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Die Meisterin der schwarzen Kunst

Die Meisterin der schwarzen Kunst

Titel: Die Meisterin der schwarzen Kunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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treten.
    «Hast du nicht gehört, Henrika?», drängte Laurenz. Er trat so nahe an sie heran, dass seine dunklen Locken im Schein der Fackel zu glühen schienen. Irgendetwas stimmte nicht mit dem jungen Meister, das konnte Henrika spüren, doch sie war zu aufgewühlt, um darüber nachzudenken.
    «Lass das jetzt, Laurenz, ich bitte dich», sagte sie ausweichend und schreckte zurück, als ein winziges Etwas mit dunklem, glänzendem Fell und langem Schwanz keine drei Fingerbreit vor ihr über das Pflaster huschte. «Es ist einfach nicht die richtige Zeit, um darüber zu sprechen.»
    Sie lief weiter, obwohl sie kaum die Hand vor Augen erkennen konnte.
    Vorsichtig tastete sie die rauen Wände der Mauern ab, als Laurenz sie unvermittelt am Arm packte und herumwirbelte. Seine Lippen zuckten vor Ärger, als er sie anzischte: «Ich habe genug davon, dass du mich einfach stehen lässt, wenn ich mit dir zu reden habe.»
    «Wir suchen Barbara. Alles andere hat Zeit, bis …»
    Laurenz schüttelte so heftig den Kopf, dass ihm die Haare in die Stirn fielen. «Nein, das, was ich dir zu sagen habe, duldet keinen Aufschub. Du solltest mir dankbar sein, anstatt dich wie ein verwöhntes Balg aufzuführen.»
    «Dankbar?»
    «Ich weiß alles über dich», flüsterte Laurenz, noch ehe Henrika etwas sagen konnte. Seine Augen blitzten triumphierend auf. «Über dich und diesen Festungsbaumeister.»
    «Was weißt du?» Henrikas Stimme zitterte so stark, dass Laurenz fast amüsiert wirkte.
    «Nun, zum Beispiel weiß ich, dass du deine Heimat keinesfalls freiwillig verlassen hast. Das stimmt doch, oder? Du bist geflohen, weil man dich in Mannheim des Mordes verdächtigt. Außerdem bist du die Tochter einer Gebrandmarkten. Deinen Vater kennt niemand, nicht einmal du selbst. Oder willst du das abstreiten?» Er lachte höhnisch. «Was glaubst du, was unser sittenstrenger Meister Carolus, dessen Vater immerhin ein Straßburger Geistlicher war, sagen wird, wenn ich ihm verrate, wen er da über all die Monate in seiner Werkstatt geduldet hat?»
    Laurenz’ Worte trafen Henrika wie ein harter Schlag mitten ins Gesicht. Sie fragte sich, wie um alles in der Welt Laurenz Wind von den Dingen bekommen hatte, die ihr in Mannheim vorgeworfen wurden. Es gab nur eine Möglichkeit, aber an einen derart abwegigen Zufall wollte sie nicht glauben. Und doch lag es auf der Hand, dass er noch nicht lange über ihre Vergangenheit Bescheid wusste, denn noch während ihrer Reise von Straßburg nach Frankfurt hatte er sich damit begnügt, sie missmutig anzustarren.
    «Ich habe nichts verbrochen», sagte sie schließlich mit dünner Stimme. «Barthel ist einem gemeinen Anschlag zum Opfer gefallen, der ihn hinterrücks traf. Mich trifft dabei keine Schuld. Es war ein Fehler, Meister Carolus nicht sofort die Wahrheit zu sagen, aber …» Plötzlich hielt sie inne. Wenn sie Laurenz über ihre Beweggründe aufklärte, hinterging sie David.
    Laurenz blickte sie erwartungsvoll an. Auf seinem Gesicht lag nicht einmal die Andeutung eines Lächelns. «Von nun an wirst du tun, was ich von dir verlange. Solltest du mir nicht gehorchen, verfrachte ich dich schneller nach Mannheim zurück, als dir lieb ist. Dann kannst du den dortigen Richtern erklären, was für ein Unschuldslamm du bist.»
    Henrika rang entgeistert nach Luft. «Was habe ich dir getan? Ich dachte, du liebst mich», sagte sie mit tonloser Stimme. «War das alles nur gelogen?»
    «Durchaus nicht. Und um dir zu beweisen, dass mir deine Herkunft gleichgültig ist, werde ich aus dir eine ehrbare Frau machen, sobald wir wieder in Straßburg sind. Damit ist alles, was dir gehört, auch mein.»
    Henrika sah hinauf zu den Weinranken, die sich im Wind bewegten. In wenigen Monaten würden sie pralle, süße Früchte tragen. Alles veränderte sich, nichts ließ sich aufhalten. Es blieb ihr keine andere Wahl, als sich geschlagen zu geben. Sie liebte Laurenz nicht und konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, warum er sie nun, nach allem, was er über sie in Erfahrung gebracht hatte, noch immer heiraten wollte. Doch wenn sie einwilligte, bestand wenigstens der Hauch einer Möglichkeit, dass er sie weiterhin an einer Gazette arbeiten ließ.
    «Glaubst du immer noch, dass ausgerechnet ich dir die Mannheimer Druckerpresse beschaffen kann?», fragte sie schließlich.
    Er schüttelte den Kopf. «Keine Sorge, ich komme zu meiner eigenen Druckerei. Du solltest dich eigentlich geehrt fühlen, weil ich ausgerechnet dich zu einer

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