straßburg bist, woher du kommst und wer deine Eltern sind. Sie schien mich regelrecht aushorchen zu wollen, aber da biss sie bei mir auf Stein. Ich habe dem neugierigen Ding klargemacht, dass du eine gottesfürchtige Jungfer bist, die viele Bücher gelesen hat und geschickt mit der Schreibfeder umzugehen weiß.» Verlegen zupfte sie an den Schnüren ihrer Haube. «Vielleicht habe ich ein wenig übertrieben. Ich kann nur hoffen, dass die Verleumdungen der Siechenmeisterin nicht schon in die Häuser der Stadtoberen gedrungen sind und dort nun wuchern wie Unkraut. Hexerei … Nun, ich sollte nicht darüber reden, das bringt Unglück. Aber es ist nun mal ein Vorwurf, der tödliche Folgen haben kann. Nach all den Mühen, die Ludwig hatte, um als Wundarzt und Starstecher in Straßburg einen guten Ruf zu erlangen, wäre es höchst unangenehm, wenn über uns hergezogen würde.» Sie band die Schnüre fest zusammen und reckte angriffslustig das Kinn.
    «Bist du böse auf mich?», wollte Henrika wissen.
    Die Alte schüttelte den Kopf «Doch nicht auf dich, armes Kind. Du hast ja nichts verbrochen. Man sollte vielmehr den dürren Hals der Siechenmeisterin ins Schandeisen zwängen und sie an den Pranger ketten für ihre Unverschämtheit.»
    Henrika legte der alten Frau begütigend die Hand auf den Arm. Ihr lag nichts daran, sich die Siechenmeisterin hilflos und verspottet am Pranger vorzustellen. Auch wenn sie inzwischen zu der Überzeugung gelangt war, dass ihre Mutter das Brandmal, an dessen Folgen sie gestorben war, weder auf einer öffentlichen Richtstätte noch durch das Eisen eines Henkers empfangen hatte, war sie doch ihr Leben lang die Tochter einer verurteilten und gedemütigten Ausgestoßenen gewesen. Sie würde es bleiben, solange sie nicht beweisen konnte, was damals, in ihrer Kindheit, wirklich geschehen war.
    Bilder ließen sich nicht so einfach aus dem Gedächtnis vertreiben, und sie wünschte, es wäre anders. Ihre Mutter hatte ihr Geheimnis mit ins Grab genommen; vermutlich würde sie, Henrika, die Wahrheit nie ans Licht bringen. Nicht, solange sie in Mannheim für eine flüchtige Mörderin gehalten wurde und Barthels Vermächtnis ihr vorenthalten blieb.
    Aber all das war ein Grund mehr, nach vorne zu blicken und sich ihr neues Leben nicht durch Dummheit und Argwohn zerstören zu lassen. Sie hatte Barthel nicht helfen können, das war schlimm genug. Dafür würde sie ihre ganze Kraft einsetzen, um Meister Carolus und seinen Leuten ein ähnliches Schicksal zu ersparen.
    «Weißt du, warum ich Gazettenmacherin werden möchte?», fragte sie Emma, als sie eine Weile später am Tisch saßen und Eintopf aus Holzschalen löffelten. Ludwig war noch nicht zu Hause. Der Gerichtsvogt, ein angesehener Beamter, dessen Frau über stechende Schmerzen im linken Auge klagte, hatte ihn durch einen seiner Diener rufen lassen.
    «Als ich von zu Hause fortging, glaubte ich, dass unsere Gazette die Sendbotin einer neuen Zeit werden könnte, einer Zeit, in der nicht nur Männer, sondern auch Frauen Fragen stellen dürfen, ohne dafür verdächtigt, verurteilt oder beschimpft zu werden. Als ein neues Jahrhundert anbrach, habe ich mir vorgestellt, dass nun die Zeit gekommen sei, den Wissenschaften mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Überall im Reich entstehen neue Bücher und Schriften, die nahezu alle Wissensgebiete berühren. Gelehrte Männer erforschen den Sternenhimmel oder reisen über das Meer in die Neue Welt, um ihre Entdeckungen in unser altes Europa zu bringen. Die Zeitung wäre für uns alle eine große Hilfe, denn sie könnte zum Nachdenken anregen. Ich glaube nicht, dass Meister Carolus meine Arbeit viel bedeutet. Mir aber bedeutet sie alles. Ich

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