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Die Meisterin der schwarzen Kunst

Die Meisterin der schwarzen Kunst

Titel: Die Meisterin der schwarzen Kunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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der Gasse erleichterte», heulte der Gepeinigte. «Als ich zu mir kam, lag ich in der Pferdetränke hinterm Haus und wurde hier in die Stube gezerrt. Ich wäre doch selbst beinahe ersoffen, versteht Ihr das nicht?»
    Die in der Nähe stehenden Männer lachten belustigt auf. Vermutlich waren sie es gewesen, die den Knecht aufgestöbert hatten, und sie glaubten kein Wort von dem, was er stammelnd von sich gab. Der Schankwirt, der mit verschränkten Armen auf der untersten Stufe der Treppe stand, meldete sich zu Wort. «Was ist das für ein Ding, das ihr bei ihm gefunden habt? Na los, zeigt es ihm.»
    Henrika hielt die Luft an, als der kleinere Büttel einen flachen Gegenstand aus seinem schwarzen Wams zog.
    «Das Spiritus familiaris» , entfuhr es ihr, als der Mann das Lederband herumreichte. Tatsächlich war es das Band mit dem Engelsanhänger aus Wachs, das die alte Krämerin Henrika am Stadttor aufgeschwatzt und danach Barbara um den Hals gelegt hatte. Allem Anschein nach hatte das Kind vor dem Überfall keine Gelegenheit gehabt, sein Amulett zu einem niedrigeren Preis zu verkaufen. Oder hatte sie es ausgerechnet dem Mann gegeben, der anschließend versucht hatte, sie zu töten?
    Henrika fühlte, wie ihre Hände feucht wurden. Sie ahnte, was als Nächstes kommen würde, und tatsächlich irrte sie sich nicht. Mit einem prüfenden Blick wandte sich der breitschultrige Büttel an die Umstehenden. «Hat einer von euch diesen Engel schon mal gesehen?», fragte er streng. Im Gasthaus wurde es still. Einige der Leute zuckten mit den Schultern oder schüttelten die Köpfe. Henrika blickte auf ihre Schuhspitzen. Sie wollte die Hand nicht heben, denn sie fürchtete die Aufmerksamkeit, die sie zwangsläufig auf sich ziehen würde. Doch es ging hier um den Mann, der Barbara beinahe umgebracht hatte. Konnte sie es mit ihrem Gewissen vereinbaren, ihn womöglich davonkommen zu lassen, nur um Unannehmlichkeiten zu vermeiden?
    Noch während sie mit sich rang, hob sich ihre Hand wie von selbst. Sie hörte das leise Tuscheln der Männer neben sich und spürte Davids erstaunten Blick.
    «Ihr kennt dieses Amulett, Jungfer?» Der Büttel bedeutete den Leuten, die vor Henrika standen, zur Seite zu treten und ihr Platz zu machen, damit sie das sonderbare Ding genauer betrachten konnte. Doch das war überflüssig, für Henrika gab es nicht den geringsten Zweifel. Mit einem knappen Nicken beantwortete sie die Fragen des Stadtwächters und erklärte mit kaum vernehmbarer Stimme, wo und unter welchen Umständen der Anhänger in Barbaras Besitz gekommen war.
    «Ich habe dieses Teufelsding nie gesehen», stöhnte Barthels Knecht. «Der Mistkerl, der mir die Beule am Kopf verpasst hat, muss es mir in die Tasche gesteckt haben. Vielleicht …» Plötzlich hielt er inne und krümmte die Finger beider Hände, bis sie aussahen wie die Krallen eines Raubvogels. Dann neigte er den Kopf zur Seite und hob das Lid seines geschwollenen Auges an.
    Henrika trat zurück, aber es war nicht schwer zu erraten, dass der Mann sie erkannt hatte. Tatsächlich stieß er ein kreischendes Gelächter aus und deutete mit dem Finger in ihre Richtung.
    «Willst du gestehen?», rief der Büttel.
    Barthels Knecht setzte einen Fuß vor den anderen und hinkte auf Henrika zu. Erschrocken wich die Menge vor dem Geschundenen zurück.
    «Vielleicht hat der Teufel ja wirklich seine Hand im Spiel», stieß der Knecht hervor, wobei er seinen zitternden Finger drohend auf Henrika richtete. Er verzog schmerzlich das Gesicht und spuckte blutigen Schleim aus.
    «Der Satan hat euch betrogen, aber ich … ich kann ihm die Maske vom Gesicht reißen. Dann bleibt euch nichts mehr übrig, als mir zu glauben!» Er stürzte sich auf Henrika, seine blutüberströmten Hände suchten nach ihrer Kehle. Aber dies ließen die beiden Büttel nicht zu. Sie rissen den Mann zurück, und auch David war zur Stelle, doch der Mann entwand sich den Griffen seiner Bewacher und drang von neuem auf Henrika ein. Ein unerwartet kräftiger Stoß ließ sie taumeln. Entsetzen erfasste sie.
    «Sag ihnen, wer ich bin», raunte er ihr zu. «Sonst werde ich ihnen alles erzählen!» Trotz seiner Fesseln umklammerte er ihren Arm, bis seine Nägel ihre Haut zerkratzten. Mit den Kräften eines Wahnsinnigen wehrte er die Schläge der Büttel ab.
    Henrika kämpfte verzweifelt, um den Tobenden abzuschütteln, aber es gelang ihr nicht, denn der Angeschuldigte schlug und trat um sich wie ein Besessener.
    Endlich mischten sich

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