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Die Meisterin der schwarzen Kunst

Die Meisterin der schwarzen Kunst

Titel: Die Meisterin der schwarzen Kunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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Brust verzweifelte Kämpfe tobten. «Du machst nicht dem Mädchen Angst, sondern mir.» Sie zog einen gepolsterten Stuhl über den Dielenboden und forderte Henrika energisch auf, ihr zu erklären, was sie im Haus des berüchtigten Gerichtsvogts zu suchen hatte.
    «Als Ludwig vorhin den Namen dieses Fremden erwähnte, erinnerte ich mich, dass mein verstorbener Vormund mit ihm zu tun hatte», sagte Henrika leise. «Ihr könnt das nicht verstehen, aber es ist so wichtig für mich, dass ich den Mann treffe und ihm ein paar Fragen stelle.»
    «Du bist ja komplett verrückt worden, Mädchen», krächzte Ludwig. «Meinst du, du könntest den hohen Herrn einfach so aus dem Bett klingeln lassen? Du bist eine ledige Jungfer und hast kein Bürgerrecht, daher zählst du in den Augen des Vogts und des Rates hier in der Stadt wenig mehr als eine fremde Krämerin oder eine Dienstmagd. Eine Magd, über die noch dazu ein paar hübsche Gerüchte im Umlauf sind. Es sind ja nicht nur die verfluchte Siechenmeisterin und ihr Liebhaber, die sich das Maul über dich und deine Arbeit in der Druckerei zerreißen. Denk an den heimlichen Zuträger, der deine Entwürfe für die Gazette weitergereicht hat, ohne Carolus um Erlaubnis zu bitten. Du magst dich entscheiden, ob du lieber für eine Hexe gehalten werden willst, die sich vom Leibhaftigen beim Zeichnen die Hand führen lässt, oder für eine Spionin, die Straßburg für einige Gulden an den Kaiser und seinen Fürstenbund verschachert.»
    «Und wie steht es mit dir?», schlug Emma mit verschwörerischer Stimme vor.
    Ludwig schaute seine Frau argwöhnisch an. «Wie meinst du das?»
    «Nun, du hast doch freien Zutritt zur Gerichtsvogtei. Du könntest Spielmanns Frau zum Beispiel eine Arznei vorbeibringen, an die du bei deinem ersten Besuch nicht gedacht hattest», erklärte Emma.
    «Blödsinn, Weib», fuhr Ludwig sie unbeherrscht an. «Welche Arznei soll ich mir denn aus den Rippen schneiden? Ich fürchte, ihr verliert allmählich beide den Verstand.»
    Henrika hob beschwichtigend die Hand. Ihr war nicht wohl dabei, dass Ludwig und Emma sich ihretwegen stritten.
    «Entschuldigt, es war wirklich ein dummer Einfall. Keinesfalls möchte ich euch in Schwierigkeiten bringen, schließlich wart ihr so nett, mich aufzunehmen, als ich nicht wusste, wohin …»
    Sie wurde von einem heftigen Klopfen an der Eingangstür unterbrochen. Emma zuckte zusammen und warf ihrem Mann einen hilflosen Blick zu. Das Klopfen wurde lauter, fordernder. Henrika spürte, wie das Blut aus ihrem Kopf wich; ihre Hände wurden kalt. Waren das die Büttel, die sie zum Verhör abholen wollten? Ludwig schien den gleichen Gedanken zu haben, denn er sah sie voller Sorge an.
    Das Pochen hörte nicht auf, im Gegenteil: Nun wurde auch gegen den Laden des einzigen Fensters, das auf die Gasse wies, geklopft.
    «Öffnet die verdammte Tür», hörte Henrika schließlich eine Stimme rufen. «Ich bin es, Laurenz.»
    Hurtig ging Emma durch den Korridor, schlug den Riegel zurück und zog ihren Verwandten mit einem ärgerlichen Knurren über die Türschwelle.
    «Kannst du mir verraten, warum du ein solches Spektakel veranstaltest?», fuhr sie Laurenz an. «Wir sind vor Angst fast gestorben. Und an die Nachbarn hast du wohl auch nicht gedacht.»
    Grinsend zuckte Laurenz mit den Schultern. Dann drückte er seiner Base einen feuchten Kuss auf die Stirn und schob sich an ihr vorbei in die Stube. Als er Henrika entdeckte, sprang er auf sie zu, umfasste ihre Taille und wirbelte sie ausgelassen durch die Stube, ohne auf ihren Protest oder Ludwigs entgeisterte Miene zu achten. Irgendetwas musste den jungen Mann in einen wahren Freudentaumel versetzt haben. Henrika hoffte inständig, dass er nicht wieder zur Flasche gegriffen hatte. Allmählich war sie es leid, hinter betrunkenen Männern Scherben aufzukehren. Als er einen Moment innehielt, um nach Luft zu schnappen, nutzte sie die Gelegenheit, sich von ihm zu lösen und eine Erklärung zu verlangen.
    «Die Zunft hat mein Meisterstück anerkannt», rief er. «Ist das nicht endlich mal eine gute Nachricht?» Laurenz ließ sich auf einen Stuhl fallen und blickte erwartungsvoll in die Runde. Als die erwartete Reaktion ausblieb, klopfte er sich auf den Oberschenkel und brach in schallendes Gelächter aus.
    «Nun kommt schon, ihr dürft mir gratulieren! Bald werde ich Meister der schwarzen Kunst sein. Wisst ihr überhaupt, was das bedeutet?»
    Henrika nickte. Sie arbeitete lange genug für Meister

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