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Die Meisterin der schwarzen Kunst

Die Meisterin der schwarzen Kunst

Titel: Die Meisterin der schwarzen Kunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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dieses Mädchen, und warum habt ihr es so zugerichtet?»
    «Eine Diebin, gnädiger Herr», erwiderte Bunter. «Eine dreiste Einbrecherin, die wir dabei ertappten, wie sie ins Zollhaus eingestiegen ist. Meine Freunde und ich konnten sie überwältigen.»
    «Was du nicht sagst.» Ohne Bunter aus den Augen zu lassen, trat der Edelmann an das Netz heran und betrachtete Henrika durch die Maschen.
    «Ist es wahr, was dieser Mann behauptet?» Der Fremde blickte Henrika auffordernd an. Seine Stimme klang streng. Mit den Beamten der höfischen Kanzlei, so viel wusste Henrika, war nicht zu spaßen.
    «Ich werde dich später zu diesem Einbruch befragen, nicht jetzt und auch nicht im Beisein dieser Männer.»
    «Wir wollten doch nur eine Diebin überführen», beeilte sich der Flickschuster zu versichern. «Diese Frau ist im Dorf als Unruhestifterin bekannt. Ihre Mutter war ein Hurenstück. Sie wurde in Heidelberg verurteilt und gebrandmarkt.»
    «Bist du taub, Mann», knurrte der Fremde wütend. «Ich habe doch eben gesagt, dass ich den Fall untersuchen werde. Sollte das Mädchen schuldig sein, wird es bestraft.» Er deutete mit dem Knauf seines Säbels zur Tür, vor der Bunters Freund kauerte. Sein Auge war geschwollen, auf der Wange klebte Blut. Unter verhaltenem Wehklagen machte sich der Mann davon. Seine Freunde folgten ihm. Keiner hatte Lust, sich noch länger in der Gegenwart des Hofbeamten aufzuhalten, der offensichtlich nicht nur die Schreibfeder, sondern auch den Säbel zu führen verstand.
    «Na, dann wollen wir dich mal aus dieser misslichen Lage befreien», sagte der Mann, nachdem Bunter und seine Kameraden verschwunden waren. Mit der scharfen Schneide seines Säbels zerteilte er die Maschen, als bestünden sie nur aus welkem Gras. Galant fing er Henrika auf und half ihr auf die Füße.
    Noch während Henrika sich bedankte, fragte sie sich, ob sie etwas zu ihrer Verteidigung vorbringen sollte. Bunter hatte sie als Einbrecherin bezeichnet, und für den kurfürstlichen Hofbeamten war sie nur ein Dorfmädchen mit zerrissenem Kleid und staubigen Haaren, das sich widerrechtlich in dem Gebäude aufhielt.
    «Vielleicht möchtest du wissen, wem du deine Rettung zu verdanken hast?» Die Stimme des Fremden nahm einen spöttischen Unterton an, der gut zu dem fröhlichen Aufblitzen seiner Augen passte. «Mein Name ist Barthel Janson, und tatsächlich führt mich ein Auftrag des Kurfürsten hierher ins Dorf. Allerdings …»
    Henrika hob irritiert die Augenbrauen. «Allerdings?»
    «Allerdings gehen mich weder Zölle noch Abgaben der Dorfbevölkerung etwas an. Ich bin weder Büttel noch Amtmann, sondern ein einfacher Festungsbaumeister. Mein Auftrag lautet, in dieser Gegend die Beschaffenheit des Bodens zu untersuchen und Messungen unten am Flussufer vorzunehmen.»
    Henrika hatte keine Ahnung, wovon der Beauftragte des Kurfürsten sprach. Aber wenn er nicht zu den Bütteln des Kurfürsten gehörte, hatte er vermutlich auch kein Interesse daran, sie wegen des vermeintlichen Einbruchs zu belangen. Hoffnungsvoll atmete sie auf, während sie sich die wund gescheuerten Gelenke rieb.
    «Der Schuster hat mich in eine Falle gelockt», erklärte sie schließlich. «Ich glaubte wirklich, er und seine Freunde würden so weit gehen, mich …»
    «Dich zu brandmarken?» Barthel Janson schnaubte. «Reizende Leute gibt es hier, das muss ich schon sagen. Dann kam ich also gerade rechtzeitig. Ich habe beobachtet, wie einer dieser Burschen einen langen Eiszapfen vom Fenster brach. Das hat mich zugegebenermaßen stutzig gemacht.»
    «Dann habt Ihr also seelenruhig mit angesehen, wie ich in diesem verflixten Netz zappelte und vor Angst halb wahnsinnig wurde? Und Ihr habt nicht eingegriffen?»
    «Habe ich den Mistkerl, der Wache schob, außer Gefecht gesetzt oder nicht?» Barthel Janson seufzte und machte eine entschuldigende Geste. Dann bot er ihr an, sie nach Hause zu begleiten. Aber davon wollte Henrika nichts hören. Dankend lehnte sie ab und verließ die Scheune. Eilig schlug sie den mit Büschen und Sträuchern dicht bewachsenen Pfad ein, der gleich hinter dem Kirchhof begann und dann am Rheinufer weiterverlief. Sie war nur wenige Schritte weit gekommen, als sie bemerkte, dass der Fremde ihr folgte. Mit einer Laterne beleuchtete er den Weg, um nicht auszurutschen.
    Brüsk blieb Henrika stehen. «Warum verfolgt Ihr mich?»
    «Du sprachst eben von deiner Mutter.»
    «Na und?»
    «Der fette Kerl, dieser Schuster, hat behauptet, deine Mutter sei

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