Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Meisterin der schwarzen Kunst

Die Meisterin der schwarzen Kunst

Titel: Die Meisterin der schwarzen Kunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
Vom Netzwerk:
schwindenden Lichts erkannte er in dem Mann mit dem wippenden Federhut auf Anhieb den letzten Kurierreiter.
    Laurenz trat auf die Straße. Als der Reiter ihn sah, zügelte er sogleich sein Pferd, griff aber vorsorglich nach der Pistole in seinem Gürtel. Er richtete die Waffe auf Laurenz, der seinen Hut abnahm und sich zu erkennen gab.
    «Laurenz?» Verwundert musterte der junge Kurierreiter den Mann, der ihm so unvermittelt den Weg versperrte. Es lag auf der Hand, dass ihn das Auftauchen des Druckers misstrauisch stimmte, dennoch schwang er sich aus dem Sattel. Die Pistole steckte er im Gehen zurück an ihren Platz.
    «Was treibst du denn hier noch so spät?», fragte er, während er Laurenz die Hand reichte. Er blickte sich fragend um, aber außer Laurenz war weit und breit niemand zu sehen. Die Felder lagen einsam und verlassen in der Abenddämmerung.
    «Meister Carolus hat mich und meinen Bruder David gebeten, dir das letzte Stück entgegenzureiten», erklärte Laurenz und wunderte sich, wie leicht ihm die Lüge über die Lippen kam. «Das Raubgesindel, das in der verfallenen Burg am Wartstein haust, soll seit einigen Tagen wieder die Straßen und einsame Gehöfte unsicher machen.»
    Der Kurier schüttelte ungläubig den Kopf. «Und deshalb schickt Euch der Meister? Ihr konntet doch gar nicht wissen, wann ich eintreffen würde. Außerdem bin ich in der Lage, mich meiner Haut zu wehren, während du unbewaffnet bist.» Er runzelte die Stirn. «Wo steckt dein Bruder?»
    Laurenz musste sich beherrschen. Diesem Prahlhans würde die Angeberei schon bald vergehen. «David hat ein merkwürdiges Geräusch gehört. Dort drüben, wo der Pfad in den Wald hinaufführt. Hörte sich an wie der Schrei eines Mädchens. Ehe ich ihn aufhalten konnte, rief er mir zu, ich solle hier auf ihn warten und die Straße nicht aus den Augen lassen. Dann verschwand er im Unterholz, der verflixte Bengel. Kurz darauf hörte ich schon dein Pferd und sprang zur Straße, um dich aufzuhalten.»
    Der junge Mann überlegte kurz, dann lief er zurück zu seinem Pferd und kehrte wenige Augenblicke später mit einer kleinen Handlaterne zurück, deren Docht in Öl getränkt war. Während Laurenz das Tier an den Straßenrand führte, entzündete er die Lampe und stapfte auf den Trampelpfad zu, der zwischen den Bäumen noch gut zu erkennen war.
    «Nun komm schon», forderte er Laurenz auf. «Vielleicht braucht dein Bruder Hilfe. Du willst ihn doch nicht hier zurücklassen, oder? Und ich möchte rasch nach Hause. Nehme an, dass die anderen längst in Straßburg eingetroffen sind.»
    «Keine Sorge», antwortete Laurenz leise. «Du bist zwar der Letzte von euch fünfen, aber der Meister wird froh sein, wenn er dich heil in seiner Werkstatt antrifft.» Mit einem knappen Blick vergewisserte er sich, dass tatsächlich niemand in der Nähe war, dann setzte er sich in Bewegung.
    Schweigend folgten die beiden Männer dem Pfad, bis sie die Baumgruppe erreichten, hinter der Laurenz sein Pferd zurückgelassen hatte. Schemenhaft war etwas hinter den Zweigen zu erkennen. Der Kurier hielt die Laterne hoch über seinen Kopf, machte einen Schritt auf das Pferd zu und erschrak, als unter seinem Fuß ein Stück morsches Holz zerbarst. Die Gefahr, die sich hinter ihm zusammenbraute, nahm er nicht einmal wahr. Eine knisternde Spannung legte sich über den Pfad.
    «Ich verstehe nicht, warum dein Bruder ganz allein so tief in den Wald gelaufen sein soll», sagte der Kurier. Es klang verärgert.
    «David ist in der Stadt geblieben. Er war nie hier draußen.»
    Der Kurier stieß einen Fluch aus. «Was hat dieser dumme Scherz zu bedeuten? Ich bin ohnehin spät dran, und nun hältst du mich auch noch auf. Darf ich fragen, warum?»
    «Aber natürlich.» Laurenz setzte ein einnehmendes Lächeln auf. «Ich muss dich bitten, einstweilen nicht nach Straßburg zurückzukehren. Ich gebe dir zehn Gulden auf die Hand, das ist mehr, als ein Geselle im Monat verdient. Dafür wirst du mir deine Beglaubigungsschreiben und sämtliche Nachrichten übergeben, die du in Antwerpen abgeholt hast.»
    Der Kurier lachte bitter auf. Noch immer glaubte er an einen dummen Scherz. «Und was willst du mit den Nachrichten anfangen? Willst du sie verkaufen, ehe dein Meister sie zu Gesicht bekommt?»
    «Ich möchte nur einem Ratsherrn zu Diensten sein, der verhindern möchte, dass die Zeitung mit Jeremias Zorns heimlicher Unterstützung weiterhin gedruckt wird. Die Spatzen pfeifen doch schon von den Dächern,

Weitere Kostenlose Bücher