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Die Meisterin der schwarzen Kunst

Die Meisterin der schwarzen Kunst

Titel: Die Meisterin der schwarzen Kunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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forderte sie auf, ihm zu folgen.

    Sie mussten nicht weit laufen. Über einige Seitenstraßen und einen Hinterhof wurden Henrika, David und de Bry zu einem hell erleuchteten Wirtshaus geführt, dessen kunstvoll geschmiedetes Schild den vielversprechenden Namen «Zum goldenen Krug» trug. Die Schankstube befand sich trotz vorgerückter Stunde voller Menschen, die lautstark durcheinanderredeten. Zwei kräftige Stadtbüttel legten einem Mann, der mit gesenktem Kopf auf den Holzdielen kniete, die Fesseln an. Er schrie und fluchte so unflätig, dass die Wirtin ihre junge Schankmagd, die eingeschüchtert in einem Winkel kauerte, augenblicklich hinausschickte.
    «Na, habe ich zu viel versprochen?» Einer der Büttel packte den Gefangenen, der sich selbst mit gefesselten Händen erstaunlich heftig zur Wehr setzte, an den Haaren und riss seinen Kopf brutal zurück. Der Mann fluchte noch immer. Seine Lippe war geschwollen, Speichel tropfte auf den zerrissenen Kragen seines Hemdes.
    Henrika stellte sich auf die Zehenspitzen, um etwas zu erkennen, was in dem Gedränge gar nicht einfach war. Der Geruch von Knoblauch, ungewaschenen Leibern und schalem Bier verursachte ihr ein flaues Gefühl im Magen. Doch als es ihr endlich gelang, einen Blick auf den Gefangenen zu werfen, der von den beiden Stadtwächtern nun unsanft gegen den Schanktisch geschoben wurde, lief ihr ein Schauder über den Rücken. Sie kannte den hageren Mann, sie hatte mit ihm sogar unter einem Dach gelebt. Er war einer der beiden Stallknechte, die für Barthel gearbeitet und sie des Mordes verdächtigt hatten. Unwillkürlich wanderten ihre Gedanken zurück zu jener Nacht, in der er sie beschuldigt hatte, den Festungsbaumeister ermordet zu haben. Aber was um alles in der Welt mochte ihn nach Frankfurt verschlagen haben? Und warum sollte er sich an der kleinen Barbara vergriffen haben? Das alles ergab keinen Sinn. Es sei denn, jemand hatte den Diener auf sie angesetzt.
    Einer der Büttel, ein breitschultriger Mann mit vernarbtem Gesicht, versetzte Barthels ehemaligem Stallknecht einen heftigen Schlag. Ein erstickter Schrei drang durch die Schankstube, aber keiner der Anwesenden gebot dem Stadtwächter Einhalt. Jeder von ihnen wollte hören, wie der Missetäter sein Verbrechen gestand, denn hockte er erst einmal im Kerker, so würde viel Zeit ins Land gehen, bis er das Schafott erklimmen musste. Die Richter handelten Mordtaten für gewöhnlich erst ab, wenn die Messe beendet und das fremde Volk wieder die Stadt verlassen hatte.
    «Nun, was ist?», knurrte der zweite Büttel mürrisch. «Warum ist deine Kleidung tropfnass und zerrissen? Wie kommen die Schrammen an deine Hände? Fehlt nur noch, dass du Herumtreiber behauptest, freiwillig ein Bad im Fluss genommen zu haben.» Er lachte freudlos.
    «Gesteh gefälligst, dass du das Mädchen unten an der Heinrichskapelle ins Wasser geworfen hast, sonst werden wir dir sämtliche Knochen im Leib brechen.» Ein weiterer Hieb traf den Gefangenen mitten ins Gesicht. Blut schoss dem Hageren aus Mund und Nase, und er schrie auf, als sein Nasenbein barst. Eine Weile wimmerte er vor sich hin. Erst als der Stadtwächter Anstalten machte, mit seinem Stiefel auf ihn einzutreten, schrie er wiederum vor Angst und Schmerzen auf.
    «Du vergeudest unsere Zeit.» Die Stimme des Büttels klang drohend. «Siehst du all die ehrbaren Bürger Frankfurts, die sich hier versammelt haben? Dazu kommen die Herren, die unsere Stadt wegen der Messe in der Buchgasse besuchen. Sie haben ebenso wie ihre Frauen, Kinder und das Gesinde am Stadttor ihren Wegzoll bezahlt. Das bedeutet, dass es unsere Pflicht ist, sie vor Mordbuben wie dir zu beschützen. Der Vater des Kindes, das du überfallen hast, ist nicht hier, aber bei Gott, ich schwöre dir, dass ich ihm dein Geständnis bis zum Morgengrauen überbracht haben werde. Ebenso den Stadtrichtern und Schöffen. Also rede schon: Warum hast du der Tochter des Straßburgers nachgestellt? Wolltest du sie bespringen oder einfach nur bestehlen? Hat sie sich gewehrt? Entweder du spuckst es aus, oder deine Zähne werden einzeln über den Dielenboden rollen, bevor du aufs Rad geflochten wirst, das verspreche ich dir!»
    Der Knecht kämpfte sich mühsam auf, bis er auf dem Boden sitzen konnte. Dies wurde ihm nicht verweigert, obwohl der Wirt über die Blutflecken auf seinen blank gescheuerten Dielenbrettern jammerte.
    «Irgendein Mistkerl hat mir von hinten einen Knüppel über den Schädel gezogen, als ich mich auf

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