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Die Meisterin der schwarzen Kunst

Die Meisterin der schwarzen Kunst

Titel: Die Meisterin der schwarzen Kunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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verliehen dem Zimmer eine behagliche Note.
    Der Hausherr trug einen langen Hausmantel aus braunem Samt, der ihm bis zu den Füßen reichte. Sein gestutzter Bart schimmerte im Schein der Kerzen rötlich. Ihm zu Füßen lag ein Jagdhund auf einer farbenprächtigen Decke aus Brokat, der verschlafen den Kopf hob, als Henrika sich näherte.
    «Einen gesegneten Abend, Jungfer Henrika», begrüßte Zorn seinen Gast. Er schien keineswegs überrascht, sie zu dieser späten Stunde in seinem Haus zu sehen.
    «Wie freundlich von Euch, meiner Einladung so rasch Folge zu leisten.» Während er Henrika neugierig musterte, gab er seinem Diener einen Wink, ihr aufzuwarten. Im nächsten Augenblick schleppte der alte Mann einen bequemen Polsterstuhl herbei und stellte einen Becher und einen Teller mit dick geschnittenen Scheiben Rosinenbrot auf ein kunstvoll gearbeitetes Tischchen. Zu Wein und Brot gab es süßes Pflaumenmus aus einem silbernen Behältnis.
    «Greift nur zu, Jungfer», sagte Zorn aufmunternd. Er nahm sich selbst eine Scheibe Brot und biss genüsslich hinein. «Die Pflaumen stammen aus meinem Obstgarten am Fluss und schmecken köstlich.»
    «Ich wollte Euch nicht stören, aber ich muss Euch in einer Angelegenheit sprechen, die keinen Aufschub duldet», sagte Henrika. «Es geht um die Relation. » Ihr Blick fiel auf das Töpfchen mit Mus. Es duftete in der Tat verführerisch, aber sie war nicht zum Essen gekommen und wusste auch nicht, ob sie auch nur einen Bissen hinunterbekommen würde. Vom nahen Rathaus erklang die Glocke des Nachtwächters, der seinen Rundgang auf dem Platz vor dem Münster begann. Im nächsten Moment drang auch schon die tiefe Stimme des Mannes durch die Nacht. Fensterläden wurden kraftvoll zugeschlagen, Riegel vorgelegt. Der Ratsherr schloss das Fenster und zog die Vorhänge zu, ohne auf seinen Diener zu warten. Dann setzte er sich wieder.
    «So, nun sind wir ungestört. Ich hoffe, Ihr bangt nicht um Euren guten Ruf, weil ich meinen Diener weggeschickt habe und Ihr nun allein mit mir seid. Aber so redet es sich nun mal ungestörter.»
    Henrika zuckte die Achseln.
    «Ihr seid also Meister Carolus’ Schützling, die geschickte Nachrichtenschreiberin.» Der Ratsherr wurde ernst. «Zurzeit redet man viel über die Straßburger Druckerzunft. Ein paar böse Zungen behaupten, bei euch gehe es nicht mit rechten Dingen zu. Sie verlangen, Meister Carolus das Privileg für sein vermeintliches Teufelsblatt wieder zu entziehen und die Kurierreiter schleunigst zurückzurufen. Nachdem die ersten Boten unversehrt zurückgekehrt sind, hat sich die Aufregung zwar gelegt, aber ich fürchte, es genügt ein Funke, um die Stimmung wieder kippen zu lassen. Vergesst nicht, dass von dem jungen Burschen, der nach Antwerpen gesandt wurde, noch immer jede Spur fehlt. Sein Vater und sein Bruder wurden heute bereits bei mir vorstellig.»
    «Ich gehöre nicht zu den Druckern», entgegnete Henrika.
    «Umso schlimmer, Jungfer, umso schlimmer. Da weder Zunft noch Gilde für Euch bürgt, seid Ihr dem Gerede auf den Gassen schutzlos ausgeliefert.»
    «Meister Carolus hat doch für mich gebürgt. Er kennt mich und weiß, dass ich nur das Beste für die Relation im Sinn habe.»
    Der Ratsherr verkniff sich ein Lachen. «Carolus ist ein gutmütiger Mann, der einem schönen Traum nachhängt. Ich bewundere ihn, denn Männer wie er haben Straßburg in der Vergangenheit zu Ruhm und Einfluss im Reich verholfen. Wir profitieren noch heute von ihrem Geschick, ja, wenn Ihr so wollt, auch von ihren Träumen. Denkt an Meister Gensfleisch, der vielerorts auch Gutenberg genannt wird. Er stammte zwar aus Mainz, aber den Druck mit beweglichen Lettern erfand er hier in unserer Stadt. Hat Carolus Euch einmal gezeigt, wo Gutenbergs Druckerpresse stand? Nein? Leider war der Mann im Umgang mit seinen Lettern gewitzter als im Umgang mit Zahlen. Er verschuldete sich hoffnungslos, sodass seine Werkstatt schließlich in den Besitz eines Gläubigers überging. Ich hoffe nur, dass der Straßburger Relation dieses Schicksal erspart bleibt.»
    Henrika nickte. Lene Carolus hatte ihr schon gesagt, dass dem Ratsherrn das Wohl seiner Stadt sehr am Herzen lag.
    «Ich weiß, dass Ihr über Meister Carolus und seine Arbeiter im Bilde sein müsst», sagte sie. «Insbesondere, nachdem Euer ehrenwerter Verwandter, Ratsherr Waldemar Zorn, unserer Gazette keine große Überlebenschance einräumt.»
    «Dann seid Ihr wohl zu mir gekommen, um zu erklären, warum in den Büchern

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